Der Unterschied zwischen Etwas und Jemand
Menschen sind keine Maschinen. Eigentlich eine Binsenweisheit und trotzdem wird darauf im Unternehmensalltag zu wenig Rücksicht genommen. Wer kreative, engagierte Mitarbeiter will, muss zwischen »Etwas« und »Jemand« unterscheiden.

Gerhard Zapke-Schauer

        


 
n der Führung von Unternehmen muss man den Unterschied zwischen »Etwas« und »Jemand« sehr genau kennen, um diesem »Jemand« geeignet zu begegnen. Es ist ein ganz persönlicher Akt, der Akt einer Anerkennung des anderen, der sich nicht automatisch einstellt. Die Anerkennung bezieht sich auf das Element des »Selbstseins«, also darauf, dass der andere zunächst einmal für sich selbst existiert und nicht Funktion für andere ist.

Mit-Arbeiten
Dies ist für diejenigen schwer einzusehen, die Team als »einer für alle, alle für einen« und Arbeitsverträge als »Verkauf der eigenen Freiheit und Bedürfnisse an das Unternehmen gegen Lohn« verstehen. Mitarbeiter wollen mitarbeiten, nicht für jemanden arbeiten. Mitarbeiter wollen am Unternehmenserfolg ursächlich beteiligt sein, nicht für diesen benutzt werden.

Den Unterschied bekommt man nicht durch »andere Prozesse« in den Griff, sondern durch Positionierungen und Rollenverständnisse. Eine wichtige Positionierung ist dabei die, dass Menschen zusammenkommen um etwas Gemeinsames zu gestalten. Sie kommen nicht zusammen, indem einer gestaltet und die anderen dazu verwendet. Jede Führungskraft kann sich selbst prüfen, ob sie diesen Gedanken tatsächlich »fühlt«, wenn sie an die eigenen Direkt-Reports oder die Mitarbeiter im Ganzen denkt.

Ein wichtiges Hilfsmittel ist die Positionierung des Mitarbeiterteams »außerhalb« des Unternehmens. Das Unternehmen ist unser Ergebnis, unsere Statue, an der wir meißeln, unser Bild, an dem wir malen, die Musik, die wir komponieren. Wir selbst sind nicht die Statuen, die Bilder, die Musik, wir sind die Kreativen, die das alles schaffen. Je mehr Mitarbeiter Teil des Unternehmens, also des »Geschaffenen« und nicht Teil der »Schaffenden« sind, desto höher steigt das Risiko, Mitarbeiter als Unternehmensressource zu verwenden.

Das Problem des Begriffs Humanressource
Die kategoriale Gleichstellung der Humanressource mit den Produktions-, Kapital- und Marktressourcen hat in dieser Hinsicht viele Nachteile gebracht und damit Unternehmensgewinne vernichtet. Es wäre wohl besser, bei Mitarbeitern auf den Begriff Ressource zu verzichten. Maschinen, Rechenzentren und Gebäude sind unabhängig von den Erlebnissen des Erfolges, des Ursacheseins, deshalb weinen sie nicht, wenn es dem Unternehmen schlecht geht und freuen sich nicht, wenn Prosperität eintritt.

Aus dem gleichen Grunde übernehmen sie keine Ownership und müssen auch nicht geführt werden. Sie werden einfach nur verwendet. Jede Führungskraft, die Mitarbeiter verwendet, degradiert diese auf die Kategorie solcher Unternehmensressourcen. In der Folge bezahlt er Lohn für »Etwas«. Dieser Lohn ist zu teuer für die Befähigung solcher »Etwas-Ressourcen«. Es hat schon Gründe, weshalb wir Maschinen und Fuhrparks nicht »entlohnen«, denn wir erwarten von diesen Ressourcen lediglich plangemäße Ausführung unserer eigenen Ideen.

Wer Mitarbeiter als »Seinesgleichen« sieht, sie also als Person anerkennt, der gesteht diesen eigene Ideen zu. Der versteht, dass sie beteiligt sein und nicht einer Verwendung zugeführt werden wollen. Beteiligung beruht auf eigener Aktion, nämlich auf Ownership. Die Unternehmensziele dürfen nicht Ziele der Führungskräfte bleiben, sondern müssen Ziele jedes einzelnen Mitarbeiters sein. Wer Profit für Shareholder will, der besinnt sich lieber darauf, dass dies nur durch Customer-Value und kostengünstige Verfahren möglich ist. Denn diese beiden Elemente lassen sich schnell in Ziele gießen, die Mitarbeiter zu eigenen Zielen machen.

Man ist gerne dabei, wenn es darum geht, im Markt den besten Kundennutzen zu stiften, die Anerkennung der Kunden über Marktanteile zu genießen. Man ist gerne dabei, wenn es darum geht, «besser zu sein» als der Wettbewerb und damit kostengünstigere intelligente Verfahren zur Erstellung des Kundennutzens zu entwickeln. Mitarbeiter sind von sich aus gerne sportlich.

Shareholder Value
Dass Shareholder den daraus entstehenden Profit genießen, stört genauso wenig wie die Tatsache, dass der Wirt reich wird, wenn man ein exzellentes Restaurant besucht. Das Ziel des Besuches war nie, den Wirt reich zu machen, sondern sein Ambiente, seine Kochkunst und die Gesellschaft anderer zu erleben.

Es ist gänzlich unverständlich, weshalb so viele Führungskräfte Folienschlachten mit Profitzielen und Umsatzzielen veranstalten, also erklären, wie reich der Wirt gemacht wird, statt sich auf die wahren Unternehmenszusammenhänge zu besinnen und diese zur Zielsetzung für Mitarbeiter zu machen.
Umsatz, Kosten und Profit sind und bleiben Messlatten für die Erreichung von Zielen wie Kundennutzen und Professionalität in der Erstellung dieses Nutzens.

Ownership
Ownership ist das Erleben, kompetent zu sein. Ownership ist das Erleben, den Unternehmenserfolg beim Kunden ursächlich mitgestaltet zu haben. Ownership ist der Wille, zu den Besten gehören zu wollen. Führungsprozesse können dies verhindern oder freisetzen, je nachdem, ob der Anwender des Führungsprozesses seine Geführten »gebraucht« oder »einbindet«.

Qualität, die aus einem Unternehmen kommt, die Nutzen beim Kunden stiftet, ist ein Akt der im Unternehmen tätigen Mitarbeiter, nicht ein Akt der Führungskräfte. Ob Mitarbeiter diese Akte tatsächlich vollziehen, ist allerdings ein Ergebnis der Akte von Führungskräften. Je besser Mitarbeiter und Führungskräfte einander begegnen, desto mehr kann man es an der bottom line ablesen. Profit ist ein Effekt, der nur eintritt, wenn andere Zusammenhänge im Unternehmen richtig ablaufen.  

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