Spitzengehälter der Manager: unmoralisch und unanständig?
Die Debatte über die Millionengehälter der deutschen Manager wird noch weiter befeuert durch Vorwürfe seitens der Politik. Maßlos und gierig seien die deutschen Unternehmenslenker und gefährden dadurch den sozialen Frieden im Land. Um wieder Bodenhaftung zu gewinnen, rufen Politiker nach einer Beschränkung der Managergehälter. Ist dies ein geeigneter Ansatz?

Ulf D. Posé

        


 
ie Warnungen, dass Manager Abzocker sind, raffgierig und egoistisch, mit Bedienermentalität ausgestattet, wenn es um ihre Gehälter geht, nehmen zu. Selbst der Bundespräsident Horst Köhler und auch unsere Bundeskanzlerin warnen davor, mit übertriebenen Gehaltsforderungen den sozialen Frieden im Land zu gefährden. Die auseinanderklaffende Einkommensentwicklung in Deutschland und eine zunehmende »Entfremdung zwischen Unternehmen und Gesellschaft«, die unserem Bundespräsidenten Sorge bereiten, sind Sorgen, die sehr viele Menschen teilen. Diese Sorgen werden sich nur nicht darüber lösen lassen, dass Manager bei der Höhe ihrer Gehälter sich daran messen lassen, ob bestimmte Bevölkerungsgruppen damit einverstanden sind oder nicht.

Schon der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder kritisierte einige Hundert Spitzenverdiener als unmoralisch und anstandslos. Und selbst der amerikanische Großinvestor Warren Buffet sprach schon vor zwei Jahren von einer »Epidemie der Gier«.

All dies suggeriert, dass die Gehaltsforderungen von Managern übertrieben sein müssen. Haben unsere Manager also bei ihren Einkommensvorstellungen die Bodenhaftung verloren und muss die Politik die Höhe begrenzen, wie es Innenminister Wolfgang Schäuble fordert?

Nicht die Höhe, sondern die Ursache ist entscheidend
Die öffentliche Diskussion zeigt, dass wir anscheinend keinerlei Verhältnis zur gerechten Entlohnung der Arbeit haben. Die Aufregung betrifft die Höhe der Entlohnungen der Spitzenmanager. Dabei ist erst dann Kritik angebracht, wenn es um die Ursache der Entlohnung geht, die Höhe ist nicht entscheidend.

Die gerechte Bezahlung der Arbeit hängt zunächst von der Wertschöpfung ab, die nicht immer leicht zu ermitteln ist. Jeder Mitarbeiter sollte seinem Beitrag zur Wertschöpfung entsprechend beteiligt werden. Das betrifft den Arbeiter und Angestellten genauso wie die Vorstände.

Wir haben momentan die etwas schwierige Situation, dass bei der Entlohnung von Spitzenmanagern die Wertsteigerung eine Rolle spielt. Diese ist tunlichst von der Wertschöpfung zu unterscheiden. So kann die Wertsteigerung dazu dienen, den Aktienkurs in die Höhe zu treiben und den Bilanzgewinn zu vergrößern - und damit ein Unternehmen auf Dauer ruinieren. Eine Beteiligung des Spitzenmanagers an der Wertsteigerung im Sinne einer Prämie erscheint somit unethisch, da hier eindeutig die Interessen des Kapitaleigners mit den Interessen des Unternehmens heftig kollidieren.

Sind Vorstände dazu angetreten, den Unternehmenswert zu steigern oder den Kapitalertrag? Im Sinne eines gut verstandenen Managements sollten die Vorstände antreten, den Unternehmenswert zu steigern, und der lässt sich nun einmal nur durch Wertschöpfungsbeiträge optimieren. Vor diesem Hintergrund wäre eine Entlohnung der Spitzenmanager in der kritisierten Höhe dann unmoralisch und auch unethisch, wenn die Wertsteigerung und nicht die Wertschöpfung Grundlage der Entlohnung ist.

Um es auf den Punkt zu bringen: Man sollte einmal den tatsächlichen Betrag der Manager zur Wertschöpfung feststellen. Es kann sein, dass der Marktwert der Vorstände die Entlohnung rechtfertigt, da die Nachfrage größer ist als das Angebot. Entscheidend neben dem Marktwert ist jedoch der Beitrag zur innerbetrieblichen Wertschöpfung. Wenn jedoch ein Manager sich nicht als Dienstleister seiner Mitarbeiter versteht, ist sein Beitrag zur innerbetrieblichen Wertschöpfung nicht zu ermitteln.

Einkommensunterschiede haben sich moderat entwickelt
Es ist statistisch sauber dokumentiert, dass sich nur die Bezüge der Spitzenmanager der Top-100-Unternehmen (mehr als 5 Milliarden Euro Jahresumsatz) in den letzten 30 Jahren um mehr als 800 Prozent verbessert haben. In allen anderen Unternehmen haben sich die Bezüge von Vorständen, leitenden Angestellten, Angestellten und Arbeitern ähnlich moderat entwickelt zwischen 230 und 300 Prozent Steigerungen in den letzten 30 Jahren.

Es ist also falsch zu behaupten, alle Spitzenmanager hätten eine Habgier entwickelt, die nicht mehr sozial verträglich sei. Wenn ein Spitzenmanager etwa dreimal soviel verdient wie vor dreißig Jahren, dann gilt dies auch für den Arbeiter.

Es kann sein, dass Spitzenmanager eine zu hohe, unangemessene Beteiligung erfahren haben und Arbeiter eine zu geringe. Wenn dies zutrifft, dann betrifft dies allenfalls rund tausend Manager in der Bundesrepublik. Diese emotionale soziale Schieflage ist jedoch nicht zu lösen über eine Begrenzung der Bezüge der Manager, sondern nur durch zwei Verfahren:
Erstens muss der Wertschöpfungsbeitrag von Managern und Mitarbeitern ohne Führungsfunktion ermittelt werden. Danach müssen beide Mitarbeitergruppen entsprechend diesem Beitrag entlohnt werden. Zum zweiten ist zu fordern, dass die Aufsichtsräte ihre Funktion noch weitaus ernster nehmen als bisher. Hier ist der entscheidende Ansatz für eine angemessene Entlohnung von Spitzenmanagern zu suchen, nicht durch populistische Vorschläge seitens der Politik.

Jeder soll verdienen, soviel ihm zusteht
Ein Unternehmen sollte die Gewinne an diejenigen verteilen, die diese Gewinne möglich gemacht haben. Dazu gehören alle Mitarbeiter. So kann ein Spitzenmanager durchaus Millionen verdienen, wenn denn seine Wertschöpfungsbeiträge dazu ausreichen. Wird jedoch nur eine Gruppe von Mitarbeitern an dieser Wertschöpfung außerordentlich beteiligt, dann ist dies in hohem Maße ungerecht.

In der öffentlichen Diskussion werden die vorgenannten Unterschiede nicht gemacht, sie sind jedoch für die moralische und ethische Bewertung erheblich.  

 

URL: http://www.perspektive-blau.de/artikel/0712b/0712b.htm