Gerhard Zapke-Schauer:
The Art of Leadership. Reflektionen und Inspirationen für wirkungsvolle Führung

ISBN: 3409125434
Erscheinungsjahr: 2004
Gabler
Unternehmensführung zur Kunstform erhoben
 

        


 
erhard Zapke-Schauer, der seit mehr als 15 Jahren hochrangige Führungskräfte zum Themenbereich Leadership berät, legt mit The Art of Leadership eine Sammlung seiner Briefe an Topmanager aus Europa und den USA vor, die zusammengefasst ein Erfolgsrezept für wirkungsvolle Führung ergeben. Darin stellt der Autor eine Vielzahl von Thesen auf, die beschreiben, wie sich Führungskräfte in dem Spannungsverhältnis aus Chef – Mitarbeiter – Kunden positionieren.

Das Buch beginnt mit einer ausführlichen Diskussion des Begriffes »Leadership«. Was versteht man unter diesem Begriff, der nach Zapke-Schauer bestens untersucht, aber wenig verstanden wurde? Nach Ansicht des Autors beinhaltet Leadership vor allem das Aufstellen und Kommunizieren einer Vision.

Obwohl Visionen im Führungsalltag zweifelsfrei notwendig sind, wird in den Führungsebenen der Unternehmen häufig übersehen, dass Vision nicht gleich Vision ist. So muss zwischen Zukunftsvision und Konditionsvision unterschieden werden, weil erstere als Führungsinstrument wenig praktikabel erscheint, während letztere ein wertvolles und relativ einfach handhabbares Werkzeug für Führungskräfte ist.

Worin liegt nun der Unterschied? Die Zukunftsvision versucht, die Zukunft vorherzusagen, was leider kaum gelingt – man denke nur an den Wetterbericht. Die Konditionsvision hingegen nennt Bedingungen, welche, falls sie eintreten würden, die Inhalte der Vision wirklich werden lassen. Wie wichtig es ist, diesen Bedeutungsunterschied zu verstehen, illustriert der Autor am Beispiel von »Old Economy« und »New Economy«: Was die Alten und Jungen unterscheidet, entspricht oft dem Unterschied zwischen Zukunftsvision und Konditionsvision.

Zukunftsvisionen schaffen laut Zapke-Schauer Passivität, da sie vom Mitarbeiter nur zu oft in den Ordner »unrealistisches Gerede von Führungskräften« einsortiert werden. In Bewegung bringen könne man Mitarbeiter damit nicht.

Im Vergleich dazu schaffen Konditionsvisionen Hoffnung, da sie den Mitarbeitern Wege und Mittel zur Zielerreichung aufzeigen. Erscheint den Mitarbeitern realistisch, die Konditionen für den Eintritt des Ziels erfüllen zu können, werden sie sich in diese Richtung bewegen. Da Ziele jedoch grundsätzlich neutral sind, muss die Führungskraft den Mitarbeitern die Zielerreichung schmackhaft machen. Erst die Visionen, die um die Ziele herum gebaut werden, schaffen Attraktivität. Zur Illustration bemüht Zapke-Schauer eines der unzähligen, immer wieder das Buch auflockernden Beispiele aus der (Management-) Literatur: Wer Menschen zum Schiffsbau einlädt, sollte ihnen zuvor die Sehnsucht nach der Weite des Meeres beibringen, empfahl Antoine de Saint-Exupéry.

Dieses Beispiel illustriert möglicherweise so gut wie kein anderes, was im Mittelpunkt aller Beiträge des Buches steht: spricht man über Führung, spricht man immer auch über Menschen. Wirkungsvolle Führung kann nur dann entstehen, wenn die Führungskraft die Sehnsüchte, Motive und Antriebskräfte der Mitarbeiter versteht.

Im ersten Teil des Buches geht es außerdem um Eigenschaften von Managern und bekannte Führungspersönlichkeiten, die als Vorbilder dienen können. So schildert Zapke-Schauer, wie wichtig private Beziehungen von Führungskräften zur Erlangung bzw. Erhaltung der zur Bewältigung der Aufgaben notwendigen Balance sind. Damit Schnelligkeit nicht in Hektik ausartet, zeichnet eine gute Führungskraft Besonnenheit aus. Nur so kann auf die wesentlichen Aufgaben fokussiert werden, damit Mitarbeiter ein flinkes Unternehmen gestalten und nicht durch Hyperaktionismus gelähmt werden.

Des Weiteren müssen Führungskräfte gut darin sein, Mitarbeiter, Kollegen und Geschäftspartner von Entscheidungen zu überzeugen, sie müssen außerdem über die Fähigkeit zur Begeisterung verfügen, gut zuhören können und noch vieles mehr. Dass nach Ansicht von Zapke-Schauer Jack Welch über diese Qualitäten verfügt, lässt sich unschwer aus eigens 5 Kapiteln, die dem ehemaligen Chef von General Electric gewidmet sind, erkennen. Außerdem werden der Investor Warren Buffet, das Managementteam von Ciscoo sowie Walt Disney zur Untermauerung der Thesen vorgestellt.

Das Buch unterscheidet zwischen der Führung von Mitarbeitern und der Führung von Unternehmen und diskutiert die jeweils über Führungserfolg oder –misserfolg entscheidenden Konzepte. Welche Bedeutung kommt Identifikation, Kohärenz oder Rollenverständnissen im täglichen Führungsalltag zu? Welche Rolle spielen Konflikte in der Führung von Mitarbeitern? Und wie gelingt die Führung und Koordination von selbständigen Tochtergesellschaften? Wie bringt man Mitarbeiter dazu, kundenorientiert zu denken und handeln? Welche wirtschaftlichen Folgen hat der ethische Umgang mit Mitarbeitern und Kunden? Wie spielen Vision, Mission, Ziele und Prozesse zusammen?

The Art of Leadership richtet sich mit seiner Vielzahl von Betrachtungen über den Themenbereich Leadership an Führungskräfte aus allen Managementebenen, die sich die eine oder andere Inspiration holen möchten. Durch lebensnahe Beispiele ist das Buch nicht nur extrem kurzweilig zu lesen, sondern werden die aufgestellten Thesen auch einfach nachvollziehbar und die Schlussfolgerungen sofort in die Praxis umsetzbar.

Wer sich also Hintergrundwissen zu dem, was jeden Tag am Arbeitsplatz passiert, aneignen möchte, tut mit der Lektüre des Buches einen guten Griff. Auch Menschen ohne Führungsverantwortung bietet das Buch neue Denkanstöße und führt dazu, das Verhalten von Chefs auch einmal aus einer anderen Perspektive zu betrachten. So wird vielleicht vieles, was unverständlich war, etwas klarer.

Die einzelnen Kapitel des Buches sind jeweils abgeschlossen, sodass nicht das gesamte Buch von Buchdeckel bis Buchdeckel gelesen werden muss, sondern der Leser sich auch situationsbedingt die passenden Passagen zu Gemüte führen kann. Auch bietet The Art of Leadership viele Literaturangaben, die zum vertieften Lesen einladen.

Was sich wie ein roter Faden durch alle Kapitel zieht, ist die Erkenntnis, dass berufliche Zusammenarbeit nicht nur aus Geschäftsprozessen besteht, sondern dass zwischenmenschliche Beziehungen in Unternehmen eine bedeutende Rolle spielen und zum Gelingen wirkungsvoller Führung nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Unter anderem dieses Bewusstsein ist es, das das Buch von anderen Titeln zum Thema Führung unterscheidet und so ansprechend macht.  

 

URL: http://www.perspektive-blau.de/buch/0402b/0402b.htm