David Friedman:
Der ökonomische Code. Wie wirtschaftliches Denken unser Handeln bestimmt

ISBN: 3492231810
Erscheinungsjahr: 2004
Piper
Ökonomie für jede Lebenslage
 

        


 
avid Friedman, der Sohn des Wirtschaftsnobelpreisträgers Milton Friedman, und selbst Professor für Jura und Wirtschaftswissenschaften, ist für seine kurzweiligen Vorlesungen bekannt. In seinem Buch Der ökonomische Code wagt er einen weiteren unorthodoxen Versuch: unser tägliches Leben anhand ökonomischer Regeln zu erklären. Die Grundthese lautet: Das menschliche Verhalten richte sich nach einem ökonomischen Gleichgewicht; die Gesellschaft gestalte sich dermaßen, dass sich stets ein effizienter ökonomischer Zustand einstellt.

Friedman erklärt auf leicht nachvollziehbare und amüsante Weise, wie die verschiedensten Dinge des Lebens ökonomischen Regeln folgen. Dabei geht es hauptsächlich um wirtschaftliche Phänomene wie Preise, Steuern und Währungskurse, aber Friedman diskutiert auch Militärtaktik (basierend auf der Spieltheorie), organisierte Kriminalität, das Verhalten von Kindern oder Heirat.

Daher ist Friedmans Buch nicht nur für jene bestimmt, die sich der trockenen Wirtschaftstheorie in unterhaltsamer Weise annähern möchten, sondern auch für alle, die neugierig genug sind, das Leben vom Haushaltskrach um die Verteilung des Abwaschs bis zum Mechanismus hinter dem Wettrüsten besser verstehen zu wollen und für alle, die im Streit um Steuerreform und Globalisierung besser informiert sein wollen. Nicht nur Ökonomen, sondern alle, die an menschlichem Verhalten interessiert sind, werden interessante Erklärungen finden für die verschiedensten Phänomene, auf die wir täglich stoßen.

Dabei liegt Friedmans Erklärungsmustern immer die ökonomische Auffassung zugrunde, dass eine Handlung eine Wahl zwischen Alternativen darstellt, im Gegensatz zur nichtökonomischen Auffassung von der Handlung als Reaktion auf Umstände.

Das Buch beginnt mit einer Erklärung fundamentaler ökonomischer Prinzipien. Danach überschreitet Friedman die Grenzen der Ökonomie und begibt sich auf philosophisches Terrain. Ökonomie ist eine deskriptive Wissenschaft; jedoch zielt das öffentliche Interesse an wirtschaftlichen Angelegenheiten immer auch auf die Praxis: von der Wirtschaftswissenschaft werden Lösungsansätze für gegenwärtige Probleme gefordert. Sind Mindestlöhne gut oder schlecht? Wie soll die Regierung mit einer Rezession umgehen? Soll Einkommen an die Armen umverteilt werden?

Dies alles sind Wertfragen; dazu hat der Ökonom als solcher jedoch nichts zu sagen. Zwar kann die Ökonomie erklären, wie verschiedene wirtschaftliche Ziele erreicht werden können, und ob eine bestimmte Maßnahme die angestrebten Ergebnisse erzielen wird. Aber der Ökonom wird keine Aussage treffen können dazu, ob ein Zielzustand gut oder schlecht ist.

David Friedman will jedoch Fragen nach »gut« und »schlecht« nicht an die Philosophen abtreten. über dieses Dilemma hilft sich Friedman mit dem Konzept der Effizienz hinweg. Effizienz, meint er, ist das, was die meisten Menschen als »gut« bezeichnen würden. Leider bleibt er eine überzeugende Erklärung, warum dies tatsächlich so sein solle, schuldig.

Um Friedman richtig zu verstehen, sollte man möglicherweise stärker das spezifische Verständnis Friedmans von dem, was wir Ökonomie nennen, vor Augen haben. Wenn Friedman von Ökonomie spricht, meint er eben nicht ein Lehrfach an der Universität und auch nicht das Verständnis von Wirtschaft. Für ihn geht es um ein umfassendes Instrumentarium, das sich auf eine Vielfalt von Verhalten anwenden lässt.

Insbesondere die deutsche Fassung des Buches hat daher mit der Schwierigkeit zu kämpfen, die Friedman eigene Auffassung von »economics« richtig aufzufassen und ins Deutsche zu übertragen, wie auch der Übersetzer Sebastian Wohlfeil in einem Nachwort beschreibt. Nach seiner Ansicht liegen im Englischen Fachsprache und Umgangssprache nicht allzu weit von einander entfernt, wodurch man sich in der Originalausgabe auch ohne spezifische Vorkenntnisse leicht etwas unter den Fachausdrücken vorstellen kann, was im Deutschen nicht gilt. Das mag zwar stimmen, leider kommt die Übersetzung aber auch abseits von Fachausdrücken etwas holprig daher. Wer des Englischen mächtig ist, hat bestimmt mehr von der Lektüre der englischen Originalausgabe.

Es bleibt dem Leser, zu beurteilen, ob die rein ökonomische Sicht auf die Dinge immer wünschenswert ist. Besonders augenscheinlich wird dies bei Friedmans Anwendung der einschlägigen Theorien auf die »Ökonomie von Liebe und Ehe«.

Die Sinnhaftigkeit einer Ehe ergibt sich für Friedman vor allem aus der Transaktionskostentheorie: »Die Frau, die ich als einen absoluten Glücksfall ... erkannt habe, wurde nicht einmal von einem anderen umworben, mit dem Resultat, daß ich sie zu ganz vernünftigen Bedingungen geheiratet habe; ich mußte mich nicht einmal verpflichten, immer den Abwasch zu machen.«
Und zur Polygamie meint Friedman, dass diese allen Frauen nützt, weil sie – wegen gestiegener männlicher Nachfrage nach ihnen – bessere Heiratsbedingungen einfordern könnten.

Um die Komplexität, die in der Ökonomie steckt in den Griff zu bekommen, geht Friedman in Der ökonomische Code so vor, eine äußerst einfach gestrickte Volkswirtschaft zu entwerfen, anhand derer dem Leser das gesamte System von Wechselbeziehungen erklärt wird. Nach und nach wird das Bild aufgefüllt und eine komplexere, der Realität besser entsprechende Welt gezeichnet.
Diese Vorgehensweise garantiert, dass das Buch auch für Wirtschaftslaien einfach lesbar ist, andererseits werden für theoretisch Vorbelastete die ersten Kapitel wie ein Wirtschafts-Grundkurs klingen.

Friedman setzt sich zum Ziel, Theorien nicht nur zum Spaß zu entwerfen, sondern möchte sie an der realen Welt überprüfen. Nur so könne die Ökonomie ebenso zur Wissenschaft wie zur Kunst und ihre Analysen ebenso nützlich wie unterhaltsam werden.
Die unterhaltsame Beschreibung der Ökonomie ist Friedman jedenfalls gelungen und nach der Lektüre des Buches werden die Hintergründe mancher Entscheidung einleuchtender erscheinen – sei es nun eine alltägliche Entscheidung, wie wir sie ständig treffen oder eine solche, die das Weltgeschehen beeinflusst.  

 

URL: http://www.perspektive-blau.de/buch/0501a/0501a.htm