Hidden Champions: Die unbekannten Weltmarktführer
In der Provinz – so sagt man – sagen sich Fuchs und Hase Gute Nacht. Aber tagsüber zieht es viele hervorragend ausgebildete Fachkräfte und Top-Ingenieure genau dort hin. Abseits der Wirtschaftszentren schwingen sich kleine Unternehmen unbemerkt zu Weltmarktführern auf. Außerhalb ihrer Branche sind Hidden Champions meist unbekannt – in ihrer jeweiligen Branche läuft ohne sie aber meist wenig.

Markus Golde

        


 
idden Champions sind Unternehmen, die in ihrer Branche weltweit den Ton angeben und dennoch in der Regel unbekannt sind. Sie wachsen schnell und bieten deshalb ausgezeichnete Karrierechancen. »Es gibt keinen besseren Karrieretreiber als starkes Wachstum eines Unternehmens«, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Hermann Simon, der sich seit vielen Jahren mit Unternehmen beschäftigt, die im Schatten der Öffentlichkeit zu Weltmarktführern aufgestiegen sind.1

Bei Namen wie etwa dem Maschinenhersteller Weinig, dem Aluminiumbrücken-Bauer Peter Maier Leichtbau GmbH oder der Softwareschmiede TomTec Imaging Systems zucken die meisten mit den Schultern. Diese Firmen sind außerhalb ihrer Branche unbekannt, ihre Adressen ebenfalls. »Dabei läuft ohne ihre speziellen Produkte in der jeweiligen Branche kaum etwas«, sagt Simon, der für derartige Unternehmen den Begriff »Hidden Champions« geprägt hat. Wer dazu gehören will, muss laut Simon mehrere Kriterien erfüllen: »Unter den Top 3 in der Welt oder die Nummer 1 in Europa sein, weniger als drei Milliarden Euro Umsatz machen und einen geringen Bekanntheitsgrad in der Öffentlichkeit aufweisen.«

Prof. Dr. Anja Lüthy von der Fachhochschule Brandenburg nennt sie »Nischisten«, denn: »Der typische Hidden Champion schafft sich Marktnischen.« Die Spezialisierung wird mit globaler Vermarktung kombiniert. Laut Simon gibt es weltweit rund 2000 derart erfolgreiche Mittelständler, etwa 1300 davon im deutschsprachigen Raum.

Hohe Exportquoten und flache Hierarchien
Exportquoten von 70 bis 80 Prozent des Umsatzes sind bei den »heimlichen Weltmeistern« die Regel. Manche Unternehmen erzielen sogar 90 Prozent und mehr ihres Umsatzes mit ausländischen Kunden. Im Durchschnitt machen die Hidden Chanpions einen Umsatz von 326 Millionen Euro, mehr als ein Sechstel sogar über 500 Millionen Euro. »Wachstum und Marktführerschaft sind die dominierenden Ziele«, berichtet Simon.

Als Arbeitgeber spielen Hidden Champions eine wichtige Rolle. Während Großunternehmen Stellen abbauen, haben sie in den vergangenen zehn Jahren mehr als eine Million neue Arbeitsplätze geschaffen. Im Durchschnitt beschäftigen sie rund 2000 Mitarbeiter.
Wie Simon in seiner Studie2 festgestellt hat, bieten sie oft attraktive Arbeits- und Entwicklungsmöglichkeiten. »Im Mittelstand geht es nicht so sehr darum, was jemand darf, sondern was jemand kann.« Die im Vergleich zu Konzernen flacheren Hierarchien ermöglichen es, früh Verantwortung zu übernehmen.

Eine geringe Mitarbeiterfluktuation deutet auf hohe Zufriedenheit mit den Führungsstilen hin. Die hohe Loyalität lässt sich sogar in Zahlen ausdrücken. Laut Simon sind bei den Champions nach acht Jahren noch 80 Prozent der ursprünglichen Belegschaft an Bord: »Bei der Durchschnittsfirma ist da bereits die halbe Mannschaft weg.« Von einem Kuschelkurs kann trotzdem nicht die Rede sein: »Gerade Hidden Champions wählen ihr Personal gründlich aus und verlangen Höchstleistung«, so Simon.

Wettbewerbsvorteil durch Kundennähe
Dank ihrer Innovationskraft sind Hidden Champions auf ihren Märkten weltweit ganz vorne mit dabei. Ihre Wettbewerbsvorteile basieren weniger auf Kostenvorteilen als auf Differenzierung. Kundennähe wird groß geschrieben. Beinahe jeder Mitarbeiter ist jederzeit für die Kunden ansprechbar. Mitunter haben selbst die Entwicklungsteams direkten Kundenkontakt, was die beste Quelle ist, Kundenwünsche zu erfahren. Durch die Konzentration auf das Produkt und die Kundennähe schaffen Hidden Champions klare Wettbewerbsvorteile.

Nach Angaben von Simon können alle Mittelständler von den Hidden Champions lernen. Der Wirtschaftsexperte empfiehlt die Erfolgsrezepte: »Sie sind in der Fokussierung auf einen Markt eng, in der regionalen Ausdehnung aber weit, nämlich global, eine unmittelbare und interaktive Beziehung zum Kunden steht im Vordergrund.« Das seien die größten Stärken der Hidden Champions, noch vor der Technologie.  

 

1 Vgl. Simon, Hermann: Hidden Champions des 21. Jahrhunderts: Die Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktführer, 2007
2 Vgl. ebenda


URL: http://www.perspektive-blau.de/wissen/0806a/0806a.htm