Nur mittels vergangener Gewinne ist eine langfristig sichere Finanzierung von Unternehmen gewährleistet. Erfolgreich wird daher sein, wer Nutzen für den Kunden schafft. Was wären schließlich Unternehmen ohne Kunden? Der customer-value muss daher vor dem shareholder-value gesteuert werden. Was paradox klingt, ist der einzige Weg zu zufriedenen Shareholdern.
ie jüngste Situation der deutschen Mobilcom erregt erneut die Gemüter.
Die einen kritisieren Vertragsbruch bei France Telekom, die anderen erwarten Landesbürgschaften, um Arbeitsplätze zu retten, Kunden befürchten die Einstellung von Dienstleistungen.
Sie können die Namen beliebig tauschen, Siemens, Infineon, Vivendi, Bertelsmann....
Unternehmen funktionieren nun mal auf die immer wieder gleiche Weise: sie müssen Gewinne erwirtschaften. Fehlt diese wichtige Funktion, dann treten Probleme an allen Ecken und Enden auf. Die Motivation von Mitarbeitern sinkt ebenso wie das Vertrauen von Lieferanten und Kunden und der Aktienkurs lässt Shareholder aufschrecken.
Der Management-Autor Peter Drucker kommt deshalb zu dem Schluss, der einzige Zweck eines Unternehmens sei die Gewinnerzielung. Der österreichische Management-Experte Fredmund Malik dagegen schreibt, dass Unternehmen ihren Zweck verfehlen, wenn sie nur den Shareholder-Value im Auge haben.
Ein Blick in längst geschriebene Bücher der Betriebswirtschaftslehre zur Definition, was ein Unternehmen sei, hilft weiter. Ohne Kunden gibt es kein betriebswirtschaftliches Unternehmen. Jeder kann diesen Falsifizierungstest selbst vornehmen, welche Antworten haben Sie noch, wenn Sie den Kunden aus dem »System Unternehmen« herauskürzen? Für wen ist es da? Für Arbeitsplätze? Wie soll es Gehälter und Steuern zahlen ohne Kunden? Wer sollte Geld in das Unternehmen investieren, wenn dieses Geld nie wieder zurückfließt? Wofür sollte man Marketing betreiben? Welche Produkte sollte man herstellen. Frühere CEO von Thyssen sagten: »Wir produzieren nur dann Stahl, wenn wir ihn auch verkaufen, der Überschuss an Stahl, der auf unserem Werksgelände lagert ist Schrott.«
Ohne die Hauptadresse »Kunde« geht nichts mehr, dieser Kunde ist Zweck allen Handelns einer Unternehmung. Dabei kann man richtig und falsch handeln. Falsches Handeln erzeugt unter Umständen Vorteile für Kunden, aber diese Vorteile müssen nicht (!!!) zwangsläufig den oft zitierten customer-value erzeugen. Wir werden einige Punkte exemplarisch herausgreifen, die aufzeigen, wie falsches Handeln customer-value, shareholder-value, employee-value, supplier-value, political economical-value, kurz gesagt eigentlich alles zerstört.
Die Frage nach dem »WAS« und »WIE«
Im Kontext einer betriebswirtschaftlichen Organisation ist Kompetenz von Mitarbeitern eine der wichtigsten Funktionen, um Werte für Kunden zu erstellen. Diese Kompetenz muss in der richtigen Weise auf ein »WAS« ausgerichtet werden. Dieses »WAS« wird mit viel Intelligenz durch kompetente Schnittstellen zum Kunden (Key Account Management, Sales, Management Board, Service,...) dafür sorgen, dass das Unternehmen weiß, was es zu tun hat. Die daraus folgenden Konsequenzen für Produktportfolio und inhaltliche Ausgestaltung der Leistungen müssen dringend in Zielen für die Organisation formuliert werden.
Aber es wäre trügerisch zu glauben, dass gute Kenntnis von den Märkten und Herausforderungen der Kunden bereits die allein seelig machende Lösung ist. Es kommt auch auf das »WIE« an. Wer Kundennutzen erstellen möchte, der befindet sich nicht im wettbewerbsfreien Raum. Andere Firmen haben auch gute Mitarbeiter und es gilt die sportliche Aufgabe anzunehmen, im Wettstreit um diesen Kundennutzen nicht nur diesen präzise zu treffen, sondern ihn dann mit der Kompetenz der Kostenführerschaft zu erstellen. Kostenführerschaft zeigt sich nicht nur in kostengünstigen Herstellungsverfahren, sondern auch in Innovationen, die Bedürfnisse der Kunden mit neuen, anderen Technologien zu erstellen. Dieses »WIE« fordert die ganze Kraft und Einsatzbereitschaft unserer Ingenieure, Naturwissenschaftler genauso heraus wie die der Geisteswissenschaftler, wenn es um »soziale Produkte« geht.
Nur Unternehmen, in denen das »WAS« und das »WIE« laufend ineinander greifen, haben das Ohr am Puls der Zeit, benutzen Methoden des benchmarkings ebenso wie cutomer relationship management.
Wer im »WAS« geschlafen hat ist ebenso schlecht dran, wie der, der im »WIE« geschlafen hat. Trifft beides zu, hat man seine Berechtigung zur Unternehmensleitung endgültig verloren.
Als Beispiel für Unternehmen, die das »WAS« und »WIE« geeignet verbinden mag Lufthansa Systems Infratec gelten. In der Folge kauft nicht nur Lufthansa (Weber wurde zum Manager des Jahres gewählt) sondern inzwischen auch andere Unternehmen die IT- Infrastruktur-Kompetenz ein. Der Nutzen für Lufthansa durch vorausschauende IT-Infrastruktur als Basis für sich wandelnde Applikationen, sichtbar an der Kunst mit dem Wandel seit dem 11. September umzugehen, hat sich wohl herumgesprochen.
Mittelzufluss durch die Erzielung von Kundennutzen
Tausende von Mitarbeitern werden innerhalb der Unternehmen orchestriert. Dieser Orchestrierungsvorgang ist nicht trivial.
Es kommt eben nicht nur darauf an, als Führungskraft »Recht zu haben«, es muss auch gelingen, alle Betroffenen zu Beteiligten zu machen. Mitarbeiter stehen nicht im Unternehmen, sie arbeiten am Unternehmen. Sie sind nicht von den Widrigkeiten der Märkte betroffen, sondern sie arbeiten an der Lösung dieser Widrigkeiten. Wenn wir über viele Jahre Mitarbeiter für diese Idee des »am Erfolg des Unternehmens Arbeitens« eingestellt haben, dann sollten wir mit ihnen auch rechtzeitig darüber sprechen, was diesen Erfolg ausmacht und wie sie ihn erreichen können.
Mitarbeiter leben nicht im geschützten Freiraum des Kapitals von Shareholdern, Sponsoren oder anderen Finanzquellen, wie unternehmensinternen Quersubventionen. Der einzige Mittelzufluss, der wirklich zählt ist der vom Kunden. Ihn durch gute Arbeit, die dem Kunden Nutzen bringt, zu generieren ist Aufgabe aller. Alle übrigen Mittelzuflüsse, wie z.B. Kapitalerhöhungen sind geliehene Gelder - was man schon buchhalterisch durch Zuordnung zur Passivseite sieht.
Der Balanceakt der Unternehmensführung
Kundennutzen entsteht durch die simple Formel:
Herstellungskosten der Produkte beim Lieferanten
sind kleiner als der Preis, dieser ist kleiner als
der Verwendungsnutzen beim Kunden.
Diese Formel ist ebenfalls durch Falsifizierungstest leicht beweisbar. Sind die Herstellungskosten eines Produktes/ einer Leistung, die zu Kundennutzen führen soll höher als der zu erzielende Preis, dann sieht es um die Langfristigkeit des Unternehmens ebenso schlecht aus, wie um die Innovationsmöglichkeit, den Kundennutzen zukünftig zu verbessern. Beides schlägt irgendwann in Nachteil des Kunden um und generiert deshalb keinen Kundennutzen.
Ist der Preis höher als der materielle oder immaterielle Nutzen, den der Kunde durch Einsatz der Produkte/ Leistungen in seinem Umfeld erhält, entsteht ebenso kein Kundennutzen, da der Nutzen durch »überhöhten Preis« wieder zerfällt.
Unternehmensführung widmet sich der Aufgabe, das Unternehmensgeschehen innerhalb der Balance dieser Formel zu halten. Treten Unternehmensphasen ein, die Wettbewerber veranlassen, Preise so einzustellen, dass die Relation Preis-Kundennutzen hervorragend ist, jedoch der Preis die Herstellungskosten unterschreitet, so bringen diese Führungskräfte das Unternehmen aus dieser Balance. Es ist sehr genau zu prüfen, ob man diese Balance verlassen möchte. Meist liegt das Motiv nicht darin, Vorteile für Kunden zu schaffen, sondern im Schielen nach Marktanteilen.
Es trifft keinesfalls die Erwartungshaltung aller Beteiligten, in dieser Unternehmensphase lange stecken zu bleiben. Je länger die Abstellung dauert, desto nervöser werden alle Beteiligten, da es nicht nur kapitalverzehrend ist, sondern zeigt, dass Unternehmen damit die grundsätzlichen Erwartungshaltungen verfehlen und deshalb stark unter Beschuss geraten. Eine starke Kapitaldecke ist dazu keine Gegenposition, schon gar nicht, wenn die Kapitaldecke direkt aus Investorengeldern und nicht aus früheren Gewinnen kommt.
Erwartungen der Shareholder
Wer Geld investiert, möchte es wieder zurück und seine wahre Intention liegt in einem Zugewinn. Als Basis für diesen Austausch gilt die Einzahlung durch Kunden. Es kann also gar nicht anders sein, als dass menschliche Intelligenz und Kompetenz von Mitarbeitern aus »Ausgangsstoffen« eine Veredelung vornimmt, die nun beim Einsatz in der Kundensphäre einen neuen Wert ermöglicht, der finanziell höher gewürdigt wird, als die »Ausgangsstoffe« und der Veredelungsprozess kosten. Deshalb betrachten Shareholder die Kompetenz zur Orchestrierung der Mitarbeiter, zur Konfiguration von Unternehmensressourcen und zur Evaluierung der Märkte und ihrer Bedarfe durch Führungskräfte mit besonderer Sorgfalt.
Es ist dringend zu empfehlen, dass Führungskräfte dieses innere Unternehmensgeschehen transparent machen und kontinuierlich in das Bewusstein der Shareholder bringen. Andernfalls kommt es zu einer Fehleinschätzung, welche trotz richtigen Tuns, zur Ablösung von Führungskräften führt.
Umgekehrt ist davon auszugehen, wenn der Steuerungsvorgang innerhalb eines Unternehmens nicht adäquat geschieht, dass dies vor Shareholdern verheimlicht wird, im schlimmsten Fall sogar getäuscht wird. Wie sehr dem Mittelzufluss durch Kunden dabei große Bedeutung zufällt, sieht man an den Bilanzkosmetik-Maßnahmen, die Umsätze von Kunden vortäuschten.
Ist der zeitliche Abstand zwischen einer Investition und dem zu erstellenden Kundennutzen, wie z.B. bei UMTS Lizenzen zu lange, gerät nicht nur die Balance für die Shareholder ins Wanken, es steigt auch die Gefahr, dass neue Technologie, wie eine nächste Generation der Mobilfunktechnologie, den ursprünglich beabsichtigten Kundennutzen nie mehr ermöglicht.
Die einzig richtige Schlussfolgerung kann nur lauten: Shareholder erwarten Geldzahlungen durch Kunden. Die Geldzahlungen an den Shareholder sind eine Unterfunktion davon. Deshalb ist es auch richtig, die Arbeit am Kunden zuerst zu steuern und dann erst den Shareholder zu bedenken. Wer diesen Gedanken umkehrt, der macht den Kunden zur Funktion und nicht zum Ziel.
Das Problem liegt allerdings darin, wer nicht weiß, was Kundennutzen ist und wie man diesen erstellt, der kann im Nachgang auch keine Shareholder bedienen.
Zur Erinnerung: Kundennutzen, der beim Lieferanten des Nutzens zu keinen Gewinnen führt, ist kein Kundennutzen im rein definitorischen Sinne, (siehe obige Formel) dafür müssen Sie dann den Begriff »Geschenke« bemühen. Aber auf diesen bauen sich weder Shareholder-Investitionen noch Unternehmenskonzepte auf.
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass Erwartungen von Shareholdern, Mitarbeitern oder der Finanzverwaltungen alle gleichzeitig positiv erfüllt werden, wenn man über das »WAS« und »WIE« des customer-value Bescheid weiß.