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Anerkennung als Prinzip von Ownership
Mitarbeiter machen Erfolge. Wer Mitarbeiter führt, der ist mit dem einfachen Grundsatz vertraut: Unternehmenserfolge und Unternehmensniederlagen beruhen auf den Tätigkeiten, die Mitarbeiter ausführen. Sie zu bewegen, das Richtige kompetent zu tun, ist Aufgabe aller Führungspersonen.

        


 
udolph W. Giuliani schreibt dazu: »Dieses Buch ist gewidmet all den auf diesen Seiten beschriebenen Menschen, von denen ich lernte und auf die ich mich verlassen konnte. Sie haben mir die Kraft verliehen zu führen.«1

Jack Welch sagt in der Präambel seines Buches über General Electric: »Für die vielen hunderttausend GE-Mitarbeiter, deren Ideen und deren Einsatz dieses Buch möglich machten.«2

Louis V. Gerstner leitet sein Buch über den Wiederaufstieg von IBM mit folgenden Worten ein: »Dieses Buch ist den Tausenden von IBM-Mitarbeitern gewidmet, die ihr Unternehmen, ihre Kollegen und sich selbst niemals aufgegeben haben. Sie sind die wahren Helden der Wiedergeburt von IBM.«3

Viele Führungskräfte misstrauen ihren Mitarbeitern und begegnen ihnen mehr mit Anweisungen statt mit Fragestellungen. Dabei gehen dem Unternehmensprozess wichtige Kompetenzen verloren.

Es ist bestimmt nicht einfach, gerade in schwierigen ökonomischen Lagen, Mitarbeitern zu vertrauen. Viel steht auf dem Spiel, manchmal der Untergang des Unternehmens. Führungskräfte verspüren in solchen Fällen hohe Verantwortung und gehen »wie Leitwölfe im Rudel« als erste durch »den Eingang der Höhle, um das Rudel zu schützen«.

Dieses Verhalten macht grundsätzlich Sinn, da strategische Neuausrichtungen und mehr Marktnähe oftmals von entscheidender Bedeutung sind. In diesen richtungsgebenden Aktivitäten sind oberste Führungskräfte gefragt, eben wie Kapitäne, die den Kurs angeben.

Doch unmittelbar nach Angabe des Kurses beginnt die Fahrt des Schiffes und diese Fahrt ist vom Zusammenwirken und der Erfahrung der Mitarbeiter des Kapitäns abhängig, nicht vom Kapitän selbst.

Mitarbeiter müssen auf die richtige Kurseinstellung vertrauen und Kapitäne auf die Professionalität der Exekution. Wer sich mit der Frage beschäftigt, wie es zu einer zielgerechten wirkungsvollen Exekution kommt, der muss sich mit der Frage beschäftigen, wie Ziele des Kapitäns zu eigenen Zielen der Mitarbeiter werden, wie diese für die Erreichung der Ziele eintreten und alles daran setzen, dass es, wie herausfordernd auch immer, gelingt.

Motivation reicht nicht aus
Antoine de Saint-Exupery meinte: »Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu sammeln, Aufgaben zu verteilen und Einzelheiten zu besprechen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem endlosen, weiten Meer.« Aber dies gilt nur für das Motiv, die eigene Professionalität einzusetzen, nicht für die Professionalität selbst. Motive sind eben nur der »Anlasser des Motors«, nicht der Motor selbst.

Mitarbeiterführung sollte sich nicht nur auf die Stiftung des Motivs beschränken. Der schwierige Weg beginnt mit der Durchführung, mit dem »wie machen wir es?«. Misstrauen hoher Führungsebenen gegenüber Mitarbeitern bezieht sich auch weniger auf das Motiv. »Die Mitarbeiter wollen schon«, heißt es dann, aber »wir bekommen unsere Kompetenzen nicht auf die Straße.« Nicht nur die Siemens AG behauptet: »Wenn Siemens wüsste, was Siemens weiß.«

Misstrauen hoher Führungsebenen bezieht sich auf die Kompetenz und die Bereitschaft der Mitarbeiter, das Richtige zu tun.

Und exakt an diesem Punkt beginnt der schwierige, wenn nicht sogar der eigentliche Führungsprozess. Wir haben die Wahl: Entweder planen Führungskräfte jede denkbare Unternehmensaktion voraus, ähnlich einem Softwareprogramm des Fertigungscomputers, dann sehen wir uns mit dem Problem der Komplexität, des Unvorhersehbaren und der Variabilität konfrontiert. Die Folge ist der Ruf nach dem besten Experten, der die Mitarbeiter nach engen Anweisungen dirigiert. Oder Führungskräfte delegieren Lösungen an Mitarbeiter und begeben sich in das Risiko der sachgerechten Beurteilungskraft und Reaktionsbefähigung eben dieser Mitarbeiter. Die Folge ist der Ruf nach Koordinatoren und einem guten Selektionsprozess.

Wer sich für das erste entscheidet, der benötigt Kontroll- und Anweisungssysteme, wer sich für das zweite entscheidet, muss viel von Menschen und deren Verhalten verstehen. Das Erstaunliche ist, dass der Weg über das Verständnis von Menschen früher zu geringeren Kosten und zu Marktnähe führt als der Weg über ausgedehnte Macht.

Verständnis von Menschen kann nicht prozessualisiert werden. Es ist ein mentales und emotionales Ereignis, das wirtschaftliche Ergebnisse als Nebenprodukt hat. So wie es keine Erziehungsziele gibt, weil Erziehung nebenbei abläuft, so gibt es keine Ownershipziele.

Ownership stellt sich von alleine ein, wenn man etwas anderes tut. Dieses andere beruht auf einer Interaktion zwischen Personen und kann in Interaktionen chemischer, elektrischer oder physikalischer Zustände, wie z.B. in einem Chip nicht entdeckt werden.

Spaemann beschreibt dies so: »Die Zuerkennung des Status der Person ist vielmehr bereits Ausdruck der Achtung als der spezifischen Weise, wie Personen einander gegeben sind.«4

Der Unterschied zwischen Etwas und Jemand
In der Führung von Unternehmen muss man den Unterschied zwischen »Etwas« und »Jemand« sehr genau kennen, um diesem »Jemand« geeignet zu begegnen. Es ist ein ganz persönlicher Akt, nämlich der Akt einer Anerkennung des anderen, der sich nicht automatisch von alleine einstellt. Die Anerkennung bezieht sich auf das Element des »Selbstseins«, also darauf, dass der andere zunächst einmal für sich selbst existiert und nicht Funktion für andere ist.

Dies ist für diejenigen schwer einzusehen, die Team als »Einer für Alle, alle für Einen« und Arbeitsverträge als »Verkauf der eigenen Freiheit und Bedürfnisse an das Unternehmen gegen Lohn« verstehen.

Mitarbeiter wollen mitarbeiten, nicht für jemanden arbeiten. Mitarbeiter wollen am Unternehmenserfolg ursächlich beteiligt sein, nicht für diesen benützt werden.

Den Unterschied bekommt man nicht durch »andere Prozesse« in den Griff, sondern durch Positionierungen und Rollenverständnisse. Eine wichtige Positionierung ist dabei die, dass Menschen zusammenkommen, um etwas Gemeinsames zu gestalten. Sie kommen nicht zusammen, indem einer gestaltet und die anderen dazu verwendet. Jede Führungskraft kann sich selbst prüfen, ob Sie diesen Gedanken tatsächlich »fühlt«, wenn sie an die eigenen Direkt-Reports oder die Mitarbeiter im Ganzen denkt.

Ein wichtiges Hilfsmittel ist die Positionierung des Mitarbeiterteams »außerhalb« des Unternehmens. Das Unternehmen ist unser Ergebnis, unsere Statue, an der wir meißeln, unser Bild, an dem wir malen, die Musik, die wir komponieren. Wir selbst sind nicht die Statuen, die Bilder, die Musik, wir sind die Kreativen, die das alles schaffen.

Je mehr Mitarbeiter Teil des Unternehmens, also des »Geschaffenen« und nicht Teil der »Schaffenden« sind, desto höher steigt das Risiko, Mitarbeiter als Unternehmensressource zu verwenden. Die kategoriale Gleichstellung der Humanressource mit den Produktions-, Kapital- und Marktressourcen hat in dieser Hinsicht viele Nachteile gebracht und damit Unternehmensgewinne vernichtet. Es wäre wohl besser, bei Mitarbeitern auf den Begriff Ressource zu verzichten.

Maschinen, Rechenzentren und Gebäude in Standorten sind unabhängig von den Erlebnissen des Erfolges, des Ursacheseins, deshalb weinen sie nicht, wenn es dem Unternehmen schlecht geht und freuen sich nicht, wenn Prosperität eintritt. Aus dem gleichen Grunde übernehmen sie keine Ownership und müssen auch nicht geführt werden. Sie werden einfach nur verwendet.

Jede Führungskraft, die Mitarbeiter verwendet degradiert diese auf die Kategorie solcher Unternehmensressourcen. In der Folge bezahlt er Lohn für »Etwas«. Dieser Lohn ist zu teuer für die Befähigung solcher »Etwas-Ressourcen«. Es hat schon Gründe, weshalb wir Maschinen und Fuhrparks nicht »entlohnen«, denn wir erwarten von diesen Ressourcen lediglich plangemäße Ausführung unserer eigenen Ideen.

Wer Mitarbeiter als »Seinesgleichen« sieht, sie also als Person anerkennt, der gesteht diesen eigene Ideen zu. Der versteht, dass sie beteiligt sein wollen und nicht einer Verwendung zugeführt werden wollen. Beteiligung beruht auf eigener Aktion, nämlich auf Ownership.

Die Unternehmensziele dürfen nicht Ziele der Führungskräfte bleiben, sondern müssen für jeden einzelnen Mitarbeiter seine Ziele sein. Wer Profit für Shareholder will, der besinnt sich lieber darauf, dass dies nur durch customer value und kostengünstige Verfahren möglich ist. Denn diese beiden Elemente lassen sich schnell in Ziele gießen, die Mitarbeiter zu eigenen Zielen machen.

Man ist gerne dabei, wenn es darum geht, im Markt den besten Kundennutzen zu stiften, die Anerkennung der Kunden über Marktanteile zu genießen. Man ist gerne dabei, wenn es darum geht, »besser zu sein« als der Wettbewerb und damit kostengünstigere intelligente Verfahren zur Erstellung des Kundennutzens zu entwickeln. Mitarbeiter sind von sich aus gerne sportlich. Dass Shareholder den daraus entstehenden Profit genießen, stört genauso wenig, wie die Tatsache, dass der Wirt reich wird, wenn man sein exzellentes Restaurant besucht. Das Ziel des Besuches war nie, den Wirt reich zu machen, sondern sein Ambiente, seine Kochkunst und die Gesellschaft anderer zu erleben.

Es ist gänzlich unverständlich, weshalb so viele Führungskräfte Folienschlachten mit Profitzielen und Umsatzzielen veranstalten, also erklären, wie reich der Wirt gemacht wird, statt sich auf die wahren Unternehmenszusammenhänge zu besinnen und diese zur Zielsetzung für Mitarbeiter zu machen. Umsatz, Kosten und Profit sind und bleiben Messlatten für die Erreichung von Zielen wie Kundennutzen und Professionalität in der Erstellung dieses Nutzens.

Ownership ist das Erleben, kompetent zu sein. Ownership ist das Erleben, den Unternehmenserfolg beim Kunden ursächlich mitgestaltet zu haben. Ownership ist der Wille, zu den Besten gehören zu wollen.

Führungsprozesse können dies verhindern oder freisetzen, je nachdem, ob der Anwender des Führungsprozesses seine Geführten »gebraucht« oder »einbindet«. Spaemann meint dazu: »Jedes Kind sieht, dass Freundlichkeit, Güte, Rücksichtnahme, Interesse am Wohlergehen anderer, Dankbarkeit und ähnliche Haltungen vor allem Schmieröl sind für das Funktionieren von Abläufen, die mit der Beziehung zwischen Personen fast nichts zu tun haben. Erst so gewinnt das freundliche Lächeln der Kassiererin gegenüber einem Menschen, der ihr wirklich gegenübersteht, wieder seinen Wert, und zwar auch dann, wenn die Firma von der Freundlichkeit ihres Personals profitiert. Ihr Lächeln bleibt gleichwohl das ihre, und die Dankbarkeit des Kunden gilt dem Fräulein und nicht der Firma.«5

Qualität, die aus einem Unternehmen kommt, die Fähigkeit, Nutzen beim Kunden zu stiften, ist ein Akt der im Unternehmen tätigen Mitarbeiter, nicht ein Akt der Führungskräfte. Ob Mitarbeiter diese Akte tatsächlich vollziehen ist allerdings ein Ergebnis der Akte von Führungskräften.

Je besser Mitarbeiter und Führungskräfte einander begegnen, desto mehr kann man es an der bottom line ablesen. Profit ist ein Effekt, der nur eintritt, wenn andere Zusammenhänge im Unternehmen richtig ablaufen.