Eine aktuelle Studie belegt: Deutsche Chefs bilden das Schlusslicht Europas. Nur allzu oft steht in der Personalauswahl und im täglichen Unternehmensgeschehen die fachliche Qualifikation im Vordergrund. Soziale und ethische Fähigkeiten fallen – mangels Vorhandensein geeigneter Bewertungsstandards – zumeist unter den Tisch.
ie Ergebnisse einer aktuellen Studie des europäischen Karriere- und Recruiting-Portals StepStone, in der deutschen Führungskräften ein denkbar schlechtes Zeugnis ausgestellt wird, überraschen nicht, denn die Auswahl von Führungskräften erfolgt in Deutschland in aller Regel überwiegend nach fachlichen Kriterien. Beim Aufstieg in Führungsetagen wird soziale Kompetenz zwar erwartet, jedoch werden bewertbare Standards nicht festgelegt. So berauben sich manche Unternehmen um gute Sachbearbeiter, um zu schlechten Chefs zu gelangen. Selbst Trainee-Programme ermitteln und fördern eher fachliche Qualifikationen, denn soziale oder gar ethische. Kein Wunder, dass die deutsche Wirtschaft in der aktuellen StepStone-Studie wieder einmal besonders schlecht abschneidet.
Schon lange fordert der Ethikverband der Deutschen Wirtschaft e.V. (EVW) neben fachlicher Qualifikation die konsequente Einführung von sozialen und ethischen Qualifikationskriterien für die Führungskräfteauswahl. Soziale Qualifikation meint, ein Vertrauensklima herstellen zu können. Ethische Qualifikation bedeutet, in der Lage zu sein, ein Wertesystem zu implementieren, das nicht nur auf Hochglanzbroschüren gedruckt wird, sondern vorgelebt wird.
Gerade die aktuellen Ereignisse zeigen deutlich, dass hier enormer Nachholbedarf besteht.
Zum Führen wird man nicht geboren
Leider gibt es nicht wenige Führungskräfte, die meinen, Führen könne man nicht lernen, das sei in die Wiege gelegt. Mit diesem Führungsverständnis müsste sie der Blitzstrahl der seligen Erkenntnis getroffen haben; sozusagen eine göttliche Vollmacht erteilt worden sein. Der daraus resultierende Führungsstil kann nur katastrophal sein.
Ein zweites Führungsverständnis beruht auf dem Unsinn, Kapitaleignerschaft sei gleichbedeutend mit kompetenter Führung. Die Tatsache, dass ein Unternehmen juristisch einem Menschen gehört, bedeutet noch lange nicht, dass es dann von diesem automatisch gut geführt wird.
Führen kann man lernen
Gute Führung kann gelernt werden. Der Nachholbedarf in der Bundesrepublik scheint laut der StepStone-Studie riesig zu sein. Wer führt kann lernen, wie man ein Vertrauensklima aufbaut, Glaubwürdigkeit im Handeln herstellt, kommunikative Fähigkeiten erlangt, ein Team aufbaut und erfolgreich leitet und mit konstruktiver Kritik umgeht.
Gute Führung fördert Primärtugenden
Umgeben sich Führungskräfte mit Ja-Sagern, Systemagenten, dürfen sie sich nicht wundern, wenn das Feedback zwar positiv, das Klima im Unternehmen jedoch oft unerträglich ist. Gute Führungspersönlichkeiten umgeben sich mit Mitarbeitern, die neben ihrer fachlichen Qualifikation über Zivilcourage, kritische Gerechtigkeit, kreativen Ungehorsam verfügen. Nur so lässt sich eine erfolgreiche und realitätsdichte Führung herstellen.