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Kundenbegeisterung: Der nächste Schritt zur Kundenbindung
Kundenorientierung ist seit einigen Jahren im Gespräch. Zur stabilen Kundenbeziehung trägt sie leider zu wenig bei. Selbst Kundenzufriedenheit bindet Kunden nicht an ein Unternehmen. Der »König Kunde« ist nicht loyal. Wie aber wird ein Kunde an ein Unternehmen tatsächlich gebunden?

        


 
chon Hans Heinrich Path hat im Kloster Eismar im 12. Jahrhundert eine Idee zur Kundenorientierung gehabt. Er meinte damals: »Der Kunde ist die wichtigste Person in einem Betrieb. Er ist nicht von uns abhängig, sondern wir von ihm. Er bedeutet keine Unterbrechung unserer Arbeit, sondern er ist ihr Inhalt. Der Kunde ist eine Person, die uns ihre Wünsche mitteilt. Unsere Aufgabe ist es, diese Wünsche zu seiner und zu unserer Zufriedenheit auszuführen.«
So betrachtet kann Kundenorientierung für manche noch ein Fremdwort sein, zumal die Werte im »Deutschen Kundenbarometer«, das die Verbraucherzufriedenheit misst, jedes Jahr immer mehr abrutschen.

Vor Jahren schon bemängelte der Spiegel, später auch Focus, dass Deutschland eine »Servicewüste« sei. Woran liegt das wohl? Sicher an der großen Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Vielleicht sind wir ab und zu bei der Kundenfreundlichkeit angelangt, mehr jedoch nicht.

Die Stufen der Kundennähe
Wer sich mit Kunden befasst, sollte das Stufenkonzept kennen, das von Herrn Tominaga aufgestellt wurde. Er spricht von:

1. Stufe Kundenfreundlichkeit
2. Stufe Kundenorientierung
3. Stufe Kundenzufriedenheit
4. Stufe Kundenbegeisterung

Der Kernmangel ist, dass Unternehmer zu wenig über ihre Kunden wissen. Im Mittelstand z. B. behaupten ca. 50 Prozent der Unternehmen, dass ihre Kunden mit dem Service und Angebot des Unternehmens zufrieden seien, aber weniger als die Hälfte der befragten Unternehmen führten regelmäßig Kundenbefragungen durch. Dies wirft natürlich die Frage auf: Woher wissen die das?

Beispiele für Kundenorientierung
Was für kleinere Unternehmen gilt, gilt auch für die Großen. Hilmar Kopper von der Deutschen Bank (der 1994 Bekanntheit in der breiten Öffentlichkeit erlangte durch seine Titulierung von offenen Rechnungen in Millionenhöhe mit »Peanuts«) hat die Pleite des Frankfurter Baulöwen Jürgen Schneider u.a. damit gerechtfertigt: »Ich bin der Meinung, dass es nicht primäre Aufgabe eines Vorstandsmitgliedes der Deutschen Bank ist, den Kunden zu sehen.« Von seinen Nachfolgern ist in dieser Hinsicht auch nicht besonders viel unternommen worden.

Sehr viel näher beim Kunden ist da schon der Vorstandsvorsitzende Jürgen Hilse von der Kreissparkasse Göppingen. Er führt in seinen Banken regelmäßig Kundenbefragungen durch. Alle vier Jahre eine große Umfrage durch renommierte Befragungsinstitute, und alle zwei Jahre eine Befragung durch Mitarbeiter der Bank. So hat die Kreissparkasse Göppingen es geschafft, die wirklichen Interessen seiner Kunden kennen zu lernen, und sich optimal darauf einzustellen. Alle Filialen orientieren sich sehr dynamisch an den Wünschen der Kunden. Sicher ist auch dadurch der Erfolg der Kreissparkasse in Göppingen zu erklären: sie hat immerhin einen Marktanteil von weit über 40 Prozent.

Voraussetzungen der Kundenbegeisterung
Die Kundenbegeisterung beginnt zunächst bei der Orientierung eines Unternehmens am Mitarbeiter. Damit beginnt eine gute Kundennähe beim Betriebsklima. Jedes Unternehmen ist ein System, dessen Elemente in vielerlei Wechselwirkungen stehen.

Ein Unternehmen will Ziele verfolgen. Dazu nimmt das Unternehmen Einfluss auf den Mitarbeiter. Sind jedoch die Verkehrssitten so, dass der Mitarbeiter in seinen Wünschen, Bedürfnissen, Erwartungen und Interessen keinen Einfluss nehmen kann auf das Unternehmen, wird in solch einem Klima eine Anpassung an die Realität behindert. Es findet nur Output, jedoch kein Input statt. Gleiches gilt für die Kunden. Wenn das Unternehmen nur Einfluss nehmen will auf den Kunden (er soll verdammt noch einmal kaufen, und sich auf keinen Fall beschweren!), Jedoch keinen Input vom Kunden annimmt, dann verabschiedet sich der Kunde. Entweder er kauft gar nicht mehr oder nur noch gezwungenermaßen. Die Reklamationen, die Unwilligkeit werden zunehmen. Damit wird der Kunde teuer. Das Gleiche gilt beim Mitarbeiter. Will ein Unternehmen also wissen, wie nah es seinem Kunden ist, dann sollte es einmal zunächst prüfen, wie nah sind ihm seine Mitarbeiter.

Ein Unternehmen, das gern Input annimmt, nennt Prof. Dr. Rupert Lay eine offene Kommunikationsgemeinschaft. Ein outputorientiertes Unternehmen ist für ihn eine Institution. Kundenbegeisterung verlangt, dass das Unternehmen eine inputorientierte Kultur hat.

So unterscheiden sich »Institution« und »Offene Kommunikationsgemeinschaft« nach Prof. Lay

Fragen sie sich also, welche Kultur haben wir? Ist diese Kultur service-freundlich oder nicht.

Kundenbegeisterung bedeutet Nähe zum Mitarbeiter
Ein Unternehmen kann noch so maßgeschneiderte Konzepte haben, um sich in die Nähe des Kunden zu begeben, wenn das Unternehmen am Mitarbeiter nicht interessiert ist, dann verpuffen solche Konzepte völlig wirkungslos.

Zu überprüfen ist also zunächst das Corporate Behavior. Das sind die Verhaltensweisen in einem Unternehmen, der Umgangsstil. Dann ist die Corporate Communication zu untersuchen. Das ist die Kommunikation des Unternehmens auf schriftliche, mündliche und bildliche Art. Und es ist sicher auch das Corporate Design anzuschauen, also die optische Gestaltung des Unternehmens durch Logo und Prospekte etc.
Hätte IBM z.B. in dieser Hinsicht Nähe zum Kunden gezeigt, dann bin ich mir ziemlich sicher, hätte es den Erfolg von Bill Gates wahrscheinlich nie gegeben. Denn dieser Erfolg war nur möglich dadurch, dass IBM an den Kundenerwartungen kein oder wenig Interesse hatte.

Kundenbegeisterung ist eine innere Haltung
Somit ist Kundenbegeisterung eine innere Haltung. Sie findet ihren Ausdruck in der Fähigkeit, sich schnell und flexibel an die Veränderungen des Kundenverhaltens anzupassen. Die Entwicklungen und ständig notwendigen Veränderungen der Prozesse in einem Betrieb müssen sich dabei am Kundennutzen orientieren. Nur so ist langfristig eine Steigerung und Sicherung des Verkaufserfolges möglich.

Die Kosten einer schlechten Kundenorientierung
Wie nahe man seinem Kunden ist, kann man anhand der Migrations-, Interaktions- und Transaktionskosten feststellen. Diese Kosten geben Auskunft über das Klima im Betrieb und Auskunft über die Beziehung zum Kunden. Unternehmen mit einer guten Kundennähe haben hier weniger Kosten als Unternehmen, die weit vom Kunden entfernt sind:

:: Migrationskosten
Das sind die Kosten, die durch den Wechsel von Mitarbeitern und Kunden entstehen. Das sind auch die Kosten, die durch die Einarbeitung neuer Mitarbeiter oder durch die Einweisung eines Kunden entstehen.

:: Interaktionskosten
Das sind die Kosten, die durch Reibungsverluste, durch innere Kündigung entstehen. Dazu gehören auch die Kosten, die durch Demotivationen entstehen. Also unnötige Krankheit oder fehlende Bereitschaft zur Mehrarbeit. Beim Kunden sind das die Missverständnisse, wenn der Kunde etwas in den falschen Hals bekommt oder ähnliches.

:: Transaktionskosten
Schließlich bleiben noch die Kosten, die durch Vertragsrechte entstehen. Was kosten die Auseinandersetzungen mit Kunden, Mitarbeitern, den Lieferanten, Großkunden, Auftraggebern, etc. Unzufriedene Kunden lassen sich ihre Reklamationen teuer bezahlen. Ist das Verhältnis zum Kunden gut, dann kostet die Wiedergutmachung auch nicht soviel.

Die Reklamation als Chance
Gerade die Reklamation gibt dem Unternehmen gute Chancen, dem Kunde nahe zu kommen. Reklamationen sind kostenlose Beratung durch den Kunden.
Bei einer Reklamation zur Zufriedenheit des Kunden hat der Kunde zum ersten Mal die Leistungsfähigkeit des Unternehmens real wahrgenommen, ist zumindest die Meinung des Servicedirektors von Rank Xerox.

Rank Xerox hat gerade hier schon vor Jahren Bedeutendes geleistet. Zentraler Punkt im Kundenmanagement ist bei Rank Xerox die Reklamation. Forderung an die Mitarbeiter ist hier: Jede Reklamation muss innerhalb von 48 Stunden bearbeitet sein. Gelingt dies nicht, dann landet die Reklamation auf dem Tisch oder Computer des nächsthöheren Vorgesetzten. So kann es passieren, dass eine Reklamation bis zum Geschäftsführer gelangt. Interessant ist, dass es Rank Xerox gelungen ist, den Anteil der in 48 Stunden geregelten Reklamationen von 10 Prozent im Jahre 1991 bereits 1997 auf sage und schreibe 90 Prozent zu steigern.

Die Entwicklung der Orientierung des Kunden
Kunden haben sich verändert. Wir haben in den letzten 50 Jahren eine besondere Entwicklung. Und die gilt es nach- und mitzuvollziehen:

:: 1940 – 50: reine Produktorientierung
:: 1960 – 70: reine Nachfrageorientierung
:: 1970 – 90: Befriedigung der Kundenwünsche
:: 2000  ?: Vorausdenken der Kundenerwartungen

Das Ziel der Zukunft ist es also, sich zu fragen: Wo übertreffen wir die Kundenwünsche? Wie können wir uns noch einfacher, schneller, dauerhafter, effektiver und ökologischer auf die Kundenwünsche einstellen?

Der Schlüssel zum Erfolg: Kundenbegeisterung!
Wer die Wünsche seiner Kunden nur befriedigt, wird kaum eine gute Kundenbindung herstellen. Kunden erwarten als Minimum, dass sie zufrieden gestellt werden. Erst wenn die Erwartungen der Kunden übertroffen werden, kommen sie gern wieder. Für Kunden ist es nichts Besonderes, freundlich bedient zu werden. Es ist nichts Besonderes, einen fairen Preis zu bezahlen. Es ist nichts Besonderes, auf eine fachlich kompetente Beratung zu stoßen. Und es ist nichts Besonderes, in einer angenehmen Atmosphäre unaufgefordert gut beraten zu werden.

Erst wenn z.B. unerwartete Leistung und Betreuung angeboten wird, entsteht Kundenbegeisterung. Persönliche Einladungen zu Vorträgen oder der persönliche Geburtstagsgruß oder der persönliche Genesungswunsch inklusive einer Aufmerksamkeit, die ins Krankenhaus zum Patienten geschickt wird, wird die Bindung zwischen Kunden und Ihnen festigen. Besonders wirksam ist es, seine persönlichen Privilegien für seine Kunden einzusetzen. Wer Nutzen bietet, den man nicht kaufen kann, sondern nur geschenkt bekommen kann, der löst Begeisterung aus.
Kundenbegeisterung und damit Kundenbindung löse ich erst dann aus, wenn auf der Beziehungsebene sich ein intensiver und guter Kontakt entwickelt. Alles andere haben andere auch zu bieten.

Vergleichsgrößen schaffen
Zunächst sollte man für eine optimale Kundenorientierung Vergleichsgrößen schaffen. Wo sind Sie besser (und nicht nur billiger) als andere? Sollten Sie das nicht wissen – wie soll es dann der Kunde wissen?

Zur Feststellung der Vergleichsgrößen gilt es eine Analyse der Stärken, Schwächen, des Standortvorteils, der Produktvorteile, Dienstleistungs- und Servicevorteile vorzunehmen. Diese Analyse sollte man dann abgleichen mit den Kundenwünschen. Vielleicht ist der Kunde nämlich nicht interessiert an diesen Vorteilen. Nur wenn die Vorteile, die Sie zu bieten haben, auch die Erwartungen des Kunden treffen, sind es echte Vorteile.

Vier Schritte in die Realität
Ein erfolgreicher Unternehmer wird Kundenbegeisterung über mehrere Schritte implantieren:

1. Messen
Er misst die Kundenzufriedenheit und nimmt sie als Basis für Veränderungen. Die Ergebnisse der Messung werden für ganz konkrete Management-Entscheidungen genutzt.

2. Maßnahmen
Die Kundenzufriedenheitsergebnisse werden eingesetzt, um klare Verantwortungen, exakte Ziele, zeitliche Abläufe und Termine für besseren Umgang mit dem Kunden zu definieren.

3. In-Frage-stellen
Die Messung ist auch Basis, durchaus grundlegende Dinge, wie Produkte, Produktgestaltung, Service und Dienstleistungen für den Kunden zu überprüfen. Auch die Mitarbeiter aus dem Innendienst, die Kontakt zum Kunden pflegen, werden hierbei in die Überlegungen mit einbezogen.

4. Die Kundenstruktur
Kundenzufriedenheitsmessungen sollten auch eine Überprüfung der Kundenstruktur beinhalten. Wer sein Kundenportfolio nur mit älteren Kunden ausgestaltet, sollte sich nicht wundern, wenn ihm Kunden langsam aber sicher wegsterben.

Sind diese Faktoren berücksichtigt, dann steht einer erfolgreichen Kundenbegeisterung nichts mehr im Wege.