Home         Autoren         Newsletter         Kontakt         Impressum
Customer Touchpoint Management: Alles dreht sich um den Kunden
Man braucht kein Detektiv zu sein, um in nahezu jedem Unternehmen kundenfeindliche Prozesse, Strukturen und Verhaltensweisen aufzuspüren. Punktuell gibt es überall Highlights, doch irgendwo – und das meist beim schwächsten Glied – reißt die interne Leistungskette. Das Customer Touchpoint Management kann dem entgegenwirken.

        


 
ie knappste Ressource im Unternehmen ist nicht das Kapital, sondern es sind die Führungskräfte, die kundenverliebt denken und handeln. Die so vehement geforderte Kundenorientierung kann allerdings nicht durch standardisierte Prozesse, dicke Handbücher und Betriebsanweisungen entstehen. Und auch nicht durch teure CRM-Software. Sie findet vielmehr freiwillig in den Köpfen und Herzen der Mitarbeiter statt. Deren Wollen lässt sich nur in Möglichkeitsräumen entfalten und nicht durch Maßregeln erzwingen.

Das Sichern einer Basisqualität ist sicher richtig und in manchen Fällen sogar lebenswichtig. Doch kann man es auch mächtig übertreiben. Die Zwangsjacke starrer Service-Normen macht Mitarbeiter zu Roboter-Mitarbeitern, die sich selbst den blödesten Anweisungen willenlos beugen und jedem Kunden ihre öden Standards aufoktroyieren (»Das ist bei uns Vorschrift!«). Wie Aufziehpuppen reden sie mit einem am Telefon oder an der Theke im Schnellrestaurant. Kundenanliegen werden dabei nur mehr prozesskonform abgewickelt. Jegliche Lust an inspirierendem, kreativem, begeisternden Tun geht gegen Null. Alles erstarrt in Mittelmäßigkeit. Und individuelle Kundenwünsche bleiben auf der Strecke.

Kundenfokussiert statt prozessfixiert, so sollte die Devise lauten. Dazu müssen sich ohne Ausnahme alle Unternehmensbereiche deutlich stärker miteinander vernetzen, um abteilungsübergreifend jeden einzelnen Mitarbeiter auf die Kunden auszurichten. Das hört sich banal an, ist es aber nicht. Viel zu oft wird uns Kunden immer noch erklärt, wie die Dinge zu laufen haben, wer für uns zuständig ist, dass man dieses zu tun und jenes zu lassen hat. Die Kunden sollen sich einfügen und parieren. Diese allerdings fühlen sich gelangweilt, falsch verstanden, vernachlässigt, von oben herab behandelt, gemobbt – und schließlich vertrieben.

Aus Sicht des Kunden
Customer Touchpoints, also Kundenkontaktpunkte, entstehen überall dort, wo der Kunde mit einem Unternehmen bzw. seinen Produkten, Dienstleistungen oder Marken in Berührung kommt – egal, ob dies in direkter Form (Verkäuferbesuch, Telefonat, Mailing etc.) oder in indirekter Form (Meinungsportal, Test- oder Pressebericht, Mundpropaganda etc.) geschieht. An jedem Touchpoint können positive wie auch negative Erlebnisse entstehen. So kann ein einziges negatives Ereignis an einem für den Kunden wichtigen Kontaktpunkt zum sofortigen Abbruch der Geschäftsbeziehung führen. Damit eine solche auf Dauer aufrechterhalten wird, muss die Summe der positiven Erfahrungen bei weitem überwiegen.

In vielen Unternehmen kümmern sich allerdings die diversen Einheiten (Marketing, Vertrieb, Produktmanagement, Call Center, Kundendienst usw.) immer noch mehr oder weniger unkoordiniert um die Kunden. Das nennen wir »Silo-Denke«. Der Kunde hingegen betrachtet ein Unternehmen immer als Ganzheit. Er erwartet von Jedem eine perfekte Leistung, da unterscheidet er nicht zwischen Innen- und Außendienst oder Chef und Azubis. Wenn auch nur ein einziger Mitarbeiter patzt, war aus Sicht des Kunden »der Saftladen« schuld.

Customer Touchpoint Management ist demnach die Koordination aller Maßnahmen, die dazu dienen, dem Kunden an jedem Kontaktpunkt eine herausragende, verlässliche und damit vertrauenswürdige Erfahrung zu bieten, ohne die Prozesseffizienz aus dem Auge zu verlieren. Ziel ist das stete Optimieren der Kundenerlebnisse an den einzelnen Kontaktpunkten, um die bestehenden Kundenbeziehungen dauerhaft zu festigen und positive Mundpropaganda auszulösen. Dazu heißt es, dem Kunden Enttäuschungen zu ersparen – und über den Zufriedenheitsstatus hinaus Momente der Begeisterung zu schaffen. Das Customer Touchpoint Management folgt also nicht länger dem alten Marketing, das fragt: Was bieten wir dem Kunden? Vielmehr wird untersucht, was die Kunden erwarten, was sie tatsächlich erhalten und wie sie dieses bewerten.

Die Vorteile des Customer Touchpoint Managements
Die intensive Auseinandersetzung mit jedem einzelnen Touchpoint führt nicht nur zu verstärkter Kundentreue, sie legt auch interne Effizienzreserven frei, sie führt zur Ressourcen-Optimierung, und durch Kosten- und Zeiteinsparungen schließlich zu höheren Erträgen. Durch eine Priorisierung der erfolgswirksamen Schlüssel-Touchpoints können beispielsweise Gelder weg von teuren und letztlich wirkungslosen Anzeigenkampagnen hin zu dialogischen Maßnahmen oder weg von technologischen Lösungen hin zu loyalitätswirksamen zwischenmenschlichen Interaktionen geleitet werden. Aufgabe ist es schließlich, auf die Kontaktpunkte zu fokussieren, die ein markentypisches Erlebnis schaffen sowie Kundenloyalität, Empfehlungsbereitschaft und Wettbewerbsfähigkeit am nachhaltigsten stärken.

So erhalten Entscheider mit dem Customer Touchpoint Management ein praxisnahes Navigationssystem, mit dessen Hilfe kundenbezogene Maßnahmen transparent und steuerbar werden. Ein Mitbewerber-Vergleich kann zeigen, welche Touchpoints dort besser oder schlechter funktionieren.

Der Prozess des Customer Touchpoint Managements
Im Rahmen des Kundenkontaktpunkt-Managements werden chronologisch alle Kontaktpunkte betrachtet, die ein Kunde im Rahmen eines Kaufprozesses bzw. im Zuge der Nutzungsbeziehung hat oder haben könnte – und zwar aus dem Blickwinkel des Kunden betrachtet. Dann werden sowohl die kritischen Ereignisse als auch die positiven Geschehnisse aufgelistet, die ihm dort widerfahren – oder im schlimmsten Fall widerfahren könnten. Schließlich wird – mithilfe der Kunden – optimiert, dann gemessen und weiter verfeinert.

Im Einzelnen lässt sich der Prozess des Kundenkontaktpunkt-Managements wie folgt in vier Schritten darstellen:

1. Schritt: die Ist-Analyse
In diesem Schritt geht es um das Erfassen der relevanten Kontaktpunkte, das Verstehen der Prozesse und das Dokumentieren der Ist-Situation. Folgende Fragen lassen sich hierzu stellen: Welche Kunden treten an welchen Stellen und zu welchen Anlässen wie häufig mit welchen Mitarbeitern im Unternehmen in Kontakt? Wie sehen die Abläufe an den einzelnen Punkten aus? Sind sie abteilungsübergreifend aufeinander abgestimmt? Sind sie markenkonform inszeniert? Und wie gut leben die Mitarbeiter das, was die Marke bzw. das Unternehmen verspricht? Wie erlebt und beurteilt all dies der Kunde? Was läuft gut? Was muss weg? Welche Prozessbarrieren bestehen? Welche Kontaktpunkte favorisiert der Kunde? Welcher Handlungsbedarf ergibt sich aus Sicht des Kunden? Was könnte die Geschäftsbeziehung intensivieren? Wo lauern Abwanderungsrisiken? Was sollten wir schnellstens ändern und verbessern? Und was hat uns bislang daran gehindert, dies zu tun? Auch wenn unangenehm, über die letzte Frage muss unbedingt gesprochen werden. Denn erst wenn die wahren Ursachen für Handlungsblockaden offen liegen, lässt sich etwas dagegen machen.

2. Schritt: die Soll-Strategie
In diesem Schritt geht es um das Definieren der zukünftigen Ziele sowie der angestrebten optimalen Soll-Situation. Folgende Fragen lassen sich hierzu stellen: Welche Produkt- bzw. Servicequalität wollen wir welchen Kunden an welchen Kontaktpunkten zukünftig bieten? Mit welchen konkreten Zielen und mit welchen Ressourcen wollen wir diese Servicelevels erreichen? Auf welche Weise? Mit welchen Prioritäten? Welche Handlungsszenarien gibt es dabei? Soll die Zahl der Kontaktpunkte vergrößert werden? Oder verkleinert? Wie sollen insbesondere die Schlüsselkontaktpunkte aus Sicht des Kunden optimiert werden? Wie können wir dabei die Kunden involvieren?

3. Schritt: der To-do-Plan
In diesem Schritt geht es um die Planung und Umsetzung eines passenden Maßnahmen-Mixes, der von der Ist-Situation zur Soll-Situation führt. Folgende Fragen lassen sich dabei stellen: Wer macht was ab⁄bis wann mit welchem Budget? Welche Ressourcen müssen dazu bereitgestellt werden? Wer kann dabei helfen? Welche Zeitlinien sind sinnvoll und machbar? Dies ist gemeinsam mit den Mitarbeitern zu planen und umzusetzen.

4. Schritt: die Kontrolle und Optimierung
In diesem Schritt geht es um das Messen der Ergebnisse zwecks zukünftiger weiterer Optimierung der Prozesse. Folgende Fragen lassen sich hierzu stellen: Welche Service Levels sollen in Zukunft gelten? Was sind die Minimum-Standards an den einzelnen Touchpoints? An welchen Kriterien wollen wir unsere verbesserte Kundenkontakt-Performance messen? Welche Kennzahlen wollen wir dazu auf welche Weise wie oft und für wen erheben? Wie wird das gewonnene Wissen dokumentiert und mit den Mitarbeitern besprochen?

Auf diese Weise kommen im Customer Touchpoint Management alle kundenrelevanten Geschäftsprozesse regelmäßig auf dem Prüfstand. Dabei kooperiert man mit den Kunden und bindet diese in die Abläufe ein. Dies senkt nicht nur das unternehmerische Risiko, sondern baut zusätzlich Eintrittsbarrieren für den Wettbewerb auf. Denn wenn man Menschen zeigt, dass man sich für ihre Meinung wirklich interessiert, verändert sich deren Haltung zum Unternehmen und seinen Angeboten positiv. Dies wiederum schafft Verbundenheit und sorgt für den »Mein Baby«-Effekt. Und wer lässt schon gerne sein Baby im Stich?