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Frauenquote: Veränderungen im Top-Management?
Wenn mehr Frauen in Spitzenpositionen einziehen, dann ändert sich auch der Führungsstil, denn es geht nicht nur um Gleichberechtigung, sondern um Veränderung im Top-Management. Doch das will die Führungsliga nur ungern, deshalb wehrt sie sich auch so gegen die Frauenquote. Mentoring-Programme wären vielleicht eine sinnvolle Alternative.

        


 
as Wort »Frauenquote« hinterlässt einen schalen Nachgeschmack. Männer, die gnädigerweise ein Plätzchen oder zwei frei machen, »wenn es denn sein muss...«. Die meisten Frauen im obersten Führungsgremium sind übrigens im Personalwesen oder im Marketing zu finden; selten bis nie in den »Männerdomänen« wie Produktion, Verkauf, Logistik, Finanzen oder als CEO.

Wie kommen Männer eigentlich an die Führungsspitze? Karriere macht nicht primär, wer am besten qualifiziert ist, die beste Leistung erbringt, die beste Ausbildung hat, sondern sehr oft, wer sich politisch geschickt verhält und gut vernetzt ist. Je größer das Unternehmen, desto wahrer diese Beobachtung.

Wenn Frau Karriere machen will, heißt es »sie müsse die Spielregeln lernen, wenn sie mitspielen wolle«. Wie bitte? Seit wann ist Führung ein Spiel? Was hat das Einhalten von Spielregeln mit Karriere zu tun? Leider allzu oft alles.

Zwei Arten von Managern
Immer wieder erlebt man im Unternehmensalltag zwei Arten von Managern: Die einen pflegen ihre Netzwerke, bilden Seilschaften, kümmern sich um die Politik und vor allem darum, dass ihre Chefs möglichst unbehelligt bleiben von Problemen und Details des Tagesgeschäfts. Treffen sie überhaupt Entscheidungen, dann vorwiegend zuerst zum Nutzen der eigenen Karriere. Sie übernehmen ungern Verantwortung für das, was die Mitarbeiter unter ihnen machen und wollen gerade deshalb meist nichts von den Details wissen, auch darum gibt es die breite Schicht des mittleren Managements – vor allem je größer das Unternehmen. Sie agieren nur zu oft nach dem Motto: »Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus...«

Die anderen stellen das Wohl der Mitarbeiter in den Vordergrund. Sie stehen für ihre Leute ein, machen sich auch einmal nach oben unbeliebt, vor allem wenn sie Entscheidungen einfordern, die den oberen Chefs Verantwortung überträgt. Sie fordern und fördern, nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch die Geschäftsleitung. Sie entscheiden oft »unklug« in Bezug auf die eigene Karriere, aber meist zum Nutzen des Systems. Durch dieses Verhalten bleiben sie meist im mittleren Management stecken, denn durch ihre Art der Kommunikation sehen die oben auch schon mal »alt« aus.

Führung zeigt sich am Verhalten, vor allem im Kommunikationsverhalten. Bei den einen geht es mehr um Wettbewerb, Konkurrenz, Zweckopportunismus, mehr um einsame Entscheidungsfindung als um Kooperation. Bei den anderen geht es mehr um Solidarisierung, Übereinstimmung, Kooperation und die Beziehung wird auch schon einmal vor die Sache gestellt.

Hai oder Goldfisch
Zwei Symbole für diese Arten von Führungskräften könnten sein: Haifische versus Goldfische. Dabei ist der Kern des Problem das Wort »versus«. Denn beides ist wichtig, um gut zu führen. Unwichtig dabei ist es, ob wir von Frauen oder Männern sprechen – auch wenn es anscheinend mehr Frauen im Goldfischlager zu geben scheint.

Wenn Goldfische merken, dass sie im Haifischbecken gelandet sind und zu wenig »Biss« haben, dann haben sie zwei Möglichkeiten: aus dem Becken zurück ins Meer schwimmen oder sich anpassen. Im letzteren Fall legt sich der Goldfischtyp also mehr Biss zu und versucht mitzuspielen, ist also keine ernste Bedrohung. In beiden Fällen ändert sich nichts.

Frauenquote als Umweg zur Veränderung
Werden Frauen also per Frauenquote nach oben gehievt, dann werden sie entweder wenig ernst genommen oder sie passen sich an. Auf jeden Fall wird viel dafür getan, dass sich nichts an den alten Traditionen von Seilschaften und Politik verändert. Doch so lange werden die Menschen – egal ob Frauen oder Männer –, die eben »anders« ticken und wirklich etwas verändern würden und könnten, nicht im Top-Management Einzug halten. Nicht nur, weil sie nicht gefördert werden, sondern auch weil sie sich nicht so verhalten wollen, wie dies an der Spitze von den anderen verlangt wird.

Dennoch, der Ruf nach mehr Frauen in den Unternehmensspitzen ist der Ruf nach Veränderung. Die wird sich langfristig auch durch die Bemühungen um »Besitzstandswahrung« nicht verhindern lassen. Diese Art der Führungsspitze mit all ihren Auswüchsen im letzten Jahrzehnt ist überholt und wird sich darum verändern. Unabhängig davon, mit welchen Mitteln dafür oder dagegen gekämpft wird. Auch in der Wirtschaft gibt es Evolution.

Die Frauenquote ist vielleicht das im Moment einzige vorstellbare Mittel, um diese Evolution zu beschleunigen. Am Ende der Veränderung steht ein verändertes Führungs- und Kommunikationsverhalten. Und zwar eines, das beide Sprachen spricht – die des (gesunden) Wettbewerbs und der Kooperation.

Mentoren und Sparringpartner anstatt Quotenregelung
Für eine gute Führung braucht es beides. Das Konkurrenzdenken und die Solidarisierung. Systemtheoretisch würde es sehr viel Sinn machen, wenn die Menge an Goldfischen und Haifischen im Becken gleich groß wäre – denn beide tragen einen wichtigen Teil zum Erfolg bei. Ein Alternativprogramm zur Frauenquote könnte das Mentoring sein. Jeder Hai wird verpflichtet, einen Goldfisch als Sparringpartner ins Boot zu holen. Einer wirdder Mentor des anderen, so dass Entscheidungen unter mehr als nur einem einseitigen Gesichtspunkt getroffen werden.

Ohne Nutzen keine Veränderung. Ein solches Mentoring böte manchen Nutzen: ausgewogene Entscheidungen, Burnout und Stressreduktion im Top-Management, Familienzeit auch für Männer, gemeinsame Verantwortung und Zeit, um sich auch um Details zu kümmern, die für Entscheidungen wichtig sind. Sozusagen ein neues Führungsdesign – mit eingebautem Controlling und Assessment über Entscheidungen und Leistungen.

Natürlich sind das ungewohnte Gedanken. Vermutlich genauso ungewohnt war das Konzept der demokratischen Regierung für die amtierenden Herrscher in Europa zur Zeit der französischen Revolution, bevor sie geköpft wurden.

Neues Führungsdesign
Vertrauen entsteht durch das gemeinsame Arbeiten, dadurch festigen sich auch gesunde Beziehungen in einem neuen Führungsdesign.

Treffen sich also die zwei Arten von Managern und balancieren ihre Präferenzen und Sichtweisen aus, dann könnte das zur Beschleunigung dessen führen, was die Welt so dringend braucht: Ressourcenschonung vor Gewinnmaximierung. Die alten, ausgetrampelten Pfade der Manager sind passé. Die vergangenen Krisen haben es aufgezeigt, die unveränderte Haltung dieser Manager macht dies sehr deutlich.

Was seine Berechtigung verloren hat, wird sich ändern. Mit oder ohne Frauenquote.  

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