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Markenführung: Strategien gegen Namenwildwuchs
Wenn Namenwildwuchs bei Kunden für Verwirrung sorgt, gehört die Markenstrategie auf den Prüfstand. Ein strukturiertes Produktnamenportfolio ist nicht nur kundenorientierter – es vereinfacht auf lange Sicht auch die Arbeitsabläufe im Unternehmen.

        


 
iele Produktnamen, aber keine Namensstrategie, die für Transparenz und Ordnung sorgt: Mit diesem Problem kämpfen B2B-Unternehmen genauso wie Anbieter von Unterhaltungselektronik, Hersteller von Haushaltsgeräten oder Banken und Versicherungen. Das Produktsortiment wächst und wächst – und mit jeder neuen Neuentwicklung stellt sich die Frage nach einer geeigneten Produktbezeichnung.

Besonders wenn viele Namen gefunden werden müssen, fällt die Antwort oft pragmatisch-sachlich aus. Das Produkt wird mit einer Zahlen-Buchstaben-Kombination oder einer technischen Beschreibung versehen. Der Haken: Sortimente wachsen meist nicht linear. Welchen Namen soll etwa eine Produktneuheit erhalten, die nachträglich zwischen zwei alphanumerisch bezeichneten Produkten positioniert wird? Dann muss improvisiert werden. Und spätestens wenn das Sortiment auf mehrere Produktlinien mit hunderten von Produkten angewachsen ist, geht jede Logik verloren.

Und dies hat weitreichende Konsequenzen:
:: Drohende Umsatzeinbußen: Wegen der mangelnden Transparenz fällt es Kunden zunehmend schwer, sich innerhalb der Sortimente zu orientieren und für sich die optimale Produktauswahl zu treffen. Mangelnde Kundenorientierung führt zu Kundenverlusten.
:: Steigende Kosten: Namen, die kaum noch Rückschlüsse auf die Anwendungsfelder der Produkte zulassen, müssen erklärt werden. Die Kosten für die Markenkommunikation steigen. Auch müssen Unternehmen zunehmend Zeit in die persönliche Beratung ihrer Kunden investieren.
:: Nachlassende Wettbewerbsfähigkeit: Intransparente Produktnamen verwässern die Dachmarke und machen es dem Kunden schwer, das gewünschte Produkt dem Unternehmen zuzuordnen. Der Innovationsgrad des Produkts bleibt unerkannt, stattdessen wird es als beliebig und austauschbar empfunden.
:: Interne Diskussionen: Immer neue Produkte müssen benannt werden. Nur wie? Fehlt die Strategie, gehen Stunden über Stunden kostbarer Arbeitszeit für nicht-zielführende Namensdiskussionen verloren.

Wege aus dem Wirrwarr
Eine in sich konsistente Namenssystematik schafft Abhilfe. Die vorhandenen Namen werden analysiert, strukturiert und – soweit erforderlich – bereinigt und umbenannt. Definiert werden muss auch, welche Produkte in Zukunft Namen erhalten sollen und nach welchem Namensbildungsmodell diese zu entwickeln sind. Zu klären sind u. a. diese Fragen:

:: Wie kann das bestehende Markenportfolio logisch neu strukturiert und bereinigt werden?
:: Welche Namen werden beibehalten, welche müssen umbenannt werden?
:: Wie verfährt man mit sehr bekannten Produktnamen, die sich nicht in die neue Logik einfügen?
:: Sollen neue Produkte unter einer Dachmarke zusammengefasst werden oder sollen sie jeweils einen neuen Namen erhalten?
:: Wann bieten sich deskriptive Gattungsbegriffe an? In welchen Fällen stellen eigenständige Namen die bessere Wahl dar?
:: Ab wann ist eine Namensgebung überhaupt erforderlich? Für welche Produkte bieten sich Zahlen als Benennungsmöglichkeit an?

Entscheidend für den Projekterfolg sind mehrere Faktoren. Insbesondere der Zeitbedarf wird häufig unterschätzt – er ist beträchtlich. Die Entwicklung einer Namenssystematik kann mehrere Monate, aber auch mehrere Jahre in Anspruch nehmen – abhängig von den Innovationszyklen und dem Umfang des Produktprogramms. Das Timing bis zur Einführung der Namenssystematik darf daher nicht zu eng gesteckt sein. Wichtig ist außerdem die Wahl des Projektteams. Neben dem Marketing, Vertretern der Fachabteilungen und Juristen sollte in jedem Fall auch die Geschäftsleitung von Anfang an beteiligt werden.

Erfolgsbeispiel einer Namenssystematik
Wie man ein derartiges Projekt richtiges angeht, hat die die Trumpf Gruppe mit Hauptsitz in Ditzingen bei Stuttgart bereits im Jahr 2004 vorgemacht. Mit rund 6.500 Mitarbeitern an 43 Standorten in 23 Ländern gehört sie weltweit zu den führenden Unternehmen in der Fertigungstechnik. Das Familienunternehmen ist Technologie- und Weltmarktführer bei industriellen Lasern und Lasersystemen und auf internationaler Ebene zudem einer der größten Anbieter von Werkzeugmaschinen. Außerhalb Europas ist die Marke Trumpf besonders stark in Amerika und in Asien positioniert. Trumpf steht für innovative, kundenorientierte Komplettlösungen auf Premium-Niveau. Dieser hohe Anspruch kam durch das vorhandene Namensportfolio aus Unternehmenssicht nicht ausreichend zur Geltung.

Das umfangreiche Produktsortiment war im Laufe von Jahrzehnten kontinuierlich gewachsen – und mit ihm die Anzahl der Bezeichnungen für Maschinen, Laser, Programmiersysteme, Werkzeuge und Zubehörteile. Am Ende ließen die Namen kaum noch Rückschlüsse auf die Anwendungsfelder der Produkte zu, so dass es für die Kunden zunehmend schwierig wurde, sich innerhalb der unterschiedlichen Sortimente zu orientieren und die optimale Produktauswahl zu treffen. Deshalb stellte man die alten Produktbezeichnungen auf den Prüfstand. Folgende Ziele wurden definiert: Das neue Namenssystem sollte eine logische Struktur aufweisen und sowohl in markenrechtlicher als auch in sprachlich-kultureller Hinsicht weltweit einsatzfähig sein. Ein weiteres wichtiges Kriterium war die Erweiterbarkeit der Struktur im Falle zukünftiger Produktentwicklungen. Zudem sollte jedes Produkt durch seinen Namen eine direkte Beziehung zur Dachmarke Trumpf herstellen.

Am Ende des rund zweijährigen Restrukturierungsprozesses stand ein übersichtliches und bis heute flexibel erweiterbares Namenssystem, das nach dem Muster Marke + Technologie + Leistungsklasse = TruName auf alle Produktfelder angewandt werden kann: Werkzeugmaschinen, Lasertechnik, Automatisierungskomponenten, Software, Werkzeuge, Werkzeugzubehör etc. Die Marke wird dabei immer mit »Tru-« gekennzeichnet, dann folgt die Technologie. Im Werkzeugmaschinenbereich sind dies die Verfahren: TruPunch (Stanzen), TruBend (Biegen), TruLaser. Im Bereich des Lasersortiments bestimmt der Strahlenquellentypus die Bezeichnung: TruFlow, TruCoax, TruDisc. Komplettiert wird jeder Name durch eine Zahl, der die Leistungsklasse des jeweiligen Produkts kennzeichnet.

Fazit: Die Entwicklung einer Namenssystematik ist zweifellos ein Kraftakt, doch der Aufwand lohnt sich. Eine klare und übersichtliche Namensgebung sorgt für Transparenz im Sortiment und schafft Orientierung. Davon profitieren nicht nur die Kundenbeziehungen. Auch interne Prozesse lassen sich damit erheblich einfacher gestalten. Klare Standards vereinfachen die Herleitung von neuen Namen und reduzieren die häufig auftretenden subjektiven Diskussionen über die Namenswahl auf ein Minimum. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch Kosten für aufwändige und vielfach überflüssige Recherche- und Eintragungskosten.