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Entseelte Arbeit als Ursache für Burn-out
Stress im Beruf belastet langfristig nicht nur den Körper, sondern auch die Psyche des Menschen. Gerade am Arbeitsplatz ist der Erfolgs- und Zeitdruck oft enorm. Paradox daran ist: Je höher die Belastungen von außen, desto weniger Zeit nimmt man sich für die Erholung und Regeneration.

        


 
ird der Druck im Alltag zu groß, können andauernde seelische und körperliche Erschöpfungszustände eine Folge sein. Im Volksmund häufig »Burn-out« genannt. Früher galten hauptsächlich Menschen in helfenden Berufen als besonders gefährdet. Heute weiß man, dass es jeden treffen kann. Untersuchungen von Krankenkassen und Berufsverbänden ergaben, dass zwanzig bis dreißig Prozent der Bürger mindestens einmal in ihrem Leben von Folgeerkrankungen des Burn-out betroffen sind – und das gleich welcher Berufssparte.

Gerade in schwierigen Zeiten werden die Belastungen am Arbeitsplatz noch größer, oft muss mehr Arbeit von weniger Mitarbeitern bewältigt werden. Auch der stärker werdende Wettbewerb am Markt, Konkurrenzdruck im Unternehmen und hoch gesteckte persönliche Ziele führen zu steigender körperlicher und psychischer Belastung. Und das nicht nur bei Arbeitnehmern, sondern auch bei Arbeitgebern, da diese zudem den Druck verspüren, ihr Unternehmen zu stabilisieren und die Arbeitsplätze ihrer Mitarbeiter zu sichern. Die Folgen daraus können Versagensängste, Angst vor Arbeitsplatzverlust und Insolvenz und die Angst, den Lebenssinn zu verlieren, sein.

Medizinische Untersuchungen ergaben, dass Ängste erheblich das psychische Gleichgewicht stören und direkten Einfluss auf das Immunsystem, das Herz-Kreislaufsystem und die Leistungsfähigkeit haben. Außerdem haben sich die Bedingungen in der Arbeitswelt dramatisch geändert. Wir müssen uneingeschränkt mobil sein, flexibel auf die sich ständig ändernden Bedingungen im Arbeitsumfeld reagieren und ständig erreichbar sein. Zudem sollen wir immer auf dem aktuellen Wissenstand sein und müssen die immer größer werdende Flut an Informationen bewältigen und das Wesentliche herausfiltern. Im mittleren Management wird auch der Konkurrenzkampf immer härter. Eine folgenreiche Änderung ist auch, dass bedingt durch Fusionen, Firmenkonkurse oder häufigen Arbeitsplatzwechsel die Kontinuität des Arbeitsumfeldes, der Abteilung oder Firma stark abnimmt.

Work-Life-Balance als Lösung?
In vielen Fällen wird eine ausgewogene Work-Life-Balance als Lösung aufgeführt, doch macht dieser Begriff überhaupt Sinn? Die Wortschöpfung »Work-Life-Balance« beschreibt das Dilemma gut, in dem wir uns befinden. Wir haben immer das Gefühl, dass die Arbeit belastend ist und das Freizeitleben zu kurz kommt. Im Grunde geht es aber nicht darum, dass wir neben der Arbeit auch ein tolles Freizeitleben haben, sondern wir sollten vielmehr unsere Arbeitsprozesse lebenswert gestalten, sodass wir keine Unterscheidung mehr machen müssen. Der Begriff geht davon aus, dass Arbeit und Leben zwei gegensätzliche Pole sind. Fakt ist aber, dass wir die meiste Zeit unseres Lebens auf der Arbeit verbringen. Somit ist Arbeit ein Teil des Lebens und kann deshalb auch nicht balanciert werden. Viel wichtiger ist, dass unsere Arbeit sinnvoll ist. Denn dann machen wir sie gerne und empfinden sie selten als Belastung.

Denn Burn-out ist also nicht immer die Folge von zu viel Arbeit, sondern von zu viel »entseelter« Arbeit. Verspüre ich in meiner Arbeit Sinn und korrespondiert sie mit meinen inneren Werten, dann kann ich oft viel arbeiten, ohne auszubrennen. Sind jedoch die Arbeitsbedingungen eher schlecht wie z. B. keine genaue Aufgabenverteilung oder ein schlechtes Klima im Unternehmen oder verspüre ich keinen tieferen Sinn, dann kann die Arbeit zur Belastung werden. Ein anderer Punkt ist das Thema der Selbstaktualisierung. Das bedeutet, dass der Mensch das Gefühl haben möchte, Dinge beeinflussen zu können. Das Gefühl fremdbestimmt zu sein und keinen Gestaltungsspielraum zu haben, führt viele Menschen an die eigenen Grenzen. Deshalb ist es für Führungskräfte so wichtig, den eigenen Mitarbeitern Gestaltungsspielräume zu lassen.

Wichtig ist aber, dass wir unsere Grenzen kennen, denn durch das Überangebot an Optionen fehlt uns manchmal die innere Orientierung zu erkennen, was will ich und was nicht. Hier können wieder die eigenen Werte eine Orientierung geben. Die Entfremdung von den inneren Werten und die Orientierung an äußeren Werten wie Geld, Macht, Erfolg und Status bringen die Menschen aus der therapeutischen Erfahrung heraus öfter an die eigenen Grenzen als die tatsächliche Arbeitsbelastung.

»Achtsamkeit« als Schlüssel zur Früherkennung
Kurzzeitige Erschöpfung in Form von Müdigkeit oder Lustlosigkeit ist nicht immer eine Folge von Burn-out, da dies zunächst eine ganz normale Reaktion des Körpers auf zu viel Belastung ist. Dieser Erschöpfungszustand verschwindet in der Regel wieder, wenn eine regelmäßige Abwechslung zwischen Anspannungs- und Erholungsphasen stattfindet. In der immer schneller werdenden Arbeitswelt gehen diese Erholungsphasen teilweise verloren, ein Projekt jagt oft gleich das nächste und man hat kaum Zeit zum Verschnaufen.

Dauert der Spannungszustand der inneren Erschöpfung längere Zeit an, gibt es gewisse Symptome, die auf ein Burn-out hindeuten können. Körperliche Indikatoren für eine beginnende Erkrankung sind Schlafschwierigkeiten, Veränderungen im Appetitempfinden, steigendes Verlangen nach Alkohol und Nikotin, körperliches Missempfinden wie chronische Muskelverspannung, Magen- und Verdauungsprobleme, Herz- und Kreislaufprobleme, Müdigkeit. Im seelischen Bereich sind das anhaltende und sich wiederholende depressive Stimmungen, diffuse Ängste und Rückzug von Freunden und Familie.

Achtsam mit dem eigenen Körper und der Psyche umzugehen und die eigenen Bedürfnisse zu kennen, ist ein entscheidender Aspekt der Prävention, um Warnsignale zu erkennen. Gerade in turbulenten Phasen der Unternehmensentwicklung ist es schwierig, diese Achtsamkeit aufrechtzuerhalten. Für die Arbeitgeber besteht neben der Selbstbeobachtung die zweite Schwierigkeit darin, auch auf die eigenen Mitarbeiter zu achten und Warnsignale bei ihnen zu erkennen.

Burn-out verläuft phasenartig
Um bei sich selbst das »Ausbrennen« zu verhindern, sollte man auch um den phasenartigen Verlauf der Erkrankung wissen, denn Burn-out ist ein schleichender Prozess. Einem Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik gehen in der Regel vier bis sieben Jahre Entwicklungsgeschichte der Symptomatik voraus. In der ersten Phase ist eine Überaktivität der betroffenen Person zu erkennen, die sich in übertriebenem Engagement, einem Gefühl der eigenen Unentbehrlichkeit, einem überhöhten Bedürfnis nach Anerkennung und der Verleugnung der eigenen Bedürfnisse ausdrücken kann. Darauf folgt eine zweite Phase mit reduziertem Engagement, die mit einem emotionalen, geistigen und verhaltensmäßigem Rückzug von der Arbeit und der sozialen Umwelt einhergeht. Während der dritten Phase kommt es schließlich zu einem tatsächlichen Abbau der Leistungsfähigkeit, der sich in Konzentrationsschwäche, Desorganisation, Entscheidungsunfähigkeit und verringerter Eigeninitiative niederschlägt. Dem folgt dann viertens die Phase der Verzweiflung, ab der spätestens eine psychotherapeutische Behandlung ambulant oder stationär zu empfehlen ist.

Prävention am Arbeitsplatz
Damit es gar nicht erst zu einer dauerhaften Erschöpfung kommt, ist eine Burn-out-Prävention am Arbeitsplatz z. B. durch ein betriebliches Gesundheitsmanagement sinnvoll. Zudem hat jeder Arbeitnehmer auch eine Verantwortung für sich selbst. In der Prävention von Burn-out, steht die Einheit von »Körper, Seele, Geist« im Fokus der Arbeit. Dabei kann auch ein Coaching helfen, bei dem gezielt an der Fähigkeit der Selbststeuerung gearbeitet wird. Das bedeutet zunächst die Sensibilisierung der Selbstwahrnehmung, das Erkennen der persönlichen Belastungsfaktoren, die aktive Veränderung von Verhaltensmustern und Einstellungen und schließlich der Transfer in den beruflichen Alltag.

Gelingt es einem etwa, sich in einer verfahrenen Konfliktsituation innerlich davon zu distanzieren und sie im Kontext größerer Zusammenhänge wahrzunehmen, sind Lösungen leichter zu erkennen. Auch das »Nein-Sagen-Lernen« gehört zu einer aktiven Burn-out-Prävention. Sich in seiner Freizeit auch einer sinnvollen Aufgabe zu widmen und die sozialen Kontakte zu pflegen hilft zusätzlich, den Lebenssinn nicht nur in der Arbeit zu suchen. Gerade karriereorientierte Menschen scheitern häufig daran. Auch Seminare zur Teamentwicklung und zum Konfliktmanagement zeigen Lösungsansätze auf.