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Von der Sozialen zur Nachhaltigen Marktwirtschaft
Die Soziale Marktwirtschaft gibt die deutsche wirtschafts- und gesellschaftspolitische Realität nicht mehr zutreffend wieder. Es braucht eine Erweiterung: Neben Ökonomie und Soziales muss die Ökologie als dritte Säule treten.

        


 
on der Sozialen zur Nachhaltigen Marktwirtschaft – es geht um die konsequente Weiterentwicklung einer tradierten politischen Dachmarke. Die Soziale Marktwirtschaft als unser deutsches Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell hat sich in den vergangenen fast siebzig Jahren bestens bewährt. Aber sie stammt aus einer anderen Zeit. Primär ging es den Vätern der Sozialen Marktwirtschaft gegen Ende der 40er Jahre des letzten Jahrhunderts darum, die Eingriffe des Staates in die Wirtschaft auf ein sinnvolles Maß zu reduzieren und das kapitalistische Profitstreben sozial verantwortlich auszubalancieren. Das hat gut funktioniert und – insbesondere in der Phase des Wiederaufbaus – eine Menge an Motivation freigesetzt sowie wirtschaftliche und gesellschaftliche Stabilität und allgemeinen Wohlstand hervorgebracht.

Mit der Sozialen Marktwirtschaft wurde Ökonomie und Soziales zusammengedacht. Spätestens seit dem Brundtland-Report (1987) wird der Ökonomie und dem Sozialen eine dritte Säule, die Ökologie, gleichwertig zur Seite gestellt, um die Lebensgrundlagen auch zukünftiger Generationen zu sichern. Der Schutz der menschlichen Lebensgrundlagen auf unserem endlichen Planeten folgt dabei dem Prinzip der Nachhaltigkeit. »Nachhaltigkeit ist das Leitprinzip für das Regierungsentscheiden und -handeln«, sagt die Bundeskanzlerin. Weil dies so ist, ist die Soziale Marktwirtschaft im Laufe der letzten Jahrzehnte zu »eng« geworden und gibt die deutsche wirtschafts- und gesellschaftspolitische Wirklichkeit schon seit Längerem nicht mehr vollumfänglich wieder.

Die Soziale Marktwirtschaft muss um das Ökologische erweitert werden. Diese dritte Säule darf aber nicht bloß additiv hinzugefügt, sondern muss unter dem Dach der Nachhaltigkeit voll zu einem 3-Säulen-Modell integriert werden. Das Ökonomische, das Soziale und das Ökologische tragen gewissermaßen die Nachhaltigkeit. Und eine Bezeichnung für dieses neue erweiterte Konzept sollte schließlich auch das ihm innewohnende fundamentale Prinzip der Nachhaltigkeit explizit zum Ausdruck bringen. Also braucht es zu dem »Transformative Shift« noch einen »Title Swap«: Von der Sozialen zur Nachhaltigen Marktwirtschaft.

Global hat sich die Menschheit – mit der Agenda 2030 (mit den 17 SDGs Sustainable Development Goals⁄Zielen zur Nachhaltigen Entwicklung) vom 27.9.2015 und dem Klimaübereinkommen von Paris vom 12.12.2015 – viel vorgenommen. Wenn etwas alternativlos ist, dann ist es dieser Prozess, der in den Folgejahren (2016 – 2018) weiter konkretisiert worden ist und wird.

Niemand muss befürchten, dass mit der Nachhaltigen Marktwirtschaft die sozialen Errungenschaften unseres Landes angetastet würden. Alles, was in der Sozialen Marktwirtschaft richtig gut war, bleibt in der Nachhaltigen Marktwirtschaft richtig und gut. Allerdings rückt die Bewahrung der Lebensgrundlagen der Menschheit auf unserem endlichen Planeten verstärkt in den Vordergrund, in den Fokus. Weil die Nachhaltige Marktwirtschaft auch den Ressourcen-, Umwelt- und Klimaschutz sowie den Erhalt der biologischen Diversität mit einbezieht, ist sie zwar nicht mehr anthropozentrisch, aber bleibt doch anthroporeferentiell, das heißt der Mensch steht zwar nicht mehr allein im Mittelpunkt des Geschehens, aber es geht weiterhin stets um das Wohl dieser Spezies. Nachhaltigkeit bezieht sich per constructionem auf den Menschen. Zudem setzt Nachhaltigkeit ein hoch entwickeltes menschliches Bewusstsein voraus. Ohne diesen Bezug auf den Menschen wäre Nachhaltigkeit irrelevant.

Mit dem Übergang von der Sozialen zur Nachhaltigen Marktwirtschaft wird die Soziale Marktwirtschaft keineswegs grundsätzlich verworfen, sondern eben lediglich durch die Integration der Ökologie (neben der Ökonomie und dem Sozialen...) zu einer Nachhaltigen Marktwirtschaft erweitert. Nicht die Marktwirtschaft hat in der Vergangenheit gelegentlich versagt und ist deswegen in die Kritik geraten, sondern es waren die Marktteilnehmer, eigentlich wir alle, die in ihrer Gesamtheit den Markt⁄die Märkte ausmachen. Inzwischen ist dies erkannt und allgemein akzeptiert. In sehr vielen Unternehmen ist »Nachhaltigkeit« längst Chefsache. Und auch, was das Konsumverhalten anbetrifft, denken und leben die Menschen inzwischen deutlich nachhaltiger... Zudem hat sich eine Nachhaltigkeitsethik in der Wirtschaft, in der Politik sowie im Alltag der Menschen – zumindest in den meisten Zivilgesellschaften – als oberstes Leitprinzip durchgesetzt. Parteiübergreifend existiert in unserem Land diesbezüglich Konsens. Damit ist im Grunde der Weg von der Sozialen zur Nachhaltigen Marktwirtschaft klar vorgezeichnet... Es braucht nun allerdings den politischen Mut, den anstehenden Title Swap auch noch zu vollziehen. Aber wir sollten schon immer die Dinge beim richtigen Namen nennen.  

Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in Wolfgang Viewegs Buch Nachhaltige Marktwirtschaft. Eine Erweiterung der Sozialen Marktwirtschaft.
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