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Elaine Biech:
Unternehmensberater werden und bleiben

ISBN: 3931085325
Erscheinungsjahr: 2003
Rosenberger Fachverlag

 

Alan Weiss:
Getting Started in Consulting

ISBN: 0471384550
Sprache: Englisch Erscheinungsjahr: 2004
John Wiley & Sons Inc

Guerillas und Konventionelle - Einsteigen in die selbständige Unternehmensberatung

        


 
ücher mit Ratschlägen für Existenzgründer – insbesondere solche, die sich auf dem Gebiet der Unternehmensberatung selbständig machen wollen – sind überreichlich auf dem Buchmarkt vorhanden. Kein Wunder, winken doch scheinbar in diesem Berufszweig große Verdienstmöglichkeiten bei geringen Anfangsinvestitionen. Aus der Vielzahl dieser Bücher seien zwei exemplarisch herausgegriffen. Vor allem geht es darum, zu zeigen, wie verschiedenartig die Ratschläge sind, die der Existenzgründer aus Büchern dieser Art beziehen kann. Inwieweit ist ein ge-»glückter« Start in die selbständige Beratertätigkeit wirklich Glückssache – angesichts der teilweise verwirrenden Vielfalt an widersprüchlichen Ratschlägen?

Betreiben Sie keine Kaltakquise. Leistungen von Beratern, die sich und ihre Dienstleistungen anbieten wie ein Verkäufer irgendwelche preiswerte Massenware, werden niemals in Anspruch genommen werden. Sie müssen Ihr Image als Experte aufbauen und ein Umfeld erschaffen, in welchem potentielle Kunden von sich aus auf Sie zukommen.«

Dies rät Psychologe Dr. Alan Weiss den Lesern seines Buches. Weiss ist selbst Unternehmensberater, arbeitet seit über fünfzehn Jahren allein von zu Hause aus und ist damit anscheinend sehr erfolgreich. In seinem Buch schlägt er einen kompletten Fahrplan für den Start in die Laufbahn als freier Unternehmensberater vor. Es ist ein sehr gutes Buch, wenn man berücksichtigt, dass es in den USA für den dortigen Markt erschienen ist. Die Kapitel über mögliche Rechtsformen, Berufsverbände etc. kann der deutsche Leser daher übergehen. Aber - selbst wenn nicht jeder Ratschlag eins zu eins umsetzbar ist, lohnt sich die Lektüre – welche auch sehr unterhaltend ist - schon der Denkanstöße wegen.

Der Autor provoziert den Leser in fast jedem Kapitel. Wer vorhatte, ein Büro zu mieten, Broschüren drucken zu lassen und dann der Reihe nach potentielle Kunden abzuklappern, wird eines Besseren belehrt. Weiss setzt auf einen äußerst sparsamen Umgang mit dem Eigenkapital (lieber einen Raum in der eigenen Wohnung abzweigen statt Büromiete zahlen) und betont dafür die Wirkung, die Artikel (er beschreibt, wie man sie beim Redakteur unterbringt), Networking (der Autor beschreibt, wie man es richtig macht), Mitgliedschaft in Wirtschafts- und Berufsfachverbänden (es gibt einige Absätze darüber, wie man daselbst in den Vorstand gelangt), Vorträge und vieles mehr haben. Außerdem gibt es einige sehr nachahmenswerte Vorschläge für die Gestaltung von Marketingmaterial.

Weiter geht es direkt mit der Kundenbeziehung und einer ungewöhnlichen Methode, die Honorare zu berechnen. Es gibt Ratschläge für die Gesprächsführung, für den Umgang mit »Wächtern« und »Bremsern« (also Sekretären, Buchhaltern etc.) und für die Abfassung von Angeboten; diese Kapitel gehören zu den interessantesten des Buches. Zwischen ihnen und den Kapiteln über das Marketing klafft jedoch eine Lücke.

Sicher, nach Ansicht des Autors ist dort keine Lücke vorhanden. Schließlich rät er dem Leser ja, keine aktive Akquise zu betreiben. Was man indessen tun soll, wenn alle Artikel, Kurse, Kontakte etc. einem keine Anfragen in ausreichender Menge eingebracht haben, wird nicht verraten. Der Ansatz zur Kundengewinnung klingt zwar wunderbar einfach, wird aber wohl nicht bei jedem funktionieren. Meiner Ansicht nach funktioniert er überhaupt nur dort einigermaßen sicher, wo man für einen breiten Kreis potentieller Kunden ein Produkt mit relativ hohem »Aufmerksamkeitswert« liefern kann. Dies könnte z. B. ein neuer Ansatz in der Fortbildung der Vertriebsmannschaft sein, welcher eine höhere Rate der Neukundengewinnung verspricht, oder Umstrukturierungen, die versprechen, die Mobbing-Rate zu drücken. Ausreichend Manager werden sich hoffentlich für derartiges interessieren. Vielleicht nicht unmöglich, aber bedeutend schwieriger wird es für die technischen Berater (z. B. Informationstechniker oder Naturwissenschaftler/Ingenieure), ihre Dienstleistungen auf diese Weise unterzubringen. Ganz zu schweigen von denjenigen, die zwar wunderbar Schnittstellen einrichten und Energiesparmaßnahmen einführen können, aber keinen Artikel zustande bringen, der - sozusagen - selbsttätig verkauft.

So gut mir das Buch gefallen hat – ich habe viele der Ratschläge darin umgesetzt – so ist es doch allein zu wenig für einen Start im Beratungsgeschäft. Wer noch gar kein Geschäft hat, wird sich schwer damit tun, aus dem Stand einen Selbstläufer zu erzeugen und ohne jede »Fußarbeit« – also direkte, aktive Kundenkontakte – Aufträge zu erhalten.

Elaine Biech, Gründerin und Präsidentin einer US-amerikanischen Beratungsfirma für Personalentwicklung mit mehreren Niederlassungen, betont dagegen in ihrem Buch die »Fußarbeit«. Biech verfolgt einen wesentlich konventionelleren Ansatz als Weiss – und bringt eine pessimistischere, kritische Einstellung zum Ausdruck. Das ist an und für sich nicht schlecht. Ihrer Meinung nach gibt es viele falsche Vorstellungen vom Beratungsgeschäft, unter anderem die, im Bademantel von zu Hause aus Millionen zu verdienen bei einer Wochenarbeitszeit von etwa zwanzig Stunden. Konsequent geht die Autorin daran, die Interessenten für eine diesbezügliche Karriere vorzuselektieren.

Das Buch enthält z.B. Fragebögen zur Selbsteinschätzung »Ist die Beratertätigkeit das richtige für Sie?«. Vermutlich fällt es den meisten Lesern aber schwer, Fragen der Art »Ich verstehe mich bestens aufs Kommunizieren« oder »Ich kenne meine Grenzen« zu bejahen oder zu verneinen. Die notwendigen Eigenschaften eines Beraters werden detailliert besprochen, weiter geht es mit Kapiteln zur Honorarbestimmung, die Formalismen der Geschäftsgründung, Marketing, dem Kunststück, liquide zu bleiben, der Klientenbeziehung sowie der Ausweitung des Geschäftes. Das Buch enthält viele Text- und Tabellenmuster, welche auf einer CD-ROM beigegeben sind.

Wie bereits erwähnt, verfolgt Elaine Biech einen durch und durch konventionellen Ansatz, mit Schwerpunkt auf der Personalentwicklung. Nichts in diesem soliden, professionellen Buch erscheint auf irgend eine Weise neu. Die Marketing-Maßnahmen erfordern wesentlich mehr Geld als die von Weiss vorgeschlagenen und halten eine Druckerei in Brot und Arbeit. Das Honorar wird im Stundensatz aufgeschlüsselt, so wie allgemein üblich. Angebots- und Vertragsmuster kommen dem Leser bekannt vor (hier gibt es zugegebenermaßen ohnehin kaum Spielräume).

Die positiven Seiten dieses Buches: Man lernt bei der Lektüre recht genau, wie die Standards im Beratungsgeschäft sind, also wie es alle machen. Gleich ob das sinnvoll ist oder nicht – es ist für Einsteiger in dieses Geschäft immer interessant. Weiterhin fand ich das Kapitel über Erstkontakte mit Kunden (mit Musterschreiben) sehr hilfreich – also die von Weiss verschmähte aktive Neukundengewinnung. Biech schreibt über Themen wie »Ethik der Beratung«, Weiterbildung und darüber, was Professionalität eigentlich genau ist. Das sind Themen, die man nicht in jedem anderen Buch zum Thema findet.

Die negative Seite dieses Buches: Es ist im Grunde eine entmutigende Lektüre. Es setzt die Standards sehr hoch an. Man spürt, dass diese Autorin ein Geschäft von größeren Dimensionen betreibt, und ein guter Teil der Ratschläge, der Vorgehensweisen wirken etwas einschüchternd. Dennoch ist die Lektüre nur zu empfehlen, ob als Gegengewicht zu dem Buch von Weiss, oder für alle diejenigen, die nicht den Hang zu unkonventionellen Vorgehensweisen haben.