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Paul R. Lawrence, Nitin Nohria:
Driven. Was Menschen und Organisationen antreibt

ISBN: 3608942394
Erscheinungsjahr: 2003
Klett-Cotta

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aul R. Lawrence und Nitin Nohria brauchen keine Laborexperimente, um menschliches Verhalten zu erforschen. Ihre Petrischale ist die Arbeitsorganisation, die ihrer Meinung nach einen äußerst ergiebigen Ort für die Erforschung menschlichen Verhaltens darstellt, bedenkt man, wie viel Zeit Menschen in Organisationen verbringen und welche Bandbreite verschiedener Verhaltensweisen sie dort an den Tag legen.

Das Ziel ihrer Forschungen ist ein Modell der Natur, das die Erkenntnisse verschiedenster Forschungsrichtungen vereinigt. Die Autoren haben die Erkenntnisse von Evolutionsbiologen, Psychologen, Anthropologen, und Ökonomen miteinbezogen. Zudem fließen auch Arbeiten von Neurowissenschaftlern, Neurologen, Archäologen, Paläontologen, Historikern, Philosophen und Linguisten in die Arbeit mit ein.

Die beiden Professoren für Organisationsverhalten an der Harvard Business School untersuchen in Driven die allgemeinen Antriebskräfte, die menschliches Verhalten formen und zeigen, wie diese entstehen. Das Buch diskutiert, welche Errungenschaften diese Antriebskräfte im Laufe der Evolution des Menschen hervorgebracht haben und wie diese Kräfte nach wie vor in kleinen als auch in großen Gruppen aktiv sind.

Das moderne menschliche Wesen ist – physisch, mental und in seinem Verhalten - ein Produkt des natürlichen Selektionsprozesses und sein Gehirn dient als Rechenwerkzeug, das durch ständige Fortentwicklung zu Fortschritten im Werkzeugbauen, der Anwendung von Sprachen sowie zu höherer Komplexität sozialer Gruppen beitrug. Daraus leiten die Autoren vier allgemeine Triebe ab, die nahezu jedes menschliche Verhalten – unabhängig von Kultur, Rasse, Religion oder anderen Faktoren - erklären können:

:: Der Erwerbstrieb bringt Menschen dazu, »wertvolle« Gegenstände und Erfahrungen zu suchen, zu sammeln, zu beherrschen und zu bewahren. Der Evolutionsprozess hat Menschen mit diesem Trieb begünstigt, weil der Erwerbstrieb die Grundbedürfnisse Nahrung, Schutz und Sexualität befriedigt und dadurch die Überlebenschancen verbessert.

:: Menschen haben ein angeborenes Bedürfnis, soziale Kontakte zu knüpfen und sich in gegenseitigen, fürsorglichen Beziehungen zu engagieren. Durch den Bindungstrieb können äußere Bedrohungen abgewehrt werden.

:: Der Lerntrieb veranlasst den Menschen dazu, seine angeborene Neugier zu befriedigen. Menschen wollen erkennen und begreifen, glauben und verstehen und mit Hilfe eines Reflexionsprozesses zu Deutungen oder Repräsentationen ihrer Umwelt und ihrer selbst gelangen.

:: Der Evolutionsprozess ließ nur denjenigen überleben, der seine Kernfamilie, seinen Besitz und vor allem sich selbst erfolgreich verteidigen konnte. Im modernen Leben wird dieser Verteidigungstrieb zusehends auf immaterielle Werte wie Beziehungen und Wertvorstellungen ausgedehnt.

Um in der Evolution erfolgreich zu bestehen, ist es nicht ausreichend, einen dieser Triebe allein ausgeprägt zu haben, es kommt vielmehr auf die Ausgewogenheit der Triebe an. Die richtige Balance der Antriebskräfte menschlichen Verhaltens macht nicht nur einzelne Menschen, sondern auch ganze Kulturen, Gesellschaften, Länder und Organisationen erfolgreich. Hier können Führungsverantwortliche wertvolle Erkenntnisse etwa über die Kommunikation in Gruppen oder die Gestaltung von Arbeitsplätzen gewinnen.

So ist das Bemerkenswerte dieses Buches weniger in der Beschreibung eines Antriebsmodells für individuelles menschliches Verhalten zu sehen. Interessant ist vielmehr die Erklärung, wie diese auf individueller Ebene wirkenden Kräfte Einfluss auf Gruppen, Organisationen oder sogar größere ökonomische Systeme ausüben. Die beiden Autoren meinen etwa, dass der Unterschied zwischen ökonomischem Erfolg und Misserfolg sowie zwischen einer aussichtsreichen und einer trostlosen Zukunft unserer Welt darin begründet ist, wie gut wir unsere vier grundsätzlichen Antriebskräfte verstehen und an die jeweilige Situation anpassen können.

Im Nachwort gestehen Paul R. Lawrence und Nitin Nohria ein, dass die Vier-Triebe-Theorie nicht empirisch bestätigt ist; jedoch geben sie Anregungen für Studien, um einen Ausgangspunkt für künftige empirische Untersuchungen (auf individueller Ebene, auf Organisationsebene und auf kommunaler Ebene) zu liefern, die zur Bestätigung oder Widerlegung der Vier-Triebe-Theorie beitragen können.

Die in Driven dargelegte Theorie ist durch die Ausgewogenheit zwischen wissenschaftlich-akademischem Anspruch und Praxisrelevanz für den Leser leicht nachvollziehbar. Die theoretischen Teile werden durch viele Praxisbeispiele veranschaulicht. Zum Beispiel erklären die Autoren mit Hilfe von Fallstudien wie den umfangreichen Analysen von General Motors und Hewlett-Packard oder dem Beispiel von Russland und Irland, wie man die Theorie auf konkrete Situationen anwenden kann.

Das Buch bietet wertvolle Einblicke in die Mechanismen von Emotionen und Entscheidungen und schärft das Verständnis für das menschliche Verhalten.