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Bolko von Oetinger:
Hänsel und Gretel und die Kuba-Krise

ISBN: 3446406204
Erscheinungsjahr: 2006
Hanser

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Von der Kunst, Fragen zu stellen
        


 
eht es um technologischen Wandel oder Globalisierung, trifft man nur allzu oft auf defensive Haltungen in der Managementwelt. Der zunehmende Kosten-, Flexibilisierungs- und Innovationsdruck wird stets mit den alten Denkmustern bewertet und darauf aufbauend werden altbekannte Lösungen entworfen. Die Verwerfungen werden als Gefahr wahrgenommen und üben Zwänge aus, die ein eigenständiges Formen von Gegenwart und Zukunft unmöglich machen.
Soll nicht weiter bloß reagiert, sondern wieder selbständig agiert werden, gilt es die überkommenen Denkmuster zu durchbrechen. Fragen zu stellen, kann der erste Schritt weg vom Hinterherlaufen hinter der Konkurrenz und hin zu einer eigenen Strategie sein.

Will man nicht untergehen im Wettbewerb, ist das Geschäft immer und immer wieder neu zu überdenken, und zwar ständig und nicht erst, wenn eine Situation eingetreten ist, die alles in Frage stellt: ein neuer Konkurrent tritt in den Markt ein, eine Innovation lässt plötzlich das eigene Produkt blass erscheinen.
Fragen zu stellen, wenn das Geschäft gut läuft und sich Erfolge wie von selbst einstellen gehört bei den meisten Unternehmen eher zur Ausnahme. Man glaubt alles unter Kontrolle zu haben, das Geschäft läuft verlässlich und es werden höchstens einmal ein paar Anpassungen hier und einige Veränderungen dort vorgenommen. Die Routine verstellt den Blick auf das Notwendige: Glaubt man die Spielregeln seiner Unternehmensumwelt zu kennen und hat die Vergangenheit gezeigt, dass man sie auch beherrschen kann, kommen die meisten Unternehmenslenker gar nicht auf die Idee, das eigene Geschäft zu überdenken. Auch das Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen der Verbesserung kommt uns hier gewöhnlich in die Quere: Läuft das Geschäft gut, setzen weitere Verbesserungen überdimensionale Anstrengungen voraus – die dann meist unterlassen werden.

Da die größten strategischen Fehler einer Organisation sich nicht daraus ergeben, dass Führungskräfte Situationen nicht erkennen, sondern dass sie Situationen falsch beurteilen, muss das gedankliche Koordinatensystem, in das Informationen eingeordnet werden, immer wieder hinterfragt werden. Daher meint Bolko von Oetinger, Senior Vice President der Boston Consulting Group (BCG) sowie Gründer und Direktor des BCG-Strategieinstituts, gehöre es zur hohen Kunst des Managements, die quälendsten Fragen eben dann zu stellen, wenn man auf der Erfolgswelle schwimmt.

In seinem neuen Buch Hänsel und Gretel und die Kuba-Krise schildert Bolko von Oetinger, wie bei der Kunst, die richtigen Fragen zu stellen, Geschichten und Metaphern außerordentlich hilfreich sein können. Diese fördern das assoziative Denken, fördern ungewöhnliche Sichtweisen zutage und werfen somit immer wieder neue Fragen auf. Und so hat der Autor in diesem lesenswerten Buch Fragen der Strategie, die ihn umtreiben, in Geschichten, die ihn faszinieren übersetzt. Da es keinen Königsweg gibt, laufend die richtigen Fragen zu stellen, empfiehlt sich der Umweg über metaphorisches Denken zu gehen, um so das analytisch-ökonomische Denken und pragmatische Handeln des Manageralltags anzureichern.

Zu jeder Metapher liefert der Autor eine Übertragung ins Management und verschafft so seinen Geschichten nicht nur hohen Unterhaltungswert, sondern macht sie auch zu einer einzigartigen Inspirationsquelle für alle Strategen.

Kennzeichen erfolgreicher Unternehmen ist ein permanenter Aufbruch, so wie auch das Wesen der Strategie im Aufbruch zu Neuem besteht. Deswegen steht am Anfang des Buches die Geschichte von Alexander von Humboldt und seinem einzigartigen Aufbruch zu einem wissenschaftlichen Werk, in dem er eine holistische Beschreibung der Erde mit all seinen Lebewesen, Pflanzen, Landschaften, Gesteinen, Himmelskörpern und Naturkräften lieferte. Ein solches Unterfangen bedarf außerordentlicher Vorbereitung. Strategie verlangt gute Orientierung.

Das Märchen von Hänsel und Gretel demonstriert, wie man Orientierung wieder findet, wenn alle Fixpunkte verloren gegangen sind. Eben dieser Herausforderung stand auch John F. Kennedy in der Kuba-Krise gegenüber. Beide Geschichten zeigen, wie neue Referenzpunkte geschaffen werden und so das Handeln wieder in die eigenen Hände genommen werden kann.

Dass man wachsam sein muss, um schwache Signale zu empfangen, die auf Unerklärliches, Gefährliches hindeuten, erzählt Bolko von Oetinger anhand der Geschichte von Guglielmo Marconi, dem Erfinder der Telefonie.

Nicht immer führt der direkte Weg zum Ziel, sondern Umwege können auch ihr Gutes haben: das hat auch Isaac Newton erfahren. Für den wahren Strategen bedeuten Umwege keine Fehlschläge, sondern kreative Chancen.

In seiner Biographie warnt Carl von Clausewitz vor dem Trugschluss der Eindeutigkeit und plädiert dafür, in die strategische Entscheidung Dialektik einfließen zu lassen. So könne mehr gesehen und die Zahl der Optionen erhöht werden.

Mit Johann Wolfgang von Goethes italienischer Reise schließt der Reigen der Geschichten, die als Metaphern für strategisches Denken Entscheidungsprozesse in Unternehmen stützen sollen.

Bolko von Oetingers Buch liefert einen ungewöhnlichen, unterhaltsamen und nicht zuletzt aufschlussreichen Blick auf strategisches Denken.