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Horst W. Opaschowski:
Minimex. Das Zukunftsmodell einer sozialen Gesellschaft

ISBN: 3579069764
Erscheinungsjahr: 2007
Gütersloher Verlagshaus

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ind die Renten auch in Zukunft gesichert? Dass 86 Prozent der Deutschen daran erhebliche Zweifel hegen, geht aus einer aktuellen Studie der BAT Stiftung für Zukunftsfragen hervor. Gleichzeitig erwarten 85 Prozent der Bevölkerung von einem Sozialstaat, im Falle von Krankheit, Arbeitslosigkeit und Alter einzuspringen und Not zu lindern. Nachhaltige Lösungsansätze, die auch künftigen Generationen ein angemessenes Versorgungsniveau garantieren, fehlen nach Ansicht von 87 Prozent der Bevölkerung jedoch.

Diese Studie, die neben Analysen und Prognosen auch konkrete Lösungsansätze mit langfristiger Zukunftsperspektive bis zum Jahr 2030 enthält, erscheint zugleich als Buch unter dem Titel Minimex. Das Zukunftsmodell einer sozialen Gesellschaft. Horst W. Opaschowski, Wissenschaftlicher Leiter der Stiftung, empfiehlt darin die Einführung eines minimalen Existenzgeldes (»Minimex«) für alle, das Fürsorge, Grundversorgung und soziale Gerechtigkeit sicherstellt. Der Staat ist aufgefordert, die um sich greifende Perspektivlosigkeit sowie die zunehmenden Existenz- und Zukunftsängste der Bürger einzudämmen. Der Autor »schaut dem Volk aufs Maul« und konstatiert: Die Deutschen sehnen sich nach einer Zukunft ohne Angst und sind bereit für einen Mentalitätswechsel.

Immer mehr Menschen sehen sich mit Wohlstandsverlusten und sinkenden Nettoeinkommen konfrontiert. Die Sicherung des Lebensstandards ist zur vorrangigen Sorge vieler Menschen geworden. Die Angst vor dem sozialen Abstieg hat mittlerweile die breiten Mittelschichten ergriffen. Tatsächlich ist nur noch für eine Minderheit der Deutschen (40 Prozent) die eigene Erwerbstätigkeit die wichtigste Unterhaltsquelle. Der Rest bezieht Sozial- und Arbeitslosenhilfe, Rente oder wird von Angehörigen unterstützt. Vor diesem Hintergrund ist die Frage, wovon Menschen in der Zukunft leben sollen, brennender denn je. Horst W. Opaschowski fordert seitens der Politik Mut zu langfristigen Lösungen – und das schnell: Ein Kollaps der Sozialsysteme sei nicht unrealistisch, wenn erst einmal die Babyboomer-Generation in Rente geht oder Jahre später das Pflegealter erreicht.

»Minimex« schafft hier Abhilfe. Opaschowskis Langfrist-Modell ist praktikabel, finanzierbar und sozial. Das minimale Existenzgeld soll als staatliches Sicherheitsversprechen allen Bürgern ein Leben in Freiheit und Menschenwürde ermöglichen. Es soll nicht staatliche Nächstenliebe und auch kein Anreiz, sich auf die faule Haut zu legen sein, sondern auf das Notwendigste beschränkt soll es den Sturz ins Brot- und Bodenlose abwenden. Das Existenzgeld soll über Steuern finanziert werden und alle anderen Sozialsysteme ablösen. Die dadurch eingesparten Kosten bestimmen auch die Höhe des Existenzgeldes: Die durchschnittlichen Sozialkosten pro Einwohner und Monat liegen heute in Deutschland bei 580 Euro. Dieser Betrag könnte dann als Existenzgeld ausbezahlt werden, wobei dieser Zuschuss ab einem gewissen Nettoeinkommen entfallen soll.

Hier liegt dann auch der wesentliche Unterschied zu dem Vorschlag eines bedingungslosen Grundeinkommens, das längst in der Diskussion ist und unabhängig von sonstiger Einkommenshöhe ausbezahlt werden soll. Überhaupt grenzt sich Opaschowski von der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens entsprechend den Ergebnissen der BAT-Studie ab: Die Bevölkerung erteilt der Idee eines »Einkommens« eine Absage und gibt sich mit einer Mindestsicherung zufrieden.

Die geringe Höhe des Existenzgeldes stellt auch sicher, dass die Lust an Arbeit und Leistung nicht beeinträchtigt wird. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung (84 Prozent) vertritt die Auffassung, dass auch mehr leisten muss, wer sich mehr als die anderen leisten will. Wer in Zukunft besser leben will, wird auf Leistung nicht verzichten können, jedoch muss durch die Grundsicherung niemand auf der Strecke bleiben.

Die Vorschläge, da sie nicht dem Denkschema der bisherigen Sicherungssysteme entsprechen, sind interessant zu lesen. Vorschläge, die am Althergebrachten kratzen, sind wichtig, da die Diskussion über die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland frische Impulse gut gebrauchen kann. Horst W. Opaschowskis Buch gibt wertvolle Denkanstöße in diese Richtung. Warum jedoch in Opaschowskis Erläuterungen Meinungsumfragen ein unverhältnismäßig großes Gewicht zukommt, bleibt fraglich. In einem Stadium, in dem eine breite öffentliche Diskussion über alternative Sicherungssysteme noch nicht eingesetzt hat und die Idee vielen Bürgern noch gänzlich unbekannt ist, wären Argumente wünschenswerter gewesen.