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David Weinberger:
Das Ende der Schublade. Die Macht der neuen digitalen Unordnung

ISBN: 3446412212
Erscheinungsjahr: 2008
Hanser Wirtschaft

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Die neue Weltunordnung
        


 
um Höhepunkt des Dotcom-Booms im Jahre 1999 verfasste eine Handvoll Autoren das Cluetrain-Manifest. In insgesamt 95 Thesen ging es darum, wie das Internet Gesellschaft und Wirtschaft verändert. Viele der Thesen haben bis heute nichts an Aktualität verloren.

Hyperlinks würden Hierarchien untergraben: so lautete die siebte These des Manifests. Einer der Cluetrain-Autoren, David Weinberger, entwickelte diesen Gedanken weiter und veröffentlichte die Fortführung der Idee 2007 in seinem Buch Everything Is Miscellaneous, zu Deutsch: Das Ende der Schublade. Die Macht der neuen digitalen Unordnung. Wie schon im Cluetrain-Manifest ist der Internet Theoretiker Weinberger auch in diesem Buch wieder mit einer revolutionären Idee zur Stelle: Er fordert ein komplettes Umdenken der Wirtschaft. »Liebe das Chaos!« ist das Credo des Buches, denn in der Unübersichtlichkeit tun sich neue Chancen auf.

In Das Ende der Schublade geht Weinberger im Wesentlichen der Frage nach, welche Auswirkungen es hat, dass Informationen mehr und mehr von Papier gelöst und in das World Wide Web verlagert werden. Wie verändert sich hierdurch die Art und Weise, auf welche wir Wissen organisieren oder gar denken? In einer Welt, in der Wissen in Büchern gebunden ist, bleibt uns nichts anderes übrig, als Bücher auf die eine oder andere Art in Bücherregale einzusortieren. Ein Buch kann dabei einen einzigen Platz einnehmen und nicht an mehreren Stellen gleichzeitig stehen. Fügen wir einer solchen Welt Metadaten hinzu, gewinnen wir an Flexibilität. Zettelkataloge erlauben uns, ein Buch unter mehrere Kategorien einzusortieren. Zettelkataloge sehen jedoch blass aus, denkt man an die immensen Ordnungs- und Suchmöglichkeiten, die das digitale Zeitalter bereithält. Digitale »Zettel« können umfangreicher als das Buch selbst sein, der komplette Text des Buches kann als Metadaten dienen, da das Buch selbst durchsuchbar wird.

Ordnung in der Cyberwelt bedeutet, dass es eigentlich keine Ordnung gibt. Ordnung stellt sich immer wieder neu ad hoc ein, ist vergänglich und vorübergehend. Alles kann aus der Masse der Cyberwelt herausgenommen werden und in Beziehung zu anderen Dingen, die ebenso aus der Cybermasse herausgepickt wurden, gesetzt werden. Besaßen Musikalben früher eine festgelegte Anzahl an Musiktiteln, so können Playlists heute individuell zusammengestellt werden.

Dieses Chaos der Informationsgesellschaft transformiert nicht nur die Wirtschaft. »Sie verändert, was wir über die Organisation der Welt selbst denken und – was vielleicht wichtiger ist – wer unserer Meinung nach die Autorität hat, es uns zu sagen.« Millionen von Internetanwendern, die unermüdlich Texte erstellen, verschlagworten oder in immer neue Zusammenhänge einordnen, erneuern immer wieder den Zweifel an der Kompetenz von Institutionen, zu deren Kernaufgaben die Selektion und Präsentation von Informationen gehört.

Angesichts des großen Chaos im Web erschallt gemeinhin der Ruf nach der Wiederherstellung der Ordnung, nach dem großen Saubermachen. David Weinberger hält dies nicht nur für vergebene Liebesmüh’, sondern sieht in dem durch die Möglichkeiten der Technologie angestoßenen Umdenken auch eine große Chance. Indem wir auf Knopfdruck Wissen immer wieder neu organisieren, aus verschiedenen Perspektiven darstellen können, wird unser Denken flinker und flexibler und kann sich immer wieder an die sich verändernden Bedürfnisse anpassen.

Das Ende der Schublade offeriert eine Reihe interessanter Einsichten über die Veränderung unseres Umgangs mit Wissen und welche Effekte dies auf die verschiedensten Lebensbereiche mit sich bringt. Das Buch ist in der Tradition amerikanischer Sachbücher geschrieben, die sich leicht und flott lesen, teilweise aber etwas banal klingen. Ein Muss für alle, die an den Entwicklungen der digitalen Welt interessiert sind.