Home         Autoren         Newsletter         Kontakt         Impressum

 

Michael Hüther, Thomas Straubhaar:
Die gefühlte Ungerechtigkeit. Warum wir Ungleichheit aushalten müssen, wenn wir Freiheit wollen

ISBN: 3430300363
Erscheinungsjahr: 2009
Econ Verlag

Wollen Sie dieses Buch kaufen? Klicken Sie hier!

Abschied von alten Strukturen
        


 
ie Deutschen haben das Gefühl, in einem zutiefst ungerechten Land zu leben. Einer Umfrage von TNS Emnid vom August 2008 zufolge halten 82 Prozent der Bevölkerung das Steuersystem für ungerecht, 81 Prozent die Einkommensverteilung, jeweils 73 Prozent das Renten- und das Gesundheitssystem und 65 Prozent der Deutschen finden, dass Familien ungerecht behandelt würden. Fragt man die Deutschen hingegen nach ihrer eigenen Situation, so zeigen Umfragen in punkto Verteilungsgerechtigkeit ein deutlich besseres Bild. Gefühlte und persönlich erlebte Ungerechtigkeit klaffen also meilenweit auseinander.

Die Wirtschaftsexperten Michael Hüther (Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln) und Thomas Straubhaar (Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftInstituts) nehmen sich dieser Diskrepanz an und führen gute Argumente gegen die gefühlte Ungerechtigkeit ins Feld. In ihrem Buch Die gefühlte Ungerechtigkeit geben sie zum Ausdruck, dass sie keineswegs gegen einen sozialen Ausgleich sind – dieser gehört zur Ordnungspolitik, weil soziale Marktwirtschaft anders nicht funktioniert –, aber sie schreiben gegen die eingefahrene Ideologie sozialer Gerechtigkeit an, wie sie den Deutschen innewohnt: der einmal erreichte Standard sozialer Absicherung gilt als in Stein gemeißelt und hat Ewigkeitsgarantie.

Die Autoren machen sich stark für ein neues Verständnis sozialer Gerechtigkeit, das den Bedingungen der heutigen Welt Rechnung trägt. Dass Hüther und Straubhaar es sich nicht leicht machen und einfach vor bestehenden Mängeln und Ungerechtigkeiten unseres Systems die Augen verschließen, drückt sich in ihrem Dreisatz moderner Ordnungspolitik aus: Wettbewerb sichern, Teilnahmechancen eröffnen, Marktversagen korrigieren. Denn – so die These von Hüther und Straubhaar – die Ordnung der Freiheit braucht sehr wohl einen starken Staat.

Seit jeher gehört es zu den grundlegenden Kontroversen in der Ökonomie, welche Rolle der Staat in Wirtschaft und Gesellschaft spielen soll. Zum einen gilt es die Felder abzustecken, auf denen der Staat mit Blick auf das gesamtgesellschaftliche Wohl tätig werden soll. Zum anderen muss das richtige Maß gefunden werden, mit dem der Staat kontrollierend in die Wirtschaft eingreifen soll: Wo behindert der Staat das Gemeinwohl und vertraut daher besser auf die Selbstbestimmung der Menschen und die Selbstregelungskräfte des Marktes?

Erste Aufgabe des Staates, so Hüther und Straubhaar, sei die Sicherung des freien Wettbewerbs durch Setzen der richtigen Rahmenbedingungen. Sodann müsse allen Bürgern durch eine vorausschauende Bildungspolitik eine faire Chance auf Teilnahme an diesem Wettbewerb eingeräumt werden. Zu moderner Ordnungspolitik gehört nach Meinung von Hüther und Straubhaar stets auch dazu, negative soziale Folgen des Wettbewerbs zu korrigieren. Aber eben nicht wie dies heute nur zu oft passiert: die »sozial Schwachen« für die Härten des Marktgeschehens finanziell zu entschädigen, sie zu alimentieren und zu Almosenempfängern zu machen. Nein, der Staat müsse »jedem, der zeitweise oder auf Dauer von Lebens-, Arbeits- und Erwerbschancen ausgeschlossen ist, Rückwege und Brücken in die gesellschaftliche und wirtschaftliche Teilhabe« bauen.

Viele der aufgeworfenen Punkte sind wahrlich nicht neu und seit Ausbrechen der Finanzkrise ist insbesondere die Frage nach dem Verhältnis von Staat und Markt wieder brandaktuell. So dringend diese Themen einer Klärung bedürfen, die Diskussion ist an einen toten Punkt gelangt. Die Fronten – »Neoliberale« gegen die »Verfechter der sozialen Gerechtigkeit« – haben sich verfestigt: immer und immer wieder dieselben Schlagwörter kommen ins Spiel, neue Argumente vernimmt man hingegen nicht. Hüther und Straubhaar kommt das Verdienst zu, aus diesem Grabenkampf auszubrechen. Ihr Buch schafft einen klaren Blick darauf, wie ein fruchtbares Verhältnis zwischen Staat und Markt aussehen könnte. Denn, so sind die Autoren überzeugt, der immer wieder beschworene Widerspruch zwischen Staat und Markt existiert gar nicht: Ein starker Staat braucht mündige Bürger. Es geht in erster Linie nicht darum, über das Wieviel an Staat nachzudenken, sondern darum, »die notwendigen Aufgaben eines starken, freiheitlichen Staates von falschen, oft genug hilflosen und letztlich schädlichen Anmaßungen zu trennen«. Auf dem Weg zu mehr Freiheit müsse der Staat Chancen eröffnen und nicht Geld verteilen.