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Oded Shenkar:
Copycats. Gut kopiert ist besser als teuer erfunden

ISBN: 9783868812916
Erscheinungsjahr: 2011
Redline Verlag

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Nachmachen statt Selbermachen
        


 
ie heißt die erste Fast-Food-Kette? Was war das erste Kreditkartenunternehmen? Die Antworten werden überraschen: White Castle und Diners Club – beide Unternehmen zählen heute zu den eher kleinen Spielern auf ihren jeweiligen Märkten. Und doch waren sie es, die die Grundfesten für die expansive Marktentwicklung von heute gelegt haben. Und dies war nicht unbedingt ein Kinderspiel wie das Beispiel von Diners Club zeigt: Das Unternehmen musste nicht nur seine Kunden überzeugen, mit einer Plastikkarte statt Bargeld zu bezahlen, mehr noch: die Verkäufer mussten überzeugt werden, diese Zahlmethode zu akzeptieren und dafür auch noch eine monatliche Gebühr zu zahlen. Aber auch in vielen anderen Märkten zeigt sich, wie Nachahmer ein leichtes Spiel haben, nachdem die Pioniere auf den jeweiligen Märkten erst einmal den Weg geebnet haben.

Oded Shenkar wirft in seinem Buch Copycats einen Blick auf die Strategie der Imitation. Denn Imitation ist nicht nur viel häufiger anzutreffen als Innovation, auch der Weg zu Wachstum und Gewinn führt häufiger über Imitation. Die Grundannahme seines Buches lautet, »dass Imitation nicht nur ebenso entscheidend für das Überleben und Florieren des Geschäftes ist wie Innovation, sondern auch maßgeblich für die erfolgreiche Durchführung der Innovation selbst.« Shenkar belegt diese These und zeigt, wie gute Imitation allemal besser ist als gute Erfindungen, die schlecht vermarktet werden. Denn in vielen Fällen ist es so, dass Imitatoren Märkte besser beherrschen können als Innovatoren: Ihre Energie ist nicht vom Prozess der Innovation aufgebraucht, zudem haben sie einen frischeren Blick für das letzte bisschen – aber oftmals entscheidenden – Optimierungsbedarf.

Allerorten ertönt heute der Schrei nach Innovation, immer wieder Neues müsse her, um der Konkurrenz die entscheidende Nasenlänge voraus zu sein. Shenkar stellt diesen einseitigen Fokus auf Innovation in Frage und gibt zu bedenken, dass Imitation einige Vorteile auf ihrer Seite hat. Immerhin sparen Imitatoren an Forschung und Entwicklung und auch der Marketingaufwand ist deutlich geringer. Zudem kommt noch, dass Imitatoren viele »Kinderkrankheiten« umschiffen können, weil man im Nachhinein immer klüger ist, was sich auf die Gesamtkosten positiv niederschlägt. Auch werden Imitatoren ihre Produkte in kürzerer Zeit auf den Markt bringen können als die Pioniere. In der pharmazeutischen Industrie werden diese Vorteile offensichtlich: Generikahersteller produzieren nur diejenigen Medikamente die es durch das Genehmigungsverfahren geschafft haben. Die Kosten aller anderen Medikamente, die in den langwierigen Entwicklungs- und Testphasen auf der Strecke bleiben, spart die Imitationsstrategie.

Shenkar stellt in seinem Buch heraus, dass der Vorteil des Innovators und Pioniers überschätzt wird: tatsächlich ist der Vorsprung oft fragwürdig, nicht selten geringfügig und noch dazu nimmt er im Laufe der Zeit ab. Das Bild, das man sich in der Managementwelt von Innovatoren macht, ist oftmals ein verzerrtes: Da nur die erfolgreichen Innovationen in den Blick genommen werden, fällt die Bilanz unrealistisch positiv aus. Die Kosten und Risiken von Innovationen werden oft nicht mit ins Kalkül genommen. Dazu kommt noch, dass Imitation mit einem Stigma behaftet ist: Niemand nennt sich selbst gerne einen Imitator. Imitatoren werden niemals so geschätzt wie das Original. Zum Imitieren sind doch bloß jene gezwungen, die keine eigenen Ideen haben, so die landläufige Meinung. Diese Haltung fordert Oded Shenkar mit Copycats nachvollziehbar heraus. Wenn man sich umblickt, wird ohnehin schnell klar: Wie viel echte Innovation gibt es überhaupt? Basieren nicht die allermeisten Neuerungen auf Erkenntnissen und Wissen, das von anderen stammt? Sind Innovationen – auch wirklich große Innovationen – nicht zumeist eine Neukombination von Altbekanntem mit höchstens ein paar kleinen Abänderungen? Wie oft ist Innovation wirklich die Suche nach dem wirklich Anderen und Einzigartigen? Copycats tut einen wichtigen Dienst, um vor diesem Hintergrund die vernachlässigte Rolle von Imitation ins rechte Licht zu rücken. Denn die unkritische Huldigung der Innovation lässt vergessen, dass es nicht von Vorteil ist, das Rad immer wieder neu zu erfinden. Auch in der Natur ist Imitation ein bedeutender Überlebensmechanismus.

Copycats stellt auch klar heraus, dass Imitieren gelernt sein will. Zum Erfolg mit der Imitationsstrategie gehört mehr als bloßes Nachmachen. Es gehört eine Portion Fantasie dazu, Innovationen so in den eigenen Kontext zu verpflanzen, dass ein wünschenswertes Ergebnis herauskommt. Nicht in jedem Fall hält Shenkar Imitate als vertretbar und schon gar nicht ist sein Buch als Streitschrift für illegale Formen des Imitierens, für den Diebstahl geistigen Eigentums zu verstehen. Eine gute Imitation enthält für Shenkar immer Teile sowohl eines Imitations- als auch Innovationsprozesses, um eine Idee zu optimieren. Imitation ohne produktive Komponenten wird nicht erfolgreich sein.

Copycats von Oded Shenkar wirft einen frischen Blick auf den unkritisch hingenommenen Zwang zur Innovation. Anhand vieler Unternehmensbeispiele zeigt er, wie Imitation zu einem Kernelement der Wettbewerbsstrategie werden kann. Oded Shenkar räumt auf mit dem schlechten Ruf, der der Imitationsstrategie anhaftet, denn ein guter Imitator muss immer auch ein guter Erfinder sein.