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Byung-Chul Han:
Transparenzgesellschaft

ISBN: 388221595X
Erscheinungsjahr: 2012
Matthes & Seitz Berlin

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aum ein Schlagwort ist in den öffentlichen Diskursen heute so gegenwärtig wie das der Transparenz. Transparenz ist die neue Allerweltsformel, die alles richten soll. Fast ebenso phrasenhaft wie »Nachhaltigkeit« wird Transparenz gefordert – aber was bedeutet das eigentlich? Der Philosoph Byung-Chul Han diskutiert in seinem Essay Transparenzgesellschaft die heute zur Ideologie erhobene Transparenz und wie dies die Gesellschaft formt.

Der Text ist kein Loblied auf die Transparenz. Schnell wird klar, dass der Autor Bereiche des Privaten und Intransparenten für absolut unerlässlich hält, eine Gesellschaft ohne solche Rückzugsräume ist für ihn eine Schreckensvision. Es geht ihm nicht darum, Korruption und dergleichen zu verdecken, in einer Demokratie kann die Forderung, bestimmte Sachverhalte offenzulegen durchaus legitim sein. Aber Byung-Chul Han wehrt sich gegen die Forderung absoluter Transparenz in allen gesellschaftlichen Bereichen. Für ihn ist diese Forderung ein Zeichen dafür, dass zuvor Transparenz verspielt wurde. Genauso wie der Satz »Transparenz schafft Vertrauen« für ihn widersinnig ist, denn wo Vertrauen ist, braucht man keine Transparenz. Die Transparenzgesellschaft ist daher eine Gesellschaft, in der schwindendes Vertrauen durch Kontrolle ersetzt wird, sie ist eine Gesellschaft des Verdachts. Weil die Moralität verloren geht, setzen demokratische Gesellschaften auf Transparenz.

Und auch der Kapitalismus treibt die Transparenzgesellschaft voran. Denn wir leben in einer Ausstellungsgesellschaft: Wie Waren stellen sich Menschen aus und werben um Aufmerksamkeit. Im Internet setzen sich Menschen heute freiwillig völliger Transparenz aus. »Google und soziale Netzwerke nehmen panoptische Formen an. Heute vollzieht sich die Überwachung nicht, wie man gewöhnlich annimmt, als Angriff auf die Freiheit. Man liefert sich vielmehr freiwillig dem panoptischen Blick aus.«

Byung-Chul Han lenkt den Blick mit seinem Essay auf einen wichtigen Punkt in der gegenwärtigen Debatte um immer mehr Transparenz: Nicht nur zu wenig, auch zu viel Transparenz lähmt das demokratische Leben, weil es Handlungsfreiheiten einschränkt und den Weg zu einer Überwachungsgesellschaft bahnt.