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Lynda Gratton:
Job Future – Future Jobs. Wie wir von der neuen Arbeitswelt profitieren

ISBN: 3446430091
Erscheinungsjahr: 2012
Carl Hanser Verlag

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Wie wir morgen arbeiten
        


 
ie Arbeitswelt steht vor einem ähnlichen Umbruch wie ihn die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert mit dem Beginn der Industrialisierung gebracht hat. Das prophezeit Lynda Gratton, Professorin an der London Business School, in ihrem Buch Job Future – Future Jobs. Wie wir von der neuen Arbeitswelt profitieren. Dabei werden die Änderungen zwar ebenso schwerwiegend sein, jedoch beinahe alles, was damals als bahnbrechend aufkam in ihr Gegenteil verkehren: Zusammenarbeit zwischen Gleichgesinnten statt starrer Hierarchien, eine zunehmende Spezialisierung von Fertigkeiten statt austauschbarer Arbeitskräfte, Kleinstunternehmer statt Serienproduktion in Großbetrieben.

Aber wie kommt es zu diesem Wandel? Um die Rahmenbedingungen des zukünftigen Arbeitens zu eruieren, um zu erkunden, worauf wir uns einstellen müssen, welche Fähigkeiten und Kompetenzen gefragt sein werden, rief die Autorin 2009 den Forschungsverbund »Future of Work« ins Leben. Forscher aus aller Welt tragen seitdem Wissen zum Thema Zukunft der Arbeit zusammen und haben unter anderem folgende Faktoren des Wandels identifiziert: Technologie (zunehmende Vernetzung, digital verfügbares Weltwissen, Verlagerung von Arbeit in virtuelle Welten), Globalisierung (globale Erreichbarkeit, aufstrebende Volkswirtschaften, weltweite Verstädterung), Demographie (Langlebigkeit, Aufstieg der Generation Y bringt Einstellungswandel gegenüber der Arbeit, weltweite Migration, Entstehung von Kreativclustern und globale Verfügbarkeit von Billigarbeitern), Gesellschaft (Änderung von Familienstrukturen, Einstellungswandel, zunehmende Frauenerwerbstätigkeit), Energie (Klimawandel, Ressourcenknappheit, steigender Energiebedarf, steigende Transportkosten).

Diese Einflussfaktoren bestimmen nach Ansicht des Forscherteams die gesellschaftliche Entwicklung und stecken damit das Feld der zukünftigen Arbeitswelt ab. Es wird kein einzelner Faktor sein, der die Arbeitswelt umkrempelt, sondern ein Cocktail der verschiedensten Einflussfaktoren. Um die Änderungen anschaulich zu machen, beschreibt Lynda Gratton in ihrem Buch zwei Szenarien für das Jahr 2025.

Im negativen Szenario, der »vorgezeichneten Zukunft«, spaltet sich die Gesellschaft in Bildungsverlierer und -gewinner. Erstere bilden eine globale Unterschicht, die auf dem globalisierten Arbeitsmarkt ohne Chancen ist. Und die gut Ausgebildeten leben in den Metropolen dieser Welt, oft fernab ihrer Familien. Sie gehen anspruchsvoller Arbeit nach, sind aber extrem isoliert: Hohe Energiepreise machen Reisen fast unmöglich und kommuniziert wird nur noch über das Internet. Die Menschen sind zwischen ihren Aufgaben zerrissen, weil die Technik zum Diktator wird.

Auch im positiven Szenario gehört der klassische »Arbeitsplatz« der Vergangenheit an. Auch hier ist der Arbeitsmarkt globalisiert und die Menschen nehmen als Kleinstunternehmer daran teil. Anders als im negativen Szenario ist aber in der »gestalteten Zukunft« die Technik Hilfsmittel und dient dazu, Menschen miteinander zu verbinden. Obwohl Menschen hoch spezialisiert sind, agieren sie nicht als Einzelkämpfer, sondern als kreative Brückenbauer. In der weltweiten Vernetzung von Menschen sieht Gratton immenses Potential – eine »ideenreiche Masse« sieht die Autorin entstehen. Und mit diesem Netzwerk gilt es, tiefe Beziehungen aufzubauen, denn es wird nicht mehr nur um Konkurrenz, sondern immer mehr um bedeutungsvolle Beziehungen gehen.

Viele von Lynda Gratton Einsichten zur Zukunft der Arbeit sind nicht neu. Wie sie die Befunde in Szenarien verpackt, macht das Buch jedoch äußerst lesenswert und kurzweilig. Interessant ist auch, dass sie nicht bei der Beschreibung äußerer Einflussfaktoren Halt macht. Ebenso identifiziert sie einen Einstellungswandel der im Arbeitsleben stehenden Menschen. Nicht mehr bloß ums schnelle Geld geht es Vielen, immer wichtiger wird eine als sinnvoll empfundene Arbeit. Von beruflichen Aufgaben wird immer stärker auch erwartet, dass sie ein Leben schaffen, das erfüllt. Und eben diese veränderte Sicht auf das Arbeitsleben wirkt zurück und verändert auch deren Rahmenbedingungen.

Wie der Untertitel der deutschen Ausgabe nahelegt, ist das Buch auch Ratgeber für die Gestaltung der Karriere in einer veränderten Arbeitswelt. Lynda Gratton geht ausführlich darauf ein, wie wir uns zukünftig positionieren müssen, um in der »gestalteten Zukunft« erfolgreich zu sein. Immer wieder fordert sie den Leser auf, sich Gedanken zu machen, über die eigenen Interessen und Prioritäten nachzudenken, um aktiv eine persönliche Perspektive für die Arbeit von morgen zu gestalten. Durchweg erhellende Tipps gibt sie dabei, wenn diese Passagen auch etwas zu langatmig geraten sind; mit dem restlichen – analysierenden – Teil des Buches können sie keineswegs mithalten. Zu kritisieren ist auch, dass die Autorin jene Punkte, die ihr besonders wichtig sind – etwa die Notwendigkeit, sich vom Generalisten zum Spezialisten zu entwickeln – immer und immer wieder wiederholt. Dies nimmt dem ansonsten recht erfrischend geschriebenen Buch leider einiges an Wind aus den Segeln.

Das Buch ist dennoch lesenswert – vor allem wegen seiner umfassenden Gesamtschau auf die Zukunft der Arbeitswelt. Es gibt sehr bildhaft Aufschluss über die anstehenden Änderungen und macht deutlich, dass im Arbeitsleben nichts so bleiben wird, wie es ist. Gleichzeitig regt das Buch zum Nachdenken über die eigene Position in der Arbeitswelt und die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten an. Lynda Grattons Job Future – Future Jobs ist ein Plädoyer, die Zukunft selbst in die Hand zu nehmen: Die Arbeitswelt ist gestaltbar, wir müssen uns ihr nicht blind ergeben.