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Von der Servicewüste zur Dienstleistungsgesellschaft
In Deutschland ebenso wie in anderen Industrienationen vollziehen sich seit Jahren tiefgreifende Strukturveränderungen. Der tertiäre Sektor wächst während die wirtschaftliche Bedeutung traditioneller Bereiche zurückgeht. Was bedeutet diese Entwicklung für Dienstleister? Welche Herausforderungen und Schwierigkeiten gilt es, zu meistern?

        


 
ienstleistungen sind so gefragt wie nie. In Deutschland hat sich laut einer Studie des statistischen Bundesamts das Verhältnis zwischen dem Dienstleistungssektor und dem produzierenden Gewerbe in den letzten dreißig Jahren drastisch zugunsten des Dienstleistungssektors verschoben.

Auch innerhalb des Dienstleistungssektors haben sich weitreichende Veränderungen vollzogen. Es entstanden neue Dienstleistungszweige wie zum Beispiel die Dienste der Telekommunikation, die elektronische Informationsbeschaffung und -verarbeitung und das Leasing.

Die wachsende Nachfrage nach Dienstleistungen wurde durch Unternehmensneugründungen und durch das Outsourcing von Dienstleistungsfunktionen befriedigt.

Doch worauf müssen sich Dienstleister in Zukunft konzentrieren? Welche Herausforderungen und Schwierigkeiten gilt es zur Zeit zu bewältigen? Was sind die Trends im weiten Umfeld der Dienstleistungen?

Der Begriff der Dienstleistung
Gemeinhin wird der Begriff »Dienstleistung« in den einschlägigen Lexika wie folgt definiert: Materielle Dienstleistung ist das Ergebnis einer Tätigkeit, die die Nutzung eines vorhandenen Produktes gewährleistet. Unter einer nichtmateriellen Dienstleistung wird eine Tätigkeit zur unmittelbaren Befriedigung von Bedürfnissen des Menschen oder der Gesellschaft verstanden.

Dienstleistungen sind nicht physikalisch messbar. Da sie der Bedürfnisbefriedigung dienen, hängt ihre Bewertung stark von ihrem Konsumenten ab. Das heißt, die subjektive Wahrnehmung des Kunden der Dienstleistung hinsichtlich seiner Zufriedenheit ist von großer Bedeutung. Da eine Dienstleistung bei ihrer Produktion meist direkt vom Kunden konsumiert wird (z.B. Friseurbesuch, Autoreparatur), kann man sie auch nicht gänzlich rückgängig machen. Im Gegensatz zum Kauf einer Ware, ist es fast unmöglich, eine Dienstleistung rückabzuwickeln (eine Reparatur kann man nicht zurückgeben, die Installation einer Software auf dem Firmen-PC kann zwar rückgängig gemacht werden, doch für die erbrachte Dienstleistung muss der Kunde zahlen).

Hin zur Dienstleistungsgesellschaft
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die Rolle des Menschen in der Wertschöpfungskette von Produkten neu definiert. Produktionsprozesse werden vermehrt mit Hilfe von Automaten und Robotern durchgeführt. Die Rolle des Menschen in Fischerei, Tierhaltung, Forst- und Landwirtschaft wird durch die fortschreitende Maschinisierung immer unbedeutender.

»Landflucht« beschreibt das Phänomen der Abwanderung vom Lande in die Städte. Weg von den produzierenden Sektoren hin zu Dienstleistungsberufen. Das Statistische Bundesamt gibt an, dass sich der Anteil Erwerbstätiger in der Dienstleistungsbranche von 32,5 auf über 68 Prozent mehr als verdoppelt hat. Tendenz hierbei ist steigend!

Wir bewegen uns in die Richtung einer Dienstleistungsgesellschaft. Vielen Dienstleistern ist das Tempo aber offensichtlich zu hoch. Die Inanspruchnahme einer Dienstleistung hinterlässt oftmals einen bitteren Nachgeschmack bei Kunden. Häufig ist von der »Servicewüste Deutschland« die Rede.

Serviceaversion in Deutschland
Für die sprichwörtliche »Servicewüste Deutschland« gibt es etliche Gründe, die aus der wirtschaftlichen Praxis heraus belegbar sind. Man kann sogar so weit gehen, in Deutschland von einer Serviceaversion sowohl auf Unternehmens- als auch auf Verbraucherseite zu sprechen.

Über die genauen soziologischen oder volkswirtschaftlichen Ursachen von unbefriedigendem Service in Deutschland kann man nur spekulieren. Fakt ist, dass Verbraucher nur mangelhaften Service gewohnt sind. Sie reagieren auf ein »Mehr an Service« misstrauisch. Viele assoziieren mit gutem Service auch höhere Preise. In Zeiten, in denen Sparsamkeit das Motto vieler ist, werden Angebote verbunden mit »gutem« Service als schlicht zu teuer empfunden und Angebote mit »mangelhaftem« Service bevorzugt, weil sie als »billiger« wahrgenommen werden.

Unternehmen wiederum sehen genau deshalb keinen Mehrwert in gutem Service. Sie sehen in Service ganz im Gegenteil eine Investition mit zweifelhaftem Nutzen.
»Warum einen Kostenblock aufbauen und investieren, wenn Kunden diese Investition nicht honorieren? Dann doch lieber in Verfahren investieren, die die Herstellung des Produkts billiger machen.« Darin sehen Unternehmen ihre aktuelle Aufgabe. Sie handeln kosten- und nicht kundenorientiert. »Der Blick für den Kundennutzen ist nicht Gegenstand ihres Handelns und Denkens«. So eine - für den Kunden erschreckende - Feststellung des Unternehmensberaters und Bestsellerautors Minoru Tominaga, einem Verfechter der Kundenorientierung.

Dass jedoch ein Nutzen für Kunden und Dienstleister gleichermaßen entstehen kann, beweisen erfolgreiche Unternehmen, die den Kunden in den Mittelpunkt stellen. Auffällig an erfolgreichen Unternehmen ist, dass sie nicht nur gute, ausgeklügelte, zielgruppengerechte Produkte, sondern auch einen kundenfreundlichen Service dazu anbieten.

Welche Herausforderungen müssen nun Unternehmen, Politiker und auch Kunden meistern, damit in Deutschland nicht nur statistisch, sondern auch faktisch eine Dienstleistungsgesellschaft entsteht?

Individuelle Kundenansprache
Als (potentieller) Kunde möchte man individuell behandelt werden. Man wünscht sich einen maßgeschneiderten, einen auf sich zugeschnittenen Service.
Die namentliche Begrüßung beim Betreten eines Hotels oder die namentliche Ansprache beim Besuch einer Internetseite sind Formen der persönlichen, individuellen Ansprache.

Wie kann man jedoch den Kunden erkennen? Was muss man tun, um Informationen über den Kunden zu erhalten und diese so auszuwerten, dass sich Bedürfnisse des Kunden daraus ableiten lassen? Das sind Fragestellungen, die sich mit Hilfe einer gründlichen Analyse der Kundenkontakte und mit Hilfe von Technologie (Informationstechnologie, biometrische Verfahren) beantworten lassen.

Untersucht man, wann der Kunde bedient wird, ob mit ihm gesprochen oder ihm lediglich etwas mitgeteilt wird, ergeben sich einige Gelegenheiten, Informationen über den Kunden zu erheben.
Informationen können beispielsweise bequem beim Erstkontakt (Kunde checkt zum ersten Mal ein, bestellt zum ersten Mal ein Ticket oder ein Buch) aufgenommen und gespeichert werden. Im Folgenden können die aufgenommenen Informationen genutzt werden, beispielsweise, wenn der Kunde empfangen, bedient oder ihm ein Angebot gemacht wird. Aus den erhobenen Informationen können Kaufgewohnheiten, Interessen, Wünsche und Bedürfnisse des Kunden abgeleitet werden.

Die Informationsbasis über den Kunden kann auch verändert und gepflegt werden. Wenn der Kunde beispielsweise nach Produkten fragt, hat man die Möglichkeit, seine Daten zu verifizieren und Kaufinteressen zu aktualisieren. Möglicherweise ist der Kunde umgezogen, hat geheiratet, trägt also einen anderen Namen, die Telefonnummer hat sich geändert usw. Die individuelle Behandlung des Kunden – sei es Privatkunde oder Geschäftskunde – ist ein wichtiger Erfolgsfaktor.

Kunden begeistern
Dienstleistungen enthalten genauso wie Waren Merkmale, die von Kunden unterschiedlich wahrgenommen werden. Man spricht grundsätzlich von folgenden Merkmalskategorien:
:: Basis – Der Kunde setzt ein Merkmal voraus, weil es für ihn zum Standard einer Ware oder Dienstleistung gehört (im Auto der Motor, der Seitenspiegel oder die Sitze)
:: Leistung – Der Kunde erwartet nicht unbedingt dieses Merkmal, ist aber froh, wenn es vorhanden ist (im Auto elektrisch beheizte Außenspiegel, elektrisch verstellbare Sitze)
:: Begeisterung – Der Kunde ist durch das Merkmal begeistert, weil es ihm im täglichen Umgang eine echte Hilfe ist und den Nutzen der Ware bzw. Dienstleistung steigert und keinen zusätzlichen Aufwand erzeugt (Im Auto ist ein Navigationsgerät eingebaut. Herkömmliche Navigationsgeräte bieten die Möglichkeit eines Datenupdates mittels CD-ROM. Im Auto ist aber serienmäßig ein Navigationsgerät installiert, das sich über Funk mit Datenupdates versorgt. Der Autofahrer kann sowohl ein Updatezyklus einstellen als auch manuelle Datenupdates anstoßen.)

Es gilt also, den Kunden zu überzeugen (durch solide Basisleistung), zu überraschen und zu begeistern. Nur Dienstleister, die alle drei Merkmale bieten, bauen echte Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz auf. Das Streben danach, den Kunden zu begeistern, hat allerdings zur Folge, dass Kunden Überraschungs- und Begeisterungsmerkmale irgendwann als Basis ansehen und der Dienstleister sich immer wieder etwas Neues einfallen lassen muss. Richtet sich das Unternehmen allerdings am Kunden aus, wird es damit keine Probleme haben, da man das Wissen und die Fertigkeiten besitzt, Leistungsmerkmale zu entwickeln und zu erfinden. Man kennt den Kunden und seine Erwartungen, sodass es nicht schwer fällt, ihn zu überraschen.

Beispiele für die genannten Merkmalstypen findet man in der Praxis bei erfolgreichen Unternehmen wie beispielsweise Amazon oder Toyota.

:: Amazon begrüßt Sie namentlich sogar vor einer expliziten „Anmeldung“ beim reinen Aufruf der Internetseite. Sie werden mit aktuellen Neuerscheinungen, die ihren persönlichen Präferenzen entsprechen auf der Startseite begrüßt. Die dazu erforderlichen Daten werden nicht vom Kunden abgefragt sondern anhand seiner Kauf- und Anzeigegewohnheiten ermittelt.
:: Fragt man bei der Luxusmarke Toyotas, Lexus, nach einem Vorführwagen, erhält man (zumindest) in den USA binnen 24 Stunden einen vollgetankten Vorführwagen des neuesten Modells vor die Haustür gestellt. Hat man die Probefahrt beendet, sagt man im Autohaus Bescheid und der Wagen wird von einem Servicemitarbeiter abgeholt. Das Ganze geschieht unverbindlich und kostenlos.

Kundenzufriedenheit messen und erhalten
Eines der wertvollsten Investitionsgüter eines Unternehmens ist der zufriedene Kunde. Fasst man den Begriff streng auf, ist ein »Kunde« jemand, der regelmäßig bei Ihnen kauft, andernfalls ist er ein Käufer (einmal gekauft) oder ein Interessent oder Nachfrager (noch nichts gekauft). Ein Kunde ist also nicht nur jemand, mit dem man Umsatz generieren kann, sondern er ist quasi ein Abonnent. Mit Kunden kann man kalkulieren. Sie verleihen einem Unternehmen Sicherheit und Stabilität. Käufer oder Interessenten dagegen bedeuten Potentiale und Zukunftschancen.

Vergleicht man die Gruppen aus Kostensicht, sind Käufer⁄ Interessenten fast siebenmal so teuer wie Kunden! Warum? Marketing- und Werbeaufwände für die Gewinnung von Neukunden sind enorm. Aufwände für die Erhaltung der Zufriedenheit bestehender Kunden sind weit geringer. Rein fiktiv wendet man also 100 Euro für einen neuen Kunden auf, nur um diese 100 Euro wieder zu verlieren, wenn der Kunde sich unzufrieden zum Konkurrenten wendet.

Um getätigte Werbeinvestitionen zu sichern, ist es also unbedingt notwendig
:: Kunden zu halten⁄ Kundenverlust zu vermeiden (Verhinderung von Kundenabwanderung ebenso oder sogar noch stärker gewichten als die Gewinnung von Neukunden),
:: kontinuierlich Kundenzufriedenheit zu prüfen und
:: bei tatsächlich verlorenen Kunden, dann daraus Erfahrungen zu sammeln und nach dem »Warum?« zu fragen.

Viele werden entgegnen, dass die Quantifizierung des Umsatz- bzw. Gewinnbeitrags eines einzelnen Kunden bzw. die Feststellung, wer der Kunde ist, ebenfalls enorme Investitionen erfordert. Eben dies wird in Zukunft das Problem sein.

In naher Zukunft werden Unternehmen viel Zeit damit verbringen, zu untersuchen, wie wertvoll der einzelne Kunde für sie ist und wie viel sie aufwenden müssen, um diesen Kunden zu halten, anstatt den gleichen Betrag in die Werbung eines Neukunden zu investieren.

Vom Dienstleister zum Solution Provider
Immer mehr Dienstleister entwickeln sich zu sogenannten Solution Providern.
Das heißt, sie bieten Komplettlösungen für ihre Kunden. Der Kunde empfängt eine auf ihn maßgeschneiderte Lösung. Er erhält quasi eine komplette Leistung zu einem festen Preis. Wie kommt es zu diesem Trend? Der Grund ist, dass - meistens handelt es sich um große Geschäftskunden - Kunden immer mehr Leistungen, die nicht in ihrer Kernkompetenz liegen, an externe Dienstleister outsourcen. Der Outsourcingtrend hält nun schon seit einigen Jahren an und scheint die Geheimwaffe von Unternehmen gegen hohe Fixkosten, intransparente Leistungen und mangelnde Qualität zu sein.

Ein Beispiel ist der Kundendienst am Telefon, den Unternehmen von Call Center-Betreibern einkaufen. Die Leistung »Anruf entgegennehmen, bearbeiten und gegebenenfalls an qualifizierten Spezialisten weiterleiten« wird dabei nicht nur skalierbar angeboten sondern auch das gesamte Management (Steuerung, Qualitätssicherung, Reporting etc.) erledigt.
Der Vorteil für den Kunden: er muss sich um nichts als die Bearbeitung von Anfragen, die durch das Call Center weitergegeben werden, kümmern. Die gesamte Telefonbereitschaft und ein Großteil der Bearbeitung von Anfragen wird durch den Dienstleister erledigt.

Der Kunde kauft mit der Dienstleistung keine »Black Box«, also ein für ihn nicht einsehbares Paket, sondern er darf (mit Hilfe eines ihm gelieferten Kennzahlenreportings) in die internen Dienstleisterprozesse schauen, um evtl. Qualitätsmängel zu erkennen und ihnen entgegenzusteuern.

Kernkompetenzen erkennen und in Servicekonzepte umsetzen
Umgang mit und Nutzung von eigenem, selbst erarbeitetem Wissen sind brandaktuelle Themen. Organisationen und Unternehmen haben teils große Wissensbasen, die sie nicht zu ihrem und zum Vorteil der Kunden nutzen. Wissen geht somit nach und nach verloren.

Dabei ist das eigene, schwer und teuer erworbene Wissen Ausgangsbasis für das Entdecken und Designen von Dienstleistungen und Produkten. Wissen hat man entweder über den Kunden oder über sich selbst (Erfahrung). Beides sollte man nutzen.

Wiederum erschallt ein lauter Ruf nach Software, die das Aufbereiten und Verfügbarmachen von Wissen unterstützt. Dabei sollte das Unternehmen zunächst konzipieren, was es sich von Wissen verspricht, erst danach ist zu entscheiden, wie Wissen aufbereitet und präsentiert werden soll.

Grundsätzlich gilt, was man weiß, muss man nicht mehr lernen. Was man kann, muss man nicht mehr üben.
Die solidesten Produkt- und Serviceideen entstehen auf der Basis dessen, was man kann und weiß.

Qualität der Dienstleistung.
Die erste Frage, die sich bei dem Begriff Dienstleistungsqualität stellt, ist: gibt es das überhaupt? Qualität wird nach ISO 9000 definiert als die Gesamtheit der Merkmale, die eine Einheit zur Erfüllung vorgegebener Anforderungen geeignet macht. Eine Einheit kann ein Produkt, eine Dienstleistung, ein Prozess oder eine Organisation (Abteilung, Unternehmen) sein. Die vorgegebenen Anforderungen können festgelegt oder vorausgesetzt sein und ergeben sich u.a. aus dem Verwendungszweck (Art des Gebrauchs).

Qualität ist demnach von den Erwartungen und Anforderungen des Konsumenten abhängig.
Erinnern wir uns an die Definition der Dienstleistung:
:: Ergebnis einer Tätigkeit, die die Nutzung eines vorhandenen Produktes gewährleistet
:: Tätigkeit zur unmittelbaren Befriedigung von Bedürfnissen des Menschen oder der Gesellschaft
Dienstleistungsqualität bedeutet also, dass die Erwartung des Kunden bezüglich dessen, wie er ein Produkt nutzen kann bzw. wie ein entsprechendes Bedürfnis befriedigt wird, erfüllt wird.

Qualitätsstandards für Dienstleistungen setzen
Jetzt, da wir eine Idee haben, was Dienstleistungsqualität ist, möchten wir Qualität messbar machen. Können wir Qualität nämlich messen, können wir auch Richtwerte für Qualität definieren, um Vergleichbarkeit zwischen Dienstleistungen von Unternehmen herzustellen.

Genauso wie auch Produkte durch verschiedenste Leistungsindikatoren vergleichbar gemacht werden, wäre dies auch bei Dienstleistungen denkbar! Es ist für einen Dienstleistungsprozess möglich, eine Kennzahl zu definieren sowie ein Verfahren, wie diese Kennzahl ermittelt wird. Ein Unternehmen, welches diese Kennzahl für seine Leistung ausweist, muss dann lediglich sicherstellen, dass es diese Kennzahl immer nur nach dem allgemein anerkannten Verfahren berechnet.

Qualität managen – Planung, Controlling, Steuerung
Einmal definierte Qualitätsstandards müssen entsprechend gemanagt werden. Zu den Verfahren und Methoden, mit denen Qualität geplant, kontrolliert und gesteuert werden kann, zählen zum Beispiel BSC (Balanced Scorecard), SLA (Service Level Agreement) oder QFD (Quality Function Deployment).

BSC (Balanced Scorecard)
BSC ist eine Managementmethode, mit der ein Unternehmen mittels strategischer Kennzahlen gesteuert werden kann. Sie ist das erste Führungssystem, das strategische Ziele in den betrieblichen Alltag überträgt.

BSC basiert im Wesentlichen auf der Formulierung von Zielen, deren Erfüllung mittels einer geeigneten Kennzahl kontrolliert wird. Dabei werden Ziele in Teilziele heruntergebrochen und Teilziel-verantwortlichen übergeben. Es entsteht eine Zielkaskade. Die gemessenen Kennzahlen der Teilziele können aggregiert werden bis die Zielkennzahl an die Geschäftsleitung berichtbar ist. Aufgrund möglicher Abweichungen von Soll-Werten der Kennzahlen kann auf jeder Ebene eine Nicht-Erfüllung der Ziele nachgewiesen und entsprechend gegengesteuert werden.

SLA (Service Level Agreements)
SLA ist ein Begriff, der wiederum von Serviceleistungen für Informationstechnologie stammt. Mit Hilfe von SLA werden vertragliche Vereinbarungen in einer Kennzahl ausgedrückt und gemessen. Kunde wie Dienstleister begeben sich in ein für sie transparentes und bewusstes Vertragsverhältnis und definieren »den Umgang miteinander«. Somit werden Auseinandersetzungen und Interpretationen der Leistungsqualität vermieden.

Beispiel ist die Erreichbarkeit eines Call Centers. Diese kann wie folgt gemessen werden:
»Prozentsatz der Anrufer, die nach 30 Sekunden mit einem Menschen sprechen.« In Call Centern nimmt die Telefonanlage alle Gespräche sofort an und versucht diese an Mitarbeiter durchzuleiten. Ist kein Mitarbeiter frei, kommt der Anruf in die Warteschleife. Ab diesem Zeitpunkt werden die 30 Sekunden gemessen. Wenn dann ein Call Center-Agent den Anruf entgegennimmt, endet die Zeitmessung und die Telefonanlage dokumentiert den Anruf als angenommen nach xx Sekunden. Diese Messzahl ist belegbar, nicht manipulierbar und für den Kunden leicht verständlich.

Solche Messzahlen gelten auch für andere Dienstleistungen. Beispiele sind:
:: Reaktionszeit beim Eingang einer reklamierten Ware
:: Fixtime eines Problems z.B. einer defekten Software
:: Reaktionszeit bei der Regulierung eines Versicherungsschadens

Üblicherweise werden SLA in Vertragswerken als Bündel zusammengefasst und dem Kunden als Gesamtleistung verkauft.
Ein wichtiges Thema beim Abschluss von SLA sind auch SLA-Verletzungen. Darin wird die Vertragsstrafe festgelegt, die gezahlt werden muss, wenn ein SLA nicht eingehalten wird. Je nach Schwere der Verletzung ist eine Staffelung der Strafe sowie eine Kulanzklausel ratsam.

QFD (Quality Function Deployment)
QFD ist eine zu Beginn der siebziger Jahre in Japan von Professor Akao u.a. entwickelte Qualitätsmethode zur Ermittlung der Kundenanforderungen und deren direkter Umsetzung in die notwendigen technischen Lösungen. QFD, sinngemäß übersetzt mit »Aufmarsch der Qualitätsmerkmale« wird als ein vorbeugendes Werkzeug zur Produktdefinition eingesetzt und hat über die USA Eingang in Europa gefunden. Es ist ein systematischer Weg, der sicherstellt, dass die Festlegung der Produktmerkmale durch die Entwicklung und die anschließende Auswahl der Produktionsmittel, Methoden und Kontrollmechanismen ausschließlich von den Anforderungen der zukünftigen Kunden bestimmt wird.

QFD ist deshalb ein wichtiger Bestandteil der vorbeugenden Qualitätssicherung und erfüllt damit eine der Erfordernisse von ISO 9000 ff. Es handelt sich dabei um keine Qualitätssicherungsmethode im herkömmlichen Sinne, sondern ist eine kundenorientierte Produktplanungsmethode.

QFD löst mehrere, miteinander verbundene Aufgaben:
:: Direktes Einbringen der Kundenanforderungen
:: Definieren der Wettbewerbsvorteile durch die für den Kunden überraschenden Lösungen (begeisterter Kunde)
:: Verstehen der verschiedenen Anforderungen von Kunden, Entwickler, Produzenten, Verkäufer
:: Erstellen der Bewertungsprofile, Wechselbeziehungen der einzelnen Anforderungen⁄ Lösungsmerkmale
:: Festlegen der für die Qualität des Produkts aus Kundensicht wichtigen und daher für den Verkaufserfolg entscheidenden Produktmerkmale
:: Ermitteln der Kosten - Wert Relationen
:: Einheitliche, methodische Kommunikation der Ziele für alle Bereiche, einschließlich einer nachvollziehbaren Dokumentation des gesamten Prozesses

Als Ergebnisse der Anwendung des QFD Verfahrens können ein schneller Beginn der Entwicklung, wenig Änderungen, eine kurze Produktionszeit, ein profitables Produkt und zufriedene, oft begeisterte Kunden erwartet werden.

Kommunikation der eigenen Qualität an Kunden
Eine weitere Herausforderung wird es sein, die einmal gemessene Qualität an Kunden zu kommunizieren. Qualität hat seinen Preis, ist ein Instrument, um sich von Mitbewerbern abzugrenzen und lockt Kunden. Kunden möchten wissen, ob sie im übertragenen Sinne »mit einem Mercedes oder einer Ente fahren«.

Dienstleistungsmarketing ist in Theorie und Praxis noch ein zartes Pflänzchen, welches sich ebenfalls entwickeln muss, damit die Kommunikation zum Kunden funktioniert und vom Kunden auch angenommen wird.

Flexibilität interner Prozesse
Viele Unternehmen tun sich in der Gestaltung ihrer internen Arbeitsabläufe schwer.

Die Kardinalfrage lautet: »Wie kann ich meine Mitarbeiter motivieren und begeistern, im Dienste des Unternehmens flexibel und kundenorientiert zu sein?«

Sind die Mitarbeiter (einschließlich der Unternehmensführung) motiviert und flexibel, können sie sich mit den Zielen und Idealen des Unternehmens im Dienste des Kunden identifizieren, werden auch die internen Prozesse und Arbeitsabläufe nicht zu hierarchischen, starren und bürokratischen Gebilden verkommen. Die Organisation darf nicht zum Selbstzweck werden, sondern sollte im Dienste des Kunden stehen, der für die Leistungen der Organisation bezahlt.

Was kann die Politik tun?
Kein Unternehmen dieser Welt kann kundenorientiert und erfolgreich wirtschaften, wenn bestimmte Rahmenbedingungen durch die Politik nicht geschaffen werden. Da Kleinbetriebe und mittelständische Unternehmen in Deutschland der bedeutendste Arbeitgeber sind, sollten gezielte und sinnvolle Fördermaßnahmen eben diese Unternehmen unterstützen.

Banken kritisieren, dass kleine und mittelständische Unternehmen mit zu wenig Eigenkapital ausgestattet sind. Das Kreditrisiko für Banken ist dementsprechend hoch. Banken werden also, auch angesichts der zahlreichen Insolvenzen in letzter Zeit, immer unwilliger Kredite vergeben. Hier ist die Politik aufgerufen, Förderprogramme für die Steigerung der Eigenkapitalquote der kleinen und mittelständischen Unternehmen zu entwickeln. Experten schlagen vor, weniger Geld in Arbeitslose zu investieren, dafür mehr Geld in Arbeit. Anreize sollten also für das »Arbeiten« und nicht für das »nicht Arbeiten« geschaffen werden.

Ein weiterer Kritikpunkt lautet, dass die Sektoren Produktion und Landwirtschaft immer noch überproportional mit Förderungen und Subventionen bedient werden. Diese Wirtschaftssektoren beschäftigen aber, wie eingangs dargelegt, immer weniger Menschen. Dem Dienstleistungssektor gehört unweigerlich die Zukunft. Die Forderung lautet also, den Dienstleistungssektor entsprechend mit Subventionen zu versorgen, damit dort Investitionen in Kundenbindung, Service und neue Ideen getätigt werden können. Dadurch werden Arbeitsplätze geschaffen und das Verbrauchervertrauen gesteigert!

Der internationale Vergleich
Ist es tatsächlich so, dass in den USA oder in Japan bessere und qualitativ hochwertigere Dienstleistungen erbracht werden? Es fällt auf, dass immer wieder von begeisterten Urlaubern berichtet wird, wie freundlich und angenehm der Service in den USA oder in Japan war. Offenbar verstehen es Amerikaner und Japaner, den Kunden zu begeistern, und das mehr als die Deutschen. Vor allem in Japan gilt die Maxime »kopiere die positiven Merkmale und Eigenschaften deines Lehrers nicht die Negativen« (»Hagakure, der Weg des Samurai«).

So ist es an uns, mal von den anderen zu lernen. Dazu müssen Sprachbarrieren überwunden, Mitarbeiter zum Lernen motiviert und Lernprozesse angestoßen werden.

Es gibt viel zu tun, packen wir es an!
Mit diesem Ausspruch kann man durchaus die aktuelle Situation der Dienstleistungen in Deutschland zusammenfassen. Einige Unternehmen und Berater sind diesem Aufruf mit Erfolg nachgegangen. Viele haben diesen Weg noch vor sich. Sicherlich gibt die aktuelle Lage nicht den geringsten Anlass, den Kopf in den Sand zu stecken, sondern sie ist die Aufforderung, sich anzustrengen.

Schwierige Situationen verlangen ein planvolles, entschlossenes Vorgehen. Nur wenn wir die Ärmel hochkrempeln und sachlich nach Lösungen suchen, werden wir das augenblickliche Wirtschaftstief überwinden und, was Dienstleistungen angeht, Anschluss an die internationale Konkurrenz gewinnen.  

 

Literatur:
:: Statistisches Bundesamt: Dienstleistungen in Deutschland. Ergebnisse der neuen Statistik – Jahr 2000
:: Tominaga, Minoru: Die kundenfeindliche Gesellschaft, 2002
:: Hübner, Sabine: surpriservice, 2002

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