Ein Blick auf den Messealltag ergibt eine ernüchternde Bilanz eines beliebten Kommunikationsinstruments. Oft wird die Messe als als Pflichttermin gesehen und auf ein Event reduziert. Um die Messe als erfolgreichen Baustein im Customer Relationship Management zu etablieren, muss diese als Prozess gelebt werden, der lange vor dem Ereignis beginnt und erst weit danach endet. Die Integration in ein Marketingkonzept ist größerer Garant für Erfolg als der in der Regel herrschende kontraproduktive Aktionismus.
chenkt man der Event-Industrie und ihren Protagonisten Glauben, so handelt es sich bei der Messe um ein Event, welches einer gehörigen Portion Selbstinszenierungsanstrengungen bedarf, um den gewünschten Erfolg zu erzielen.
Mit Imagegewinn, der Schaffung von Markenwelten oder der emotionalen Beeinflussung des Besuchers wird dieser immer noch anzutreffende Gigantismus gerechtfertigt. Und so wird ein voller Messestand zum vermeintlichen Gradmesser des Messeerfolges, frei nach der Maxime: Masse anstatt Klasse.
Die Folgen dieser Sichtweise: Fast drei Viertel aller Aussteller haben Zweifel am Kosten-Nutzen-Verhältnis des Instruments, bei mehr als der Hälfte aller Beteiligungen mangelt es an einer präzisen Zielsetzung, nur jede zweite Beteiligung ist in ein übergeordnetes Marketingkonzept integriert und neunzig Prozent aller Standleiter halten die Messe für einen Pflichttermin!
Die Konsequenz dieser latenten Unzufriedenheit spiegelt sich in einer abnehmenden Anzahl deutscher Aussteller hier zu Lande wider. Unter dem Aspekt eines ergebnisorientierten Unternehmens ist dieses unreflektierte Verhalten der Aussteller ein Phänomen, für das es kaum eine rationale Erklärung gibt. Immerhin betrug das durchschnittliche Budget für Messebeteiligungen in den Jahren 2003⁄2004 laut AUMA (Ausstellungs- und Messeausschuss der deutschen Wirtschaft, Berlin) 258.200 Euro! Wer würde wohl auf die Idee kommen, so viel Geld in seine Verkäufer im Feld zu investieren, ohne einen messbaren Gegenwert dafür zu erhalten? Niemand!
Für wen gehen wir eigentlich auf die Messe?
Während Budgetverantwortliche allzu gerne den Verheißungen eines Events erliegen und einen Erlebnisparcour für Erwachsene schaffen, verschanzen sich Verkäufer dankbar hinter diesem Zirkus. Ein Gang über eine x-beliebige Messe bestätigt aktuelle Studien nur allzu deutlich: Messeauftritte werden immer noch aus der Innensicht eines Unternehmens konzipiert und gleichen einer gigantischen Nabelschau der Eitelkeiten. Die Standarchitektur scheint wichtiger zu sein als das Informationsbedürfnis des Fachbesuchers. Und so veranstalten Aussteller fröhlich weiterhin Gewinnspiele, Tombolas oder Rennsimulationen, um Besucher an den Stand zu locken.
Nur eines ist in der Regie nicht vorgesehen: Ein Besucher, der sich in einem persönlichen Gespräch informieren möchte... geschäftig verziehen sich Verkäufer beim Annähern eines fremden Gesichtes in die Küche oder Kabine, wichtigtuerisch greift man schnell zum Handy, um ein Gespräch zu vermeiden – bloß nicht anquatschen lassen! Andere Verkäufer sorgen mit ihrer demonstrativen Verteidigungsstrategie von vorneherein für klare Verhältnisse: Wippend mit verschränkten Armen stehen sie als geschlossene Verteidigungslinie an der Standkante – unsere Vorfahren hätten keine bessere Revierverteidigung an den Tag legen können!
Übertrieben? Weit gefehlt! Alle verfügbaren Untersuchungen führen unisono zu dem gleichen Ergebnis: Der Einzige, der stört, ist der Besucher!
:: 70 Prozent der Besucher werden nicht vom Standpersonal angesprochen, d.h., ignoriert,
:: 80 Prozent der Verkäufer interessieren sich nicht für den Bedarf des Besuchers, sondern beten das einmal gelernte Fachwissen ohne Punkt und Komma herunter,
:: 94 Prozent der Verkäufer lassen Besucher keine eigenen Erfahrungen mit den Exponaten machen, auch wenn dies möglich gewesen wäre.
Und hat es ein Besucher endlich geschafft, mit einem Standmitglied ins Gespräch zu kommen, so wird er in den meisten Fällen von der Gesprächsqualität enttäuscht – nur ein Fünftel zeigt sich mit dem eben geführten Messegespräch zufrieden!
Mit Ernüchterung wird so mancher der betroffenen Aussteller hinterher feststellen müssen, dass er zwar einen zweifelhaften Beitrag zur Unterhaltung der Messebesucher geleistet, jedoch wenig für sein eigenes Fortkommen als Unternehmen getan hat. Nicht selten wird die Bilanz, falls sie denn überhaupt gezogen wird, mehr als ernüchternd ausfallen: Einer Pro-Kopf-Investition von 2.000 Euro pro Verkäufer und Messetag stehen am Ende 2,5 brauchbare Kontakte pro Verkäufer⁄Messetag gegenüber (Ergebnis einer Messebefragung in der Investitionsgüterindustrie, 2002, Clausen Unternehmensberatung).
Der Fachbesucher - das unbekannte Wesen?
Und wie steht es mit dem Fachbesucher? Seine Erwartungshaltung verhält sich absolut konträr zu dem, was später für ihn Realität wird. Der Fachbesucher, das zeigt eine Untersuchung der Universität Erlangen-Nürnberg, ist wesentlich besser strukturiert als viele Aussteller. Er plant seinen Messebesuch oftmals akribisch, erstellt eine Agenda und macht sich einen konkreten Zeitplan. Je routinierter er ist (Wiederholungsbesucher), desto detaillierter plant er seinen Aufenthalt.
Im Gegensatz zur Mehrheit der Aussteller überlässt er das Messegeschehen ungern dem Zufall und vereinbart seine Termine soweit möglich bereits im Vorfeld. Für Aussteller bedeutet diese Vorgehensweise, dass sie kaum eine Chance haben, vor Ort noch auf die Agenda eines solchen Besuchers zu gelangen – vor allem dann nicht, wenn das Team sich wie zuvor beschrieben verhält. Besucher mit einer konkreten Kaufabsicht oder jene, die kurz vor einer Investitionsentscheidung stehen, gehen mit ihrem Zeitbudget besonders sorgfältig um und verlieren sich selten in eine ziellose Suche nach der passenden Lösung.
Welche Konsequenzen sollten betroffene Aussteller ziehen? Eines steht fest, ein »Hurra-Motivations-Training«, in dem ein paar Tage vor der Messe ein bisschen gute Laune verbreitet und Verhaltensregeln oder Besucheransprache per Videokamera geübt werden, wird das Team niemals für den anstrengenden Messeeinsatz motivieren können! Der Erfolg stellt sich maximal am ersten Messetag kurzfristig ein, aber über einen Zeitraum von fünf oder mehr Tagen verliert sich dieser Effekt sehr schnell – erfolgreicher wird die Beteiligung dadurch nicht.
Die Messe ist ein systematischer Managementprozess
Die Reduzierung der Messe auf ein Event hat zur Folge, dass die Phasen vor und nach der Veranstaltung sträflich vernachlässigt werden. Die Fokussierung auf 3-7 Messetage bewirkt, dass alle Aktivitäten auf die Veranstaltung ausgerichtet werden, während die für den Messeerfolg wichtigsten Phasen Pre-Marketing und Follow-up quasi verschlafen werden. Dabei sind Messen – vor allem im B-to-B-Markt - ein Prozess, der Monate vor der Messe beginnt und, je nach Branche, Jahre später endet! Dieser Prozess ist als systematischer Managementprozess zu verstehen, der einer strategischen Planung bedarf und integraler Bestandteil eines übergeordneten Marketingkonzeptes ist.
Der Messeprozess lässt sich in drei Phasen einteilen:
1. Pre-Marketing-Phase
2. Durchführungsphase
3. Post-Marketing-Phase, auch Follow-up genannt.
Die einzelnen Maßnahmen innerhalb dieser Phasen müssen formal, inhaltlich und zeitlich aufeinander abgestimmt werden.
Dabei hat das eigentliche Ereignis einen äußerst geringen Anteil am Prozess. Vor allen Dingen in der Investitionsgüterindustrie gleichen die Messetage einem Wimpernschlag im Verhältnis zur gesamten Zeitachse. Und weil sich dieser Prozess über Monate und nicht selten über Jahre erstreckt, sind Aussteller gut beraten, wenn sie die drei Phasen in Etappen mit Zwischenzielen untergliedern. Nur so werden sie sicherstellen, dass vor allem die für die Umwandlung in Neukunden so wichtige Kontaktverfolgung nicht im Tagesgeschäft untergeht. Es bedarf also eines auf die Bedürfnisse des Ausstellers zugeschnittenen, mehrstufigen Aktionsprogramms mit verbindlichen Teilzielen, Terminschritten und Zuständigkeiten.
Messe als Prozess zu begreifen ist jedoch nur eine Voraussetzung für die erfolgreiche Beteiligung. Ein weiterer Aspekt sollte in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben: Messe muss als eines von vielen Instrumenten zur Zielerreichung des Unternehmens verstanden werden. Leider ist nur rund die Hälfte aller Beteiligungen in ein übergeordnetes Marketingkonzept integriert. Viele Aussteller begreifen die Messe als isoliert stattfindendes Ereignis. Mit der Folge, dass sich die Aktivitäten auf die jeweils anstehende Veranstaltung konzentrieren und der Blick für das Wesentliche verloren geht.
Auf diese Weise werden wertvolle Synergien verschenkt und eine ad hoc-Planung forciert. Nicht selten gewinnt man den Eindruck, dass die Messe sich für diese Firmen als Naturereignis darstellt, welches plötzlich über sie hereinbricht. Kontraproduktiver Aktionismus anstelle ganzheitlicher Konzepte. Messen werden operativ verplant, jedoch nicht strategisch geplant! Dabei müssen zunächst strategische Entscheidungen getroffen werden. Im zweiten Schritt erfolgt dann die Phase der operativen Umsetzung.
Das Ziel ist der Weg!
Spätestens bei der Frage der Zielsetzung zeigt die Positionierung der Messe als reines Kommunikationsinstrument ihre fatalen Folgen: Kundenpflege und Imagegewinn lauten unisono die »Pseudo-Ziele«, die den gigantischen Aufwand rechtfertigen müssen. Und es versteht sich von selbst, dass unter dieser Prämisse absatzpolitische Aspekte des Instrumentes vollständig in den Hintergrund treten.
Dabei werden mit einer nachprüfbaren Zielsetzung die Weichen für das Beteiligungskonzept und die spätere Erfolgskontrolle gestellt. Die meisten Aussteller verzichten allerdings auf die erforderliche Präzisierung und flüchten sich in lapidare Formulierungen wie »Neukundengewinnung« ohne weitere Definition. Eine praktische und einfache Lösung! So kann man nichts verkehrt machen, denn die Chance ist ziemlich groß, dass man irgendwann tatsächlich einen Neukunden über die Veranstaltung an Land zieht! Allerdings muss dieser eine Neukunde dann die komplette Investition finanzieren! Diese vage Zielformulierung hat nicht nur zur Folge, dass der Messeauftritt ohne eine durchgängige Botschaft konzipiert wird, sondern dass sich zwangsläufig auch die allseits bekannte Unzufriedenheit mit dem Instrument zwangsläufig einstellt.
Die Messe ist das effektivste Verkäuferinstrument!
Kein zweites Instrument bietet die Möglichkeit, in so kurzer Zeit so viel für das Unternehmen zu bewegen, eine effiziente Arbeitsweise vorausgesetzt. Während der Verkäufer im Feld sich die Finger wund telefoniert, um einen persönlichen Gesprächstermin bei einem potentiellen Kunden zu erhalten, steht dieser plötzlich freiwillig auf dem Messestand! Und während der Verkäufer im Feld mit viel Glück drei Termine am Tag wahrnehmen kann, hat er auf der Messe die Chance, im Zwanzig-Minuten-Takt neue Entscheider kennenzulernen. Nur leider nutzen die wenigsten Verkäufer diese Vorteile – im Gegenteil: Im Rahmen einer Befragung in der Investitionsgüterindustrie 2002 (
Clausen Unternehmensberatung) stellte sich heraus, dass Verkäufer im Durchschnitt maximal fünf Gespräche pro Messetag führten, wobei die Hälfte davon im Nachhinein nicht brauchbar war!
Auf diese Weise wird der Vorteil der Messe ad absurdum geführt und ein Messekontakt um ein zigfaches teurer als der Feldkontakt. Dabei sollte das Verhältnis Feld- zu Messekontakt im Idealfall 3:1 betragen. Wenn sich aber dieses Verhältnis, wie die Praxis zeigt, in vielen Fällen nahezu umkehrt und ein Messekontakt ein Vielfaches dessen im Feld kostet, wird die Messe zwangsläufig als zu teuer empfunden. Die Folge: mehr und mehr Unternehmen verabschieden sich von der Messe, weil sie keinen Vorteil in der Messebeteiligung erkennen können.
Um die Kontaktfrequenz und –qualität deutlich zu steigern, bedarf es einer aktiven Messe-Akquisition sowie eines intelligenten Messezeit-Managements. Verkäufer müssen begreifen, dass sie mit ihren Aktivitäten in der Pre-Marketing-Phase den Grundstock für den späteren Erfolg legen. Es muss ihnen gelingen, das Potential bereits lange vor der Messe zu mobilisieren, nur so kann die Kontaktzahl pro Stunde spürbar erhöht werden. Der bewusste Umgang mit der kostbaren Ressource Zeit sichert dann jene Effizienz, die dieses Instrument jeder Feldarbeit überlegen macht.
Team-Motivation – aus Betroffenen Beteiligte machen!
Meine jahrelange Erfahrung aus Vertriebstrainings und Standbeobachtungen hat gezeigt: Die Integration der Verkäufer ist der Schlüssel zum Erfolg! Verkäufer, die nicht in das Projekt eingebunden sind, werden demotiviert auf dem Messestand herumstehen!
Empfehlenswert ist es, den kompletten Prozess zusammen mit dem Vertriebsteam in einem strategischen Workshop zu erarbeiten: Ausgehend von der Situationsanalyse werden die Ziele definiert, die zur Erreichung erforderliche Umsetzungsstrategie mit den sich daraus ergebenden Maßnahmen für die drei Messephasen erarbeitet, und eine verbindliche Zeitachse für den Prozess verabschiedet. Mit dieser Vorgehensweise werden Schnittstellenprobleme zwischen Marketing und Sales verhindert und, was mindestens ebenso wichtig ist, aus den betroffenen Verkäufern werden Beteiligte!
Diese Integration führt nämlich zwangsläufig dazu, dass das Team motiviert ist und weiß, warum es später für 3,5 oder 7 Tage auf der Messe stehen wird. Äußerungen wie: »Wäre ich bloß zu Hause geblieben, dann könnte ich etwas Vernünftiges arbeiten« werden überflüssig wie die zuvor beschriebenen »Verteidigungsstrategien«. Diese Verkäufer wissen, wie wichtig die Messetage für ihre persönliche Zielerreichung sind und welche einmalige Chance die Messe ihnen bietet.
Der Messeauftritt – nicht mehr als ein Baustein
Die Kundenorientierung stellt eine Unternehmenskultur dar, die auch auf der Messe erlebbar werden muss, wenn sie glaubwürdig sein soll. Wenn ein Unternehmen Customer Relationship Management als ganzheitlichen Ansatz zur Unternehmensführung versteht, sollte dieser kundenbezogene Prozess auf die Messebeteiligung übertragen werden.
Die Praxis zeigt, dass dieses Vorgehen zu den Ausnahmen gehört: Großzügig verteilte Prospektspender oder multimediale Präsentation im Außenbereich des Standes, die den Besucher bewusst oder unbewusst mit seinen Fragen alleine lassen – denn das Standpersonal zieht es vor, sich an der Bartheke zu tummeln. Produktpräsentationen oder Messeaktionen, die zwar Massen anziehen, deren Inhalt und Absicht einem Fachbesucher jedoch verschlossen bleiben. Und so erliegen viele Besucher zunächst den Verlockungen einer Messeattraktion, um dann enttäuscht festzustellen, dass sie als »lästige« Zeitgenossen gelten, sobald sie persönliche Informationen haben möchten. Eine kritische Reflexion des Auftritts und eine stärkere Orientierung an dem veränderten Besucherverhalten und –bedürfnis wären also die notwendigen Konsequenzen.
Für Aussteller wird es zunehmend schwieriger, sich mit ihrem Auftritt nachhaltig vom Wettbewerb zu differenzieren und in den Fokus potentieller Kunden zu gelangen. Nicht zuletzt die Austauschbarkeit von Produkten erfordert andere Messekonzepte: Ist es denn wirklich so, dass wir immer den ganzen »Bauchladen« an Produkten mitschleppen müssen? Wäre eine stärker an den Bedürfnissen der Zielgruppen ausgerichtete Präsentation nicht viel besser geeignet, die Kernkompetenz eines Unternehmens verständlich und klar zu kommunizieren?
Während vor Jahren noch Heerscharen von Einkäufern auf der Suche nach Komponenten eine Fachmesse frequentierten, sind es heute bei der Mehrzahl der Investitionsgütermessen vor allem Projektplaner, Techniker, Konstrukteure, Entwickler usw., die Partner für komplexe Lösungen suchen. Für einen Aussteller bedeutet dies, dass er sich mit seinem Auftritt diesem ganzheitlichen Informationsbedürfnis anpassen muss, um das spontane Interesse eines potentiellen Neukunden zu wecken. Mit der herkömmlichen Präsentation vieler Komponenten in ausgeleuchteten Glasvitrinen werden Aussteller unter diesen Umständen hier schnell an ihre Grenzen stoßen.
Fragen kostet nichts!
Wenn Customer Relationship Management keine leere Worthülse oder ein wohlklingendes Schlagwort sein soll, wären Unternehmen gut beraten, Ihre Bestandskunden einmal um ihre Meinung zu bitten. Es könnte nämlich passieren, dass Kunden zum Beispiel klar erkennen, dass der Aussteller niemals alle möglichen Lösungen zeigen kann – was im Umkehrschluss die Möglichkeit offen lässt, die intensive Produktpräsentation zugunsten anderer Präsentationsformen zurückzufahren. Ein praktischer Nebeneffekt dieser Strategie ist unter Umständen eine spürbare Budgetentlastung, denn die kostspieligen Exponattransporte können ebenso wie die erforderliche Standfläche erheblich reduziert werden.
Die Natur des Instruments Messe bringt es mit sich, dass sie die ideale Plattform zur Informationsbeschaffung ist. Neben dem Messebericht bieten Besucherbefragung, Stand- und Wettbewerbsanalyse viele Möglichkeiten, mehr über die Wünsche, Bedürfnisse und Erwartungen der Messebesucher in Erfahrung zu bringen. Das Ergebnis dieser Aktivitäten kann für einen Aussteller viele überraschende Erkenntnisse zu Tage fördern: Da wissen bei dem einen zum Beispiel selbst Bestandskunden nicht mehr, welche Marken oder Produkte er in seinem Portfolio hat, ein anderer wird feststellen, dass der Besucher mit der Qualität des eben geführten Messegespräches nicht zufrieden ist usw. Natürlich werden auch die Stärken eines Unternehmens durch eine Befragung sichtbar und bestätigt. Und nicht zuletzt kann transparent gemacht werden, mit welcher Erwartungshaltung Fachbesucher auf eine Messe kommen.
Wer könnte Kundenorientierung besser vermitteln, als das eigene Messeteam? Aber genau an dieser Stelle hapert es bei vielen Ausstellern: Wunsch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander! Den Grundstock für eine Kundenorientierung auf der Messe muss das Team legen! Wenn Verkäufer für die Wünsche und Bedürfnisse, aber auch die Situation eines Fachbesuchers (er steht unter einem enormen Zeit- und Erfolgsdruck!) sensibilisiert würden, wären wir schon einen Schritt weiter.
Customer Relationship Management wird nicht durch ein ausgefallenes Messegeschenk erlebbar, sondern durch die emotionale und fachliche Kompetenz des Messeteams sowie eine auf die Bedürfnisse der Zielgruppen zugeschnittene Präsentationsform. Die allseits beschworene emotionale Beeinflussung des Besuchers wird primär durch das Messeteam und seinen Umgang mit dem Besucher erzielt, denn der Besucher entscheidet mit dem Kopf und dem Bauch. Er will weder den ausgefallenen Messestand noch das aufwändige Catering kaufen – er interessiert sich ausschließlich für das Team und die Kompetenz des Ausstellers.
Der Messebericht – das Wertpapier!
Kein Instrument wird so falsch verstanden eingesetzt, wie der Messebericht, auch Leadbogen, Gesprächsprotokoll oder Gesprächsnotiz genannt. Die einen vergeben Fleißkärtchen an jene Mitarbeiter, die die meisten Protokolle abliefern. Andere setzen über Jahre hinweg das gleiche Formular für unterschiedliche Produktsparten und Messen ein. Die Mehrzahl der Protokolle verzichtet auch auf eine konsequente Abfrage jener Fakten, die Aufschluss über das mittel- bis langfristige Potenzial einer Besucheradresse geben. Man beschränkt sich auf die Erfassung der Kontaktdaten und das registrierte Besucherinteresse. Dem Verkäufer wird viel Spielraum für persönliche Anmerkungen und Notizen gelassen, die im Nachhinein kaum auswertbar sind.
Zunächst bleibt festzuhalten, dass der inhaltliche Aufbau des Messeberichts ein Spiegelbild der Unternehmens- und damit Messezielsetzung ist. Folglich muss er ständig überprüft und modifiziert werden. Als nächstes stellt sich die Frage, welche Informationen benötigt werden, um das Potential eines möglichen Neukunden zu erkennen. Hierbei geht es nicht nur um die Ermittlung des aktuellen Bedarfs. Vielmehr spielen auch mittel- und langfristige Aspekte eine wichtige Rolle.
Außerdem muss der Aufbau des Formulars das Selbstverständnis des Ausstellers widerspiegeln: Versteht er sich als Anbieter komplexer Systemlösungen oder als Verkäufer von Komponenten? Immer wieder werden in Messeberichten Produkte zum Ankreuzen vorgegeben, obwohl sich das Unternehmen längst als Systemanbieter versteht. Dies verleitet Verkäufer zwangsläufig dazu, in alte Denkweisen und Argumentationsschemata zu verfallen: Anstatt einen adäquaten Lösungsansatz für das dargestellte Problem zu präsentieren, verfallen sie in Produktdiskussionen. An diesem Beispiel wird deutlich, dass der Messebericht neben der Informationsbeschaffung auch die Funktion eines Gesprächsleitfadens hat. Um die Akzeptanz für dieses Instrument zu steigern, sind Aussteller übrigens gut beraten, es zusammen mit ihrem Verkaufsteam in dem Strategie-Workshop zu entwickeln.
Messe-Erfolgskontrolle – was muss sie leisten?
Der zuvor beschriebene Kostenvergleich zwischen Messekontakt- und Feldkontakt-Kosten zeigt, dass es durchaus Möglichkeiten gibt, das Projekt Messe abschließend auch faktisch zu bewerten. Und genau das ist die Aufgabe des Controllings: Es muss objektive Daten für eine transparente und rationale Beteiligungsentscheidung sowie die Marketingaktivitäten liefern! Bauchentscheidungen sind wenig hilfreich, wenn es darum geht, die Effizienz der Beteiligung zu überprüfen und bisher nicht genutztes Potential aufzuspüren!
Ideal für eine objektive Bewertung ist eine Kennziffernanalyse. Mit ihr kann die Wirtschaftlichkeit der Messe ebenso ermittelt werden, wie die Kosten der Umsatzerlangung auf der Messe im Vergleich zur Feldarbeit. Voraussetzung hierfür ist ein klar und präzise definiertes Messeziel, ein Messebudget, in dem sämtliche anfallende Kosten enthalten sind (also auch die Hotelkosten und Reisespesen – sie machen immerhin 20 bis 25 Prozent des Budgets aus) sowie eine verbindliche Zeitachse für den Prozess.
Darüber hinaus bedarf es eines Messeberichts, der, wie beschrieben, aussagefähige Informationen zum Potential der Messebesucher liefert. Werden Wettbewerbsanalyse oder Besucherbefragung ebenfalls als standardisiertes Instrument eingesetzt, können auch diese Auswertungen einen wertvollen Beitrag zur Erfolgskontrolle liefern.
Egal, für welche Kontrollmethode ein Aussteller sich entscheidet, wichtig ist, dass er immer die gleichen Parameter ansetzt, damit bei einer mittel- bis langfristigen Beobachtung nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden. Wird die Kontrolle über einen längeren Zeitraum durchgeführt, erhält ein Unternehmen fundierte Erkenntnisse darüber, welche Messe sich für ihn am »profitabelsten« darstellt. Eine wichtige Voraussetzung für künftige Auswahlentscheidungen oder Budgetgewichtungen.