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Familienunternehmen haben mehr emotionale Intelligenz
Die aktuelle Wirtschaftskrise ist im Kern auf falsche Einstellungen von obersten Führungskräften in anonymisierten Banken und Finanzinstituten zurückzuführen. Auf Manager, die mit wenig Ethik selbst ihr Einkommen unabhängig der individuellen Leistung durch ungerechtfertigte Boni maximierten. Anders die Familienunternehmen, wo traditionelle bodenständige Werthaltungen Exzesse gar nie zugelassen haben.

        


 
n Familienunternehmen sorgte eine hohe emotionale Intelligenz dafür, dass im Sinne einer »Good Citizenship« alle unternehmerischen Bezugsgruppen berücksichtigt wurden. Kommt noch eine konsequente »Family & Corporate Governance« hinzu, sind familiengeführte Betriebe erste Klasse.

Einseitige Optimierung
Groß ist nicht immer auch gut. Sehr große soziale Systeme – wie global agierende Banken und Wirtschaftsunternehmen – lassen sich schwer steuern. Wie bei Luxusschiffen, die sich auf dem falschen Kurs befinden, kann nur mit enormem Kraftaufwand die notwendige Kurskorrektur durchgesetzt werden. Interessant ist, dass trotz vielfältiger Corporate-Governance-Richtlinien und den Regeln der »Good Citizenship« große börsenkotierte Konzerne durch das egoistische Treiben ihrer obersten Führungskräfte uns die heutige wirtschaftliche Misere gebracht haben. Zu groß ist noch immer die Versuchung, das eigene Einkommen zu maximieren und innert weniger Jahre beträchtliche Vermögen anzuhäufen. Und zu schwach ist das Kontrollorgan. Dieser Mangel an ethisch akzeptierbaren Maßstäben war möglich, weil der Gier der Top-Manager keine wirkungsvollen Barrieren gesetzt wurden – trotz entsprechender »Remuneration committees« in den Aufsichts- und Verwaltungsräten von börsenkotierten Konzerngesellschaften.

Viele Unternehmen, die von einer Familie geführt und beherrscht werden, sind nie in ein solch falsches Fahrwasser geraten. Sie haben gute Leistung auch immer gut bezahlt. Dabei aber dank ihrer hohen sozialen Verantwortung und einem gesunden Augenmaß nur Gehälter vergütet, die sozialverträglich sind. Familienunternehmer sind dank ihrem traditionellen Ethos (der Summe ihrer Normen, Wertvorstellungen und Prinzipien) aktuell die Gewinner im Wirtschaftsumfeld. Sie sind dank ihrer hohen emotionalen Intelligenz pragmatisch geblieben und haben auf Fantasielöhne verzichtet. Weil sie noch wissen, was Leistung ist, und dass auch die stärksten Bäume nicht in den Himmel wachsen.

Werthaltungen prägen
Ob Bühler, Hilti oder Franke, ob Swatch, Amag oder Schulthess, allen gemeinsam ist der prägende Einfluss einer Familie. Internationale Konzerne ticken anders. Hier dominiert die Denke des Investment Banking, wo »leverage« gefragt ist: Mit möglichst geringem Einsatz möglichst große Gewinne zu erzielen. Und sich selber noch davon einen erklecklichen Teil auf das eigene Konto zu überweisen.

Wesentliche Werthaltungen in der Familie drehen sich um Einstellungen wie Vertrauen, Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Gerechtigkeit, Bodenständigkeit und Hilfsbereitschaft. Patrons reden nicht nur davon, sondern sie handeln entsprechend und sind für die heutige Wirtschaft wertvolle Vorbilder.

Unternehmen setzen auf andere Werte, wie beispielsweise hohes Wachstum und maximalen Gewinn, Nr.1-Position im Markt, globale Präsenz, Exzellenz in allen betrieblichen Prozessen und Abläufen sowie hohe Kundenzufriedenheit. Ähnlich wie Yin und Yang ist das Zusammenwirken der beiden Wertewelten entscheidend. Denn im Wirtschaftsleben braucht es beides: Familiäre und unternehmerische Werte. Nur wo sie zusammentreffen und sich harmonisch ergänzen, ist eine nachhaltige Existenz gewährleistet.

Ethisches Fehlverhalten von Managern ist leider heute an der Tagesordnung. Mangelndes Unrechtsbewusstsein, Ausnützung von rechtlichen Grauzonen und eine «Selbstbedienungsmentalität» haben sich breitgemacht. Teilweise ermöglicht über nicht funktionstüchtige Kontrollgremien, wo oft Aufsicht und Durchführung noch in Personalunion wahrgenommen werden.

Mehr familiäre Ethik
»Good Citizenship« verlangt moralisch sensible oberste Führungskräfte, die mit hoher emotionaler Intelligenz die Interessen der unterschiedlichsten Stakeholder wahrnehmen, ehrlich kommunizieren und entsprechend handeln. Wir brauchen auch in kotierten Unternehmensgruppen eine ethische Orientierung, die alle Mitarbeiter prägt. Denn nach wie vor sind die Mitarbeiter (das Humanpotenzial) die wertvollste Ressource. Gefragt ist eine situationsgerechte Mischung der zuvor aufgeführten familiären und unternehmerischen Werthaltungen. Wenn große Konzerne wie kleine Familienunternehmen geführt werden, dann wird unsere Welt wieder mehr Glaubwürdigkeit erlangen und dann werden »Corporate Social Responsibility«­Initiativen (CSR) nicht nur auf dem Papier existieren. Dabei bleibt die primäre Verantwortung aller Unternehmen, einen angemessenen Gewinn zu erzielen, unter Befriedigung der berechtigten Ansprüche der wesentlichen Bezugsgruppen (Stakeholder).

Dies bedeutet eine soziale und moralische Mitverantwortung und Disziplinierung der obersten Führungskräfte. Gefragt ist eine von familiären Werthaltungen bestimmte Unternehmensethik, wo nicht »Gewinne um jeden Preis« gefragt sind, sondern eine nachhaltige Wertschöpfung. Firmen müssten somit »Selbstverständlichkeiten« (die aktuellen Gesetze und Verordnungen) einhalten sowie ethische Prinzipien wie Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, soziale Gerechtigkeit im ganzen Unternehmen umsetzen. Zudem im Sinne der »Good Corporate Citizenship« auch Initiativen wie Nachbarschaftsprogramme realisieren, um damit das Nachhaltigkeitsdreieck »Ökonomie, Ökologie und Soziales« Wirklichkeit werden zu lassen. Erst wenn Compliance, Familienwerte und Nachhaltigkeit zusammenkommen und eine konsequente Umsetzung erfahren, lassen sich zukünftige wirtschaftliche Exzesse vermeiden.

Gelebte Governance
Good Governance umfasst die Gesamtheit der Regelungen und Mechanismen zur Entscheidungsfindung in Familienunternehmen. Dieser Ordnungsrahmen für die Steuerung und Kontrolle soll die Bedürfnisse und Erwartungen der Familie (innere Dimension), jene des Unternehmens und wichtiger Anspruchsgruppen (äußere Dimension) offenlegen und für klare Verhältnisse sorgen. Damit werden das Macht-, Führungs- und Kontrollgerüst der Familie (Family Governance) sowie des Unternehmens (Corporate Governance) und das Verhalten gegenüber externen Anspruchsgruppen (Public Governance) festgelegt. Klare Verhältnisse und eine transparente Kommunikation stärken die Sicherheit und das Vertrauen innerhalb der Familie und des Unternehmens und erhöhen die Glaubwürdigkeit gegen außen.

Unternehmen brauchen eine funktionsfähige Corporate Governance. Sie wird zunehmend zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Dies gilt – wegen der üblichen Bündelung von Eigentum, Leitung und Kontrolle in einer Hand – insbesondere für Familienunternehmen. Und hauptsächlich dann, wenn das Unternehmen den Generationenwechsel zu vollziehen hat und eine tragfähige Nachfolgelösung sowie die Ablösung der sehr personengebundenen Führung durch ein eher instrumentelles Management noch aussteht.

Die Analyse der Konflikte aus Generationenwechseln zeigt, dass der Unternehmer mit der Sicherung seines Lebenswerks inhaltlich, zeitlich und emotional an seine Grenzen stößt und von einer kompetenten Unterstützung durch eine handlungsfähige Corporate Governance enorm profitiert. Sie bietet die Gewähr, dass der Nachfolgeprozess in einem adäquaten zeitlichen Rahmen abläuft und eine für das Unternehmen optimale Nachfolgeplanung umgesetzt wird. Aber wofür steht Corporate Governance?

Generelle Zielsetzung einer guten Corporate Governance ist eine ausgewogene Unternehmensführung, die neben den Interessen der Eigentümer die Anliegen weiterer Stakeholder aktiv wahrnimmt. Economiesuisse, der Dachverband der Schweizer Wirtschaft, definiert Corporate Governance wie folgt: »Corporate Governance ist die Gesamtheit der auf das Aktionärsinteresse ausgerichteten Grundsätze, die unter Wahrung von Entscheidungsfähigkeit und Effizienz auf der obersten Unternehmensebene Transparenz und ein ausgewogenes Verhältnis von Führung und Kontrolle anstreben.«

Dreistufige Vorgehensweise
Good Governance in Familienunternehmen ist stufenweise zu realisieren:
1. Konzeptionelle Grundlagen bereitstellen.
2. Änderungen im Rahmen der strukturellen und rechtlichen Bedingungen vornehmen.
3. Erwartungen und Möglichkeiten klären, mögliche Konsequenzen daraus abschätzen.

Good Governance ist von innen heraus zu gestalten. Zunächst ist die »persönliche⁄innere Dimension« zu klären: die Bedürfnisse der Familie und tatsächlichen Möglichkeiten sowie das Bewusstwerden der Konsequenzen für Familie und Unternehmen. Gestützt auf die Grundsatzentscheidungen ist die äußere Dimension zu gestalten. Mit ihr werden das Unternehmen und die Beziehungen zum Umfeld geregelt. Wichtig ist, den Veränderungsprozess adäquat zu instrumentieren und dokumentieren. Ein Fahrplan zeigt, wie das Instrumentarium in den unterschiedlichen Anspruchsgruppen umgesetzt wird.

Ein aus den Aufgaben der Oberleitung unmittelbar ableitbares, klares und einheitliches Anforderungsprofil für Mitglieder eines Aufsichtsgremiums gibt es nicht. Entscheidend ist, dass das oberste Team als Ganzes kompetent und stark ist. Hierzu benötigt es alle sechs folgenden Schlüsselkompetenzen:
:: Strategie
:: Management
:: Markt
:: Marketing
:: Finanzen
:: Beziehungen

Da selten alle Schlüsselkompetenzen in einer Person vereint sind, aber zu jeder Kompetenz ein Spezialist benötigt wird, sollte der Verwaltungsrat systematisch besetzt werden. Bei der Suche nach einem neuen Mitglied ist unbedingt ein Anforderungsprofil zu erarbeiten, das sowohl die aktuellen Schlüsselkompetenzen des Rats als auch die spezielle unternehmerische Konfliktsituation berücksichtigt. Ein klassischer Turnaround verlangt andere Fähigkeiten als eine Post-Merger-Integration oder eine Begleitung bei der Nachfolgeregelung. Die Corporate Governance sorgt in der Phase der Unternehmer-Nachfolge für strategische und finanzielle Transparenz über die aktuelle Unternehmenssituation und die Zukunftsaussichten der Firma im Interesse des Unternehmers, seiner Familie, den Führungskräften, Mitarbeitern, Geschäftspartnern sowie potenziellen Investoren und Nachfolgern.

Transparenz schafft Vertrauen und verhindert das Entstehen von Konflikten.