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Motivationshelden – echtes Engagement entsteht durch Sinn und Zusammenhang
Gerade in schwierigen Zeiten steigt die Sehnsucht nach den Helden und Vorbildern in den Führungsetagen, die im Sturm das Ruder fest in die Hand nehmen und ihre Mannschaft mitreißen. Und so werden die Rufe wieder lauter: Führungskräfte müssen ihre Mitarbeiter motivieren, gerade in schwierigen Zeiten!

        


 
itarbeiter akzeptieren in der Regel, dass sie »nur« ein Rädchen im Uhrwerk des Gesamtvorhabens sind. Innerhalb von Arbeitsteilung tätig zu sein, ist eine Grunderfahrung für Mitarbeiter, auf der eine Führungskraft ohne weiteres aufbauen kann. Wichtig ist nur: Jeder Mitarbeiter möchte wissen, welches Rädchen er dreht und wie sich dieses Rädchen mit allen anderen zum Großen und Ganzen zusammenfügt.

Denn es gilt der Grundsatz der Motivation:
Andere Menschen sind grundsätzlich nicht Objekte der Beeinflussung oder Marionetten an den Fäden des Motivators, sondern mit Eigensinn und Eigenwillen ausgestattet. Führungskräfte können Mitarbeiter nicht unmittelbar fernsteuern, sondern nur die äußeren Bedingungen gestalten, die von eigenständigen Mitarbeitern wahrgenommen, interpretiert und in ihren Handlungsentwürfen berücksichtigt werden.

Motivation – eine Gretchenfrage?
Dass Vorgesetzte ihre Mitarbeiter motivieren sollen, wird oft so verstanden, dass sie von außen auf sie einwirken und sie in Richtung auf ein Ziel durch Druck oder Zug in Bewegung setzen sollen. Dem liegt also das Bild der so genannten extrinsischen Motivation zu Grunde. Darin verrät sich eine mechanistische Einstellung, die Mitarbeiter mit Maschinen gleichsetzt: Wie diese müssen sie gestartet, eingerichtet, mit Energie versorgt, gewartet usw. werden!
Es wird hier die Fremdbewegung hervorgehoben: Jemand gibt den Anstoß, übt Druck, Schub oder Zug aus, um Motivation zu erreichen.

Eine zweite Sichtweise postuliert: Es gibt keinen unmotivierten (bewegungslosen) Menschen, oder anders: »man kann nicht nicht motiviert sein«.

Menschen sind immer »in Bewegung« es kommt darauf an, die Intensität, Richtung und Stetigkeit dieser Bewegung zu beeinflussen. Die Quelle der Motivation liegt in der Person selbst, so dass es letzten Endes nur Selbstbewegung gibt, die von außen zwar angeregt und unterstützt, aber nicht eigentlich erzeugt oder beherrscht werden kann. Diesem Ansatz liegt also das Bild der so genannten intrinsischen Motivation zu Grunde.

Die dieser Sicht angemessene Rolle der Führungskraft ist die des Entwicklungshelfers, der bei seinen Mitarbeitern Selbstmotivation ermöglicht. Er betrachtet Mitarbeiter als mündige Menschen und gestaltet oder erhält die Arbeitsbedingungen so, dass die vorhandenen Potentiale freigesetzt werden können.

Erfolgreiche Führungskräfte wissen längst, dass der Anspruch, seine Mitarbeiter durch äußere Anreize motivieren zu wollen, kein kluges Unterfangen ist. Sie halten das für ein wenig zielführendes, aber gleichwohl anstrengendes Konzept.

Die Erfahrung zeigt, dass die extrinsische Motivation nicht von langer Dauer ist, von der Führungskraft viel Kraft abverlangt – und auf mittlere Frist sogar kontraproduktiv ist: Mitarbeiter erhalten hier Prämien für Leistungen, die sie aus freien Stücken tun, also auch ohne die Prämie erbracht hätten. Dies führt am Ende eher zu Demotivation, denn es schwächt die intrinsische Motivation. Belohnung für ein Engagement, das man ohnehin zeigt (zum Beispiel länger arbeiten), lässt einen das eigene Handeln als »korrumpiert« überdenken. Man beginnt, an der ursprünglichen Zweckfreiheit des Handelns zu zweifeln. Oder anders ausgedrückt: Man sieht die längere Arbeit nicht mehr nur um ihrer selbst willen als sinnvoll und notwendig an, sondern betrachtet sie nur als Mittel zum Zweck für das Erlangen der »Überstundenzulage«.

Die nachhaltige Wirkung intrinsischer Motivation
Erfolg versprechender sind die intrinsischen Wege der Mitarbeitermotivation. Hier geht es nicht darum, das Team von außen zu beeinflussen, sondern die bereits »mitgebrachte« Grundmotivation der Mitarbeiter zu nutzen. Dieses Erfolgsmuster basiert auf der Einsicht, dass Menschen bereits aus sich selbst heraus für eine bestimmte Handlung motiviert sind. Anders ausgedrückt: Menschen sind motiviert, sie müssen nicht erst dazu gebracht werden!

Die Wirkung intrinsischer Motivation auf die Leistung ist nicht nur deutlicher, sondern auch stabiler und anhaltender. Für den Teamleiter, der diese Chance nutzen möchte, hat das vor allem eine Konsequenz: Er muss herausfinden, worin die intrinsische Motivation eines Mitarbeiters liegt und ihm dann die dazu passende Aufgabe übertragen.

Vorgesetzte können also nicht »in Mitarbeiter eingreifen« und direkt Bedürfnisse, Wünsche, Motive, Ziele etc. ummontieren oder implantieren. So gesehen verändert sich das Bild völlig: Anstatt die allgemeinen souveränen Lenker des Geschehens zu sein, sind Vorgesetzte eine unter vielen Einflussgrößen, die auf Mitarbeiter einwirken.

Struktur kommt vor Psyche
Damit leuchtet auch ein, warum transparentes Vorgehen für die Motivation so entscheidend ist: Eine nachvollziehbare Arbeitsstruktur, ein verständlicher Terminplan und SMARTe Ziele (spezifisch, messbar, ausführbar, relevant, terminiert) zeigen jedem einzelnen Mitarbeiter, wie das »Uhrwerk« aussieht, in dem er für sein wichtiges Rädchen die Verantwortung trägt. Ein guter Leader macht den Zusammenhang erkennbar, in dem jedes Teammitglied eigenverantwortlich handelt, statt die Führungsenergie in immer ausgefeiltere Anreizsysteme zu stecken.

Das Erleben von Sinn ist ein starker intrinsischer Motivator für einen Mitarbeiter. Wie können Führungskräfte diese Primärmotivation nutzen?

Zunächst gilt es, die grundlegenden psychologischen Prozesse zu bedenken, die in diesem Zusammenhang wirksam sind. Hier kommt es vor allem auf zwei Aspekte an:
:: Sinn kann nicht von anderen vorgegeben oder gar verordnet werden,
:: sinnvolles Handeln entsteht aus dem individuellen Bestreben, bestimmte persönlich wichtige Werte zu verwirklichen.

Führungskräfte sollten deshalb das Ziel einer Aufgabe so beschreiben, dass der Mitarbeiter es in freier Entscheidung für sich akzeptieren kann. Zudem sollte es so kommuniziert werden, dass der Mitarbeiter für sich in der Aufgabe einen Sinn entdecken kann – und zwar ohne, dass er von außen dazu aufgefordert wird.

Sich folgende Fragen zu stellen kann helfen, einem Mitarbeiter das richtige Aufgabenpaket anzuvertrauen – eine Aufgabe, in der er für sich einen Sinn findet und die er deshalb voraussichtlich auch motiviert anpacken wird:
:: Stehen die Anforderungen der Aufgabe und die Fähigkeiten der Mitarbeiter im Einklang zueinander? Droht eine Über- oder Unterforderung?
:: Kann der Mitarbeiter möglichst das tun, was er am besten kann?
:: Wird er voraussichtlich die Aufgabe für sinnvoll halten?
:: Wird er die Aufgabe zu der seinen machen und sieht sie als Chance zu lernen?

Damit kein Missverständnis entsteht: Bei sinnorientierter Führung geht es nicht darum, dass ein Mitarbeiter sich die Aufgaben aussucht, die ihm Spaß machen –, vielmehr kommt es darauf an, dass er die ihm übertragene Aufgabe als sinnvoll erlebt. Es gibt genug Tätigkeiten, die zwar ungeliebt aber dennoch notwendig sind, um das Ziel zu erreichen. Beispiele hierfür sind die technische Dokumentation oder der Abschlussbericht. So erlebe ich bei Entwicklungshilfeprojekten, dass auch Dokumentationsarbeiten, die von den Projektmitarbeitern als lästig empfunden werden, dennoch mit großer Energie und Sorgfalt ausgeführt werden. Dahinter steht das Wissen um Bedeutung und Notwendigkeit dieser Tätigkeit: Die Ergebnisse des Projektes, etwa die Urbarmachung von Land durch das Bohren von Brunnen, müssen reproduzierbar sein, wenn das Projekt wirklich erfolgreich sein soll. Dies jedoch erfordert eine gute Dokumentation.

Motivation entsteht durch Sinn und Zusammenhang
Damit kehren wir zu den Ausgangsüberlegungen zurück: Motivation ereignet sich im Spannungsfeld zwischen Fremd- und Selbstbestimmung. Die Absicht, »jemanden zu motivieren« (das heißt auf vorbestimmte Ziele hin zu lenken), trifft auf die Tatsache, dass der andere immer schon (»eigen-)motiviert ist«. Diese Dialektik von Fremd- und Selbstbestimmung ist unaufhebbar.
Daher gilt es, seine Motivationskünste immer im Lichte der Situation einzusetzen:

:: Vorgesetzte können ihre Mitarbeiter nicht von außen motivieren; denn wirksame Motivation ist Selbst-Bewegung und nicht das programmierte Ergebnis äußeren Drucks, Schubs oder Zugs.
Ziel ist nicht der kurzfristig »anreizbare« Mitarbeiter, der fortwährender Lenkung und Überwachung bedarf, sondern der selbstständige und engagierte Mitarbeiter, der verantwortlich denkt und handelt.
Also: Weg vom individuellen, kurzfristigen und mechanistischen Beeinflussen, hin zum Steuern von transparenten Prozessen, in denen alle ihren Platz finden können.

:: Führungshandeln steht in Konkurrenz zu anderen Einflussgrößen, die ebenfalls auf die Handlungsbereitschaft von Mitarbeitern einwirken. Wenn ihnen auch ihre Einflussmöglichkeiten gering erscheinen, bleibt eine wichtige Führungsaufgabe, die geeigneten Rahmenbedingungen für die Eigeninitiative der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu schaffen. Abgestimmte Ziele, wirksame Entscheidungen der innerbetrieblichen Arbeitsteilung, erfolgreiche Aushandlung von Schnittstellen vergrößern den Handlungsspielraum. Das wird als positiver Beitrag zur Motivation erlebt.

:: Vorgesetzte, die dialogfähig sind, können ihren Führungsstil wesentlich motivierender gestalten. Sie sind in der Lage echte Gespräche zu führen, statt nur mit jemandem zu reden. Sie beachten bei Entscheidungen die Meinung ihrer Mitarbeiter. Sie können sich im Dialog Gedanken darüber machen, wie sie ihre Mitarbeiter allgemein und speziell so einsetzen, dass notwendige Aufgaben in motivierende Aufgaben umgesetzt werden.

:: Diese Führungskräfte sind echte Vorbilder, wenn sie sich mit Anregungen und Kritikpunkten der Mitarbeiter ernsthaft auseinandersetzen, ihnen aber weder unterwürfig folgen noch in die Abwehr gehen. Sie sind im Dialog gleichermaßen kompromiss- wie konfrontationsbereit und können sich im notwendigen Maß von den Erwartungen Anderer abgrenzen.

:: Arbeitsatmosphäre und Betriebsklima werden in starkem Maße auch durch das Informationsangebot der Firma geprägt. Besonders motivierend sind für die Mitarbeiter Informationen über die Pläne und Vorhaben der Geschäftsleitung, über organisatorische Veränderungen im Betrieb sowie über die allgemeine wirtschaftliche Situation außerhalb des Unternehmens.

Zunächst sollte die Führungskraft deshalb herausfinden, was den einzelnen Mitarbeiter antreibt. Dazu muss er wissen, welche persönlichen Motivatoren er ansprechen kann und wo die Demotivatoren gelagert sind. Dies geschieht in einem ausführlichen Gespräch, in dem der Vorgesetzte mindestens folgende Themenfelder erkundet:
:: Welche persönlichen Interessen haben die Mitarbeiter, die das Team bilden?
:: Ist es für den Mitarbeiter die erste Station oder handelt es sich um einen »alten Fuchs«, dem »etwas Besonderes geboten werden muss«?
:: Welche Ambitionen, Wünsche, Ziele verbindet ein Mitarbeiter mit der Aufgabe? (Motivatoren)
:: Was darf aus Sicht der Mitarbeiter nicht passieren, wo liegen deren Tabus? (Demotivatoren)

Der Teamleiter erschließt auf diese Weise die Motivationsquellen, die er später bequem fließen lassen kann, wenn er sie jetzt in der Planung der Tätigkeiten berücksichtigt. Erfolgreiche Lenker fördern und fordern bei Ihren Teammitgliedern also das, was den Motivatoren dient und vermeiden eine Tätigkeit, die die Demotivatoren anspricht.

Eine Koalition der Willigen etablieren
Das bedeutet für Führungskräfte vor allem eines: Sie sollten nicht Dienst nach Plan schieben, sondern eine Koalition der Willigen etablieren. Denn Motivation entsteht durch Sinn und Zusammenhang – und nicht durch taggenaue Terminpläne. Dahinter steht die Grundthese, dass ein Mitarbeiter grundsätzlich eher intrinsisch motiviert ist und auf das Thema »Sinn« gut ansprechbar ist: Empfindet er eine Aufgabe, die ihm die Führungskraft anbietet, vor dem Hintergrund seiner Ethik und seiner eigenen Themen als sinnvoll? Ist es eine Tätigkeit, in der er sich selbst gerne sähe?

Mit jedem Teammitglied sollten regelmäßige Dialoge geführt werden, statt nur die Punkte auf dem Bogen »Mitarbeitergespräch« abzuhaken. Wenn Führungskräfte dabei viele Fragen stellen und gut zuhören, werden sie die individuellen Motivatoren und Demotivatoren des Mitarbeiters aufspüren und feststellen können, welches Rädchen im Gesamtgetriebe für ihn das richtige ist.

In der gemeinsamen Teamsitzung geht es im Wesentlichen darum, den einzelnen Teammitgliedern Sinn und Zusammenhang aufzuzeigen: Welche Bedeutung hat die (neue) Aufgabe? Und welche Rolle spielen die einzelnen Teammitglieder darin? Jeder soll erkennen, welches Rädchen er dreht – und wie sein Rädchen mit allen anderen zusammenspielt, damit das Ganze einen Sinn ergibt – und was passieren würde, wenn das eigene Rädchen stillstünde.
Jeder Teammitarbeiter kennt jetzt seine Funktion. Kurzum, die Mannschaft ist an Bord.