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Horst Siebert:
Jenseits des sozialen Marktes. Eine notwendige Neuorientierung der deutschen Politik

ISBN: 3421058482
Erscheinungsjahr: 2005
DVA

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eutschland ist eine Erfolgsgeschichte: sechs Jahrzehnte hat das Land einen kontinuierlichen Anstieg seines Wohlstandes erlebt. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf hat sich versechsfacht, das Land besitzt eine stabile Mittelschicht, es verfügt über ein hochqualifiziertes Arbeitskräftepotential und deutsche Unternehmen sind global wettbewerbsfähig. Deutschland ist politisch stabil und die Demokratie breit akzeptiert. Das Land ist in die internationale Staatengemeinschaft integriert.

Trotz dieser Erfolgsgeschichte gibt es schwerwiegende Anzeichen von Fehlern und Fehlentwicklungen. Seit Mitte der 1990er Jahre stottert der deutsche Motor. Seither prägen Arbeitslosigkeit, fehlende wirtschaftliche Dynamik und große Probleme hinsichtlich der Finanzierbarkeit der Systeme der sozialen Absicherung das Bild.

Horst Siebert, emeritierter Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel und von 1990 bis 2003 Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (»Fünf Weise«), setzt sich in seinem Buch Jenseits des sozialen Marktes zum Ziel, »ein realistisches und unverzerrtes Bild der deutschen Volkswirtschaft zu zeichnen«. Er will nicht nur eine Zustandsbeschreibung abgeben, worin Deutschlands langfristige wirtschaftspolitische Probleme bestehen, sondern widmet sich auch der Darstellung, inwiefern eine Neuorientierung notwendig ist, um diese Probleme zu lösen und wieder zu einer größeren Dynamik und zu mehr Beschäftigung zu gelangen.
Es geht dem Autor nicht um eine historische Analyse, sondern um die Probleme, die in Zukunft gelöst werden müssen. Und können, wie Horst Siebert überzeugt ist.

Das Hauptproblem liegt nach Sieberts Meinung darin begründet, dass sich in Deutschland ein institutionelles Gefüge etabliert hat, das auf Konsens und korporatistische Aushandlungsverfahren setzt, statt auf Markt und Wettbewerb. Diese institutionellen Rahmenbedingungen seien für den Verlust der volkswirtschaftlichen Dynamik verantwortlich. Solche Strukturen, die zu überreguliert, zu starr, zu verkrustet sind, wären nicht geeignet, auf Veränderungen in der Umwelt angemessen reagieren zu können.

Die wichtigsten Teile des Buches drehen sich um den wirtschaftlich handelnden Menschen. Sieberts zentraler Kritikpunkt zieht sich denn auch wie ein roter Faden durch alle von ihm untersuchten Bereiche des Wirtschaftens: das fehlende Selbstbewusstsein der Wirtschaftssubjekte und der damit verbundene Wunsch nach staatlicher Umsorgung. Die Deutschen wären zu ängstlich im Umgang mit neuen Technologien und zu zögerlich bei der privaten Vorsorge für Alter und Krankheit. Die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes durch eigene Leistungen oder durch das Überdenken der eigenen Ansprüche zu erhöhen, wäre vielen Menschen fremd. Dabei ist das Streben nach staatlichem Schutz nicht auf Arbeitnehmer, Arbeitslose und Rentner beschränkt, nein, ganze Branchen fordern Subventionen und Schutzvorschriften.

Das Buch enthält gute Beschreibungen grundlegender Merkmale der deutschen Volkswirtschaft. Einige Passagen lesen sich etwas langatmig, da vieles bekannt ist. Die Erläuterung der Geschichte der Gewerkschaften oder die Funktionsweise der Arbeitslosenversicherung etwa hätte auch etwas kürzer ausfallen dürfen. Dieser Kritikpunkt erklärt sich aber daraus, dass das Buch ursprünglich für den amerikanischen Markt konzipiert wurde, anschließend ins Deutsche übersetzt und überarbeitet wurde. Was aber auch für die deutsche Leserschaft ohne Zweifel interessant ist, sind die enthaltenen Fakten und Zahlen, mit denen der Autor seine Befunde belegt.

Dass Siebert auf Basis von Zahlen und Fakten argumentiert und sich nicht bloß neunmalklugem Lamentieren hingibt, unterscheidet Jenseits des sozialen Marktes auf angenehme Weise von den vielen Büchern, die in letzter Zeit zur selben Thematik erschienen.