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Karlheinz Steinmüller:
Die Zukunft der Technologien

ISBN: 3938017465
Erscheinungsjahr: 2006
Murmann Verlag

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Immer weiter hinaus
        


 
as Evernet, über das man immer und überall online ist, maßgeschneiderte Medikamente, miteinander kommunizierende Autos und »intelligente« Straßen sowie eine bemannte europäische Mondstation: Zukunftsforscher Karlheinz Steinmüller und Mitautorin und Ehefrau Angela Steinmüller zeichnen in ihrem Buch Die Zukunft der Technologien ein Szenario für die Technik von morgen.

Dabei holen die Autoren den Leser in der Gegenwart mit einer ausführlichen Beschreibung des aktuellen Standes der Forschung ab und nehmen ihn dann mit auf die Reise in die Zukunft. Geschildert werden jeweils die technischen Entwicklungen zu den Jahren 2010, 2020 und 2050 sowie Plus Ultra – »immer weiter hinaus«: an diesem Punkt werden Grenzen überschritten, Wissenschaft und Technik führen uns in unbekannte, vielleicht fremdartige Gefilde. Aber im Verlauf seiner gesamten Geschichte hat der Mensch stets Grenzen überschritten – und nur so entstehen Innovationen.

Steinmüller beschreibt Wege in die Zukunft in vier generischen Technologiefeldern und in elf Anwendungsfeldern. Zunächst werden die vier »generischen Technologien« Informations- und Kommunikations-, Bio-, Nano- und Neurotechnologien unabhängig von ihren Anwendungen in ihrem naturwissenschaftlichen Zusammenhang dargestellt. Im Hauptteil des Buches werden dann die Anwendungsbereiche – von der Energie über die Gesundheit bis zur Raumfahrt – vorgestellt. Dabei zeigt sich, dass die Technologien heute bereits die verschiedensten Lebensbereiche durchdringen und unseren Alltag prägen.

Schon die Darstellung des heutigen Technologiestandes ist äußerst spannend zu lesen. Der Physiker Karlheinz Steinmüller erklärt die technologische Entwicklung für jedermann nachvollziehbar, ohne dabei jemals ins Seichte abzudriften. Bei der Erläuterung der aktuellen Trends und unmittelbar bevorstehenden Innovationen sowie auch bei der Schilderung der weiter in der Zukunft liegenden Neuerungen bietet das Autorenduo stets eine kompetente Analyse, ohne die üblichen unbegründeten Phantastereien selbsternannter Zukunftsforscher zu bemühen. Sie stützen sich bei ihren Aussagen auf heutige Forschungsanstrengungen, existierende Roadmaps und auf Ergebnisse aus der Technologiefrühaufklärung.

Steinmüllers Buch ist nüchtern und bescheiden. Der Autor weiß um die vielen fehlgeschlagenen Prognosen, gerade wenn es um Vorhersagen der technologischen Entwicklung geht. So führt er als mahnende Beispiele an: gefilmte Theateraufführungen aber kein Fernsehen, Sieg gegen Infektionskrankheiten aber ohne Antibiotika, mit sagenhafter Technik geführte Zukunftskriege aber ohne Atombombe.

Steinmüller definiert Zukunftsforschung als die »Kunst des begründeten Vermutens«. Wann immer der »Vorhersagehorizont« verlassen wird, und diese Grenze stecken die Autoren im Jahr 2020, weiß der Leser dies auch. Abstecher ins Feld von Visionen, Utopien und Science-Fiction werden als solche kenntlich gemacht. Ab einem gewissen Punkt liefert das Buch keine Antworten mehr, sondern wirft vor allem Fragen auf. Und das ist gut so, da alles andere pure Spekulation wäre.

Auch welche Grenzen den Entwicklungen gesetzt sind, wird in Die Zukunft der Technologien& diskutiert. Nicht nur enthält das Buch ein Kapitel über Technologien, die utopisch bleiben, womit der Autor Bodenhaftung beweist, auch meint Steinmüller am Ende des Buches in einer »Zusammenschau«, es »wäre verwegen, zum jetzigen Zeitpunkt bereits ein Gesamtbild der Technikentwicklung des kommenden Jahrhunderts entwerfen zu wollen« und unterscheidet sich damit wohltuend von den vielen unbegründeten, eher dem Reich der Phantasie entspringenden »Erkenntnissen« aus dem Feld der Zukunftsforschung.

Aus der unübersichtlichen Vielfalt von Einzeltechnologien filtert Steinmüller aber übergeordnete Linien heraus, so genannte Megatrends der Technologieentwicklung. Derer identifiziert er fünf:

:: Technik wird immer winziger. Eine kompaktere Bauweise, neue Materialien und eine bis ins Detail ausgefeilte Technik treiben die Miniaturisierung immer weiter voran.
:: Während die Komponenten schrumpfen, steigt die Komplexität technischer Systeme. Dies passiert nicht nur, weil Geräte vernetzt sind und ihre Funktionen immer vielfältiger werden, sondern auch weil ehemals eigenständige Systeme zunehmend in übergreifende Strukturen integriert werden.
:: Technische Systeme sind immer häufiger über Schnittstellen in Kommunikationsnetzwerke eingebunden. Auf jeder Ebene stoßen wir auf das Phänomen der Vernetzung, Daten werden ausgetauscht zwischen Komponenten, zwischen Geräten sowie Systemen und Infrastrukturen. Der Cyberspace, die digitale Welt, wird zu einem Duplikat der realen Welt.
:: Die Grenzen zwischen Biologischem und Technischem verwischen. Einerseits imitiert Technik die Natur, indem biologische Prinzipien auf technische Systeme übertragen werden. Zum anderen werden immer bessere Schnittstellen zwischen organischen und technischen Systemen hergestellt. Und zum Dritten wird Natur technisch umgeformt. Auf das Design von Organismen durch Genmanipulation wird das Design von Ökosystemen folgen.
:: Schließlich ist eine Konvergenz der Technologien zu beobachten. Verschiedene Bereiche der Forschung verschmelzen miteinander und entfachen enorme Synergien: Nanotechnologien, Biotechnologien, Informationstechnologien und Anwendungen der Kognitionswissenschaften. An sämtlichen Schnittstellen zwischen diesen Bereichen tun sich interdisziplinäre Forschungsrichtungen auf.

Als Quintessenz des Buches könnte stehen: Technik wird allgegenwärtig, verschwindet aber zugleich hinter den Dingen und lässt sich nicht mehr von unserer Welt abgrenzen, sie durchdringt diese und bildet eine Parallelwelt. Und deswegen ist die Lektüre dieses Buches so aufregend – nicht nur für Technikbegeisterte.