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Norbert Bolz:
Profit für alle. Soziale Gerechtigkeit neu denken

ISBN: 3867740755
Erscheinungsjahr: 2009
Murmann Verlag

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in starker Staat ist seit einiger Zeit die Antwort auf die meisten Fragen, die die Finanz- und Wirtschaftskrise aufwirft. Von der staatlichen »Rettung« von ins Straucheln geratenen Unternehmen bis hin zur Beschränkung von Managergehältern – solcherart Maßnahmen werden plötzlich auch von Vertretern des konservativen Lagers gutgeheißen. Auf die regulierenden Kräfte des Marktes will schon lange niemand mehr vertrauen. In einer Zeit, in der alle politischen Lager die Krise mit der Gier der Banker erklären und den Kapitalismus für tot erklären, ist es angebracht, neue Argumente in die Diskussion zu werfen.

Der Berliner Philosoph und Medienwissenschaftler Norbert Bolz bringt mit seinem Buch Profit für alle frischen Wind in die immer sozialistischer anmutende Diskussion, in der der Ruf nach sozialer Gerechtigkeit einzig Umverteilungsreflexe hervorruft. Bolz sieht die Rettung des Kapitalismus in einer Transformation desselben zu einem gebenden, sorgenden Sozialkapitalismus. »Der Sozialkapitalismus ist ein System der Ungleichheit, in dem jeder mehr erreicht als in jedem denkbaren System der Gleichheit.«

Da der moderne Sozialstaat für die Rahmenbedingungen erfolgreichen Wirtschaftens sorgt, wird es in Zukunft keinen Kapitalismus ohne Sozialstaat mehr geben. Für Norbert Bolz stellen freie Wirtschaft, selbstbestimmte Einzelne und ein starker Staat keineswegs Gegensätze dar, ganz im Gegenteil: sie setzen sich gegenseitig voraus. Ein Staat ist dann stark, wenn er eine Balance findet zwischen »einer Freiheit, die fast niemand leben kann, und einem Sozialismus, der niemanden leben lässt«. Politik müsse wieder auf ihre eigentlichen Funktionen reduziert werden, weil sich ein Staat, der sich als universaler Problemlöser betrachtet und die Gesamtverantwortung auf sich lädt, selbst schwächt.

Bolz räumt auch auf mit einer Pauschalkritik am Kapitalismus, die Turbokapitalisten, Marktradikale und Neoliberale zu Verursachern der Krise stempelt und die Rettung darin sieht, die Freiheit des Kapitals zu beschränken, gegen Heuschrecken vorzugehen und überhaupt auf eine durch den Staat geschaffene Ordnung zu setzen. Mit der Bezeichnung »neoliberal« für alles, was nur entfernt an Leistungsbereitschaft und Wachstumsorientierung erinnert, ist man heute schnell zur Stelle und hat sein Gegenüber in die Defensive gedrängt. Dabei wird aber übersehen: Der Neoliberalismus wollte nie eine völlig ungezügelte Wirtschaft und kein Liberaler will heute eine Wirtschaft ohne Staat. Allerdings gilt es Grenzen der Eingriffe des Staates in die Wirtschaftsprozesse zu beachten, denn ein starker Staat ist nicht jener, der allgegenwärtig regulierend eingreift, sondern den Kapitalismus mit seinem Leistungsprinzip und der Freiheit des Marktes verteidigt.

Eine Herausforderung unserer Zeit ist es, das Soziale neu zu definieren. Genauso wie sich Ökonomie und Ökologie am Ende des 20. Jahrhunderts immer weiter versöhnen, wird es im 21. Jahrhundert darum gehen, so Bolz, den Gegensatz zwischen Profitmotiv und sozialer Verantwortung aufzulösen. Nicht das Suchen nach den Grenzen des Wachstums sei entscheidend, sondern nach einem neuen Reichtum jenseits der klassischen Begriffe der Ökonomie. Die Produktion des sozialen Reichtums speist sich aus vier Quellen: Zum einen werden Menschen in unserer Wohlstandsgesellschaft nach mehr streben als sich selbst zu verwirklichen; sie wollen ihr Leben an Werten und sozialen Ideen orientieren (»Selbsttranszendierung«).
Die zweite Quelle ist das Internet, das sich immer stärker zu einem sozialen Medium entwickelt und weit in die Alltagswelt der Menschen vorgedrungen ist (»soziale Netzwerke«). Indem das Internet eine vorher nie gekannte Transparenz schafft, trägt es auch dazu bei, dass Ehrlichkeit heute die beste Geschäftspolitik ist.
Dies führt, drittens, zu einem neuen Selbstverständnis von Unternehmen, die stärker soziale und politische Verantwortung übernehmen möchten (»Sozialkapitalismus«).
Und schließlich muss, viertens, das politische System heute weit über die klassische Daseinsfürsorge hinausgehende Erwartungen der Bürger erfüllen (»vorsorgender Sozialstaat«).

Ein Kapitalismus, wie Norbert Bolz ihn beschreibt, hat demnach wenig mit Heuschrecken und Monstern zu tun, sondern soll Profit für alle zeitigen. Der Titel des Buches erinnert stark an den Wahlkampfslogan »Reichtum für alle« der Linkspartei, hat damit aber inhaltlich nichts zu tun. In der Sache befindet sich Bolz recht nahe am von Ludwig Erhard geforderten »Wohlstand für alle«. Und so kann Norbert Bolz' Buch als moderne Ausformulierung der Gedanken der Sozialen Marktwirtschaft gelesen werden. In einem Staat, in dem eine große Masse von Menschen vom Staat in irgendeiner Form alimentiert wird, kann Profit für alle als engagiertes Plädoyer für die Loslösung von der Umverteilungspolitik gelten. Wirtschaft ist entgegen aller Kapitalismuskritik kein Nullsummenspiel, daher kann »Profit für alle« erreicht werden, »wenn der Staat auf der Seite des Einzelnen steht«. Norbert Bolz fordert in seinem Buch dazu auf, soziale Gerechtigkeit neu zu denken, und liefert damit einen höchst notwendigen und lesenswerten Beitrag zur momentanen Debatte.